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Das zur Thurmed-Gruppe gehörende Team Radiologie Plus ist ein Zusammenschluss von mehreren etablierten Institutionen inklusive der radiologischen Abteilungen der Kantonsspitäler Frauenfeld und Münsterlingen.
Die insgesamt 13 Standorte in den Kantonen Thurgau, St. Gallen und Graubünden werden von Thurmed-Geschäftsleitungsmitglied Prof. Dr. med. Gustav Andreisek geleitet.
Herr Andreisek, während die meisten Schweizer Spitäler mit finanziellen Defiziten zu kämpfen haben, zeichnet sich die Thurmed-Gruppe durch wirtschaftlichen Erfolg aus. Wie ist das möglich?
Die Thurmed-Gruppe ist natürlich den gleichen Rahmenbedingungen wie alle anderen Schweizer Spitäler ausgesetzt. Es gibt aber wesentliche Unterschiede. Erstens wurde vor über 25 Jahren eine wichtige Weichenstellung gemacht, indem die Thurmed-Gruppe als Aktiengesellschaft aufgestellt wurde und dann unter betriebswirtschaftlichen Bedingungen geführt wurde. Der Einfluss der Politik auf das Tagesgeschäft war sehr gering. Die Geschäftsleitung, CEOs und Verwaltungsratspräsidenten konnten in diesem Vierteljahrhundert das Unternehmen vor allem unter medizinischen und fachlichen sowie ökonomischen Gesichtspunkten unter langfristigen strategischen Blickwinkeln führen. In dieser Zeit hat sich somit auch eine Unternehmenskultur entwickeln können, die von Proaktivität und Fortschritt getragen war. Gleichzeitig wurde immer Mass gehalten bei den Investitionen, beim medizinischen Angebot und insgesamt bei den Ausgaben. Ein Faktor hierbei war sicherlich auch, dass sowohl die Ärzteschaft als auch die Pflege stets in der Geschäftsleitung mit einem starken Votum und starken Personen vertreten waren. So konnten medizinischer Anspruch und Ökonomie in Balance gehalten werden. Dies ist insofern erstaunlich, da die grenznahe Lage und der eher ländliche Aspekt des Thurgaus durchaus kein einfaches Umfeld für eine hochstehende medizinische Versorgung zu sein scheinen. Man vergleiche nur grenznahe oder ländliche Regionen in Deutschland, einem Land, in dem auch das Prinzip der stationären DRG-Fallpauschalen gilt und in dem die medizinische Versorgung heutzutage durchaus als lückenhaft bis unzureichend betrachtet werden darf. Ich hoffe, dass wir in der Schweiz nicht auch in eine solche Situation hineinschlittern werden. Noch funktioniert das Schweizer Gesundheitswesen, aber Situationen wie in einem weiteren Nachbarland, Österreich, wo man zwölf Wochen auf einem Facharzttermin wartet, sollten kein Vorbild für die Schweiz sein.
Seit wann und warum gibt es das Team Radiologie Plus?
Das Team Radiologie Plus ist aus dem Zusammenschluss mehrerer radiologischer Praxen und den bildgebenden Abteilungen der Kantonsspitäler Thurgau gewachsen. Mit der Zeit hat das Team Radiologie Plus auch die Kantonsgrenzen hinter sich gelassen und ist zu einem wichtigen überregionalen Gesundheitsversorger geworden. Es war folgerichtig, unsere Energie zu bündeln und unter einen gemeinsamen Markenauftritt zu stellen. Der Name ist dabei bei uns Programm. Wir arbeiten standortübergreifend als einheitliches Team mit einheitlichen medizinischen Standards, sogenannten SOPs (Standard Operating Procedures), in einer freundschaftlich kollegialen Atmosphäre. Dies betrifft nicht nur die Ärzteschaft, sondern das gesamte medizinische Personal, das sich untereinander gut versteht und viel gegenseitig aushilft. Das «Plus» in unserem Namen steht für alles, was wir über das Normale hinaus leisten, insbesondere im menschlichen Bereich.
Radiologische Untersuchungen selbst sind ja meist nicht sehr unangenehm. Trotzdem dürften die meisten Patienten ein ungutes Gefühl haben, wenn sie einen Termin bei Ihnen haben. Wie gehen Sie mit Angstpatienten um?
Sie haben recht, radiologische Untersuchungen sind meistens leicht zu ertragen. Röntgen, das wohl jeder von uns kennt, tut im Prinzip überhaupt nicht weh, aber auch die anderen Untersuchungsmethoden sind extrem schonend. Allenfalls muss Kontrastmittel über die Armvene gegeben werden oder man muss ein Kontrastmittel trinken, das nicht besonders gut schmeckt. Wir machen aber noch viel mehr als nur Bilder anschauen! In der Schweiz führen wir auch den grössten Teil der sogenannten Kathetereingriffe durch, die viele Leben retten oder die Lebensqualität verbessern können. Diese Kathetereingriffe nehmen massiv zu, denn sie ersetzen vielfach ausgedehnte und langwierige Operationen und gelten daher eigentlich auch als schonende moderne Methoden. Viele Patientinnen und Patienten und die Bevölkerung kennen diesen Teil der Radiologie nicht, er ist aber ein wesentlicher und vor allem auch für Spitäler unverzichtbarer Bestandteil in der Behandlung von bestimmten Krankheiten. Das Fachgebiet der Radiologie beschränkt sich also nicht nur auf die Diagnostik von Erkrankungen anhand von Bildern, sondern auch auf die Therapie. Wir versuchen als Team Radiologie Plus, allen Patienten natürlich die Angst zu nehmen. Unser gesamtes medizinisches Fachpersonal ist hier speziell geschult, wir machen regelmässige Kurse und wir sorgen auch, zum Beispiel durch ein modernes und entspanntes Ambiente in unseren radiologischen Praxen und Spitalstandorten, für ein Gefühl des Well-Beings. Dies hat auch den ernsthaften Hintergrund, dass wir zum Beispiel den Verbrauch von Beruhigungsmitteln dadurch erheblich senken konnten, insbesondere bei Patienten, die vielleicht Platzangst haben und in eine Röhre müssen.
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Fachkräftemangel: Sind auch Sie davon betroffen?
Der Fachkräftemangel ist neben den extrem steigenden Energiekosten ein massives Problem für uns. Wir begegnen ihm, indem wir bereits vor mehreren Jahren eine Umfeldanalyse durchgeführt haben und in deren Folge wir einen strategischen Schwerpunkt auf die Ausbildung unseres Personals gelegt haben. So haben wir zum Beispiel die Ausbildungszahl für Radiologiefachpersonen von früher 6 Ausbildungsplätzen auf 18 Ausbildungsplätze erhöht. Wir haben also kurzerhand unsere Lehrstellen verdreifacht. Bei den Assistenzärzten haben wir die Ausbildungszahl um ein Drittel erhöht. Ob dies alles aber ausreicht, um dem Fachkräftemangel in Zukunft zu begegnen, ist fraglich, da die Tendenz eher zu kürzeren Arbeitszeiten und Teilzeitpensen zu gehen scheint. Auch verlassen viele ausgebildete Fachkräfte den Beruf ganz. Das ist ein grosses Gesellschaftsproblem, denn die Ausbildungen werden ja meistens vom Staat bezahlt. Wenn die Personen dann anschliessend nicht im Ausbildungsberuf arbeiten, war sozusagen die gesellschaftliche Investition umsonst. Als Team Radiologie Plus haben wir uns als moderner Arbeitgeber positioniert, und wir sehen uns wie auch die ganze Thurmed- Gruppe als Mutterkonzern bestens gerüstet. Bereits zum zweiten Mal hintereinander wurde die Thurmed-Gruppe als einer der attraktiven Arbeitgeber der Schweiz mit einem entsprechenden Award ausgezeichnet.
Ein 2016 erschienener Fachbeitrag prognostizierte, dass die Radiologie und die Pathologie schon bald überflüssig sein könnten. Deren Kernaufgaben bestünden aus der Interpretation von Bildern. Eine Tätigkeit, die von Algorithmen übernommen werden könne. Noch gibt es die Radiologie aber. Ihre Meinung zum Thema?
Ich liebe mein Fachgebiet Radiologie deshalb besonders, weil es hoch innovativ ist. Ich bin nun seit 25 Jahren Radiologe, und als ich begonnen habe, war mein Fachgebiet noch zum Teil analog. Heute sind wir in einer voll digitalen Welt unterwegs. Mit der künstlichen Intelligenz ist nun wieder ein Schritt in die Zukunft gelungen, der unser Arbeiten im Wesentlichen beeinflussen wird. Die Arbeitsabläufe werden sich ändern, unser Handwerkszeug wird sich ändern, aber was bleiben wird, ist die Interaktion mit den Patientinnen und Patienten und der medizinische Sachverstand verbunden mit dem Bauchgefühl, den kein Algorithmus ersetzen kann. Zudem muss jeder KI-Algorithmus doch von irgendjemandem zuerst programmiert werden. Hier sind Radiologinnen und Radiologen an vorderster Front in der Forschung mit dabei. Auch ich selbst habe viele Jahre lang geforscht und war als Mitherausgeber der weltweit wichtigsten radiologischen Fachzeitschrift an vorderster Front dabei, als der Hype um die künstliche Intelligenz eingesetzt hat. Wie bei allen Hypes kristallisiert sich nach wenigen Jahren heraus, was davon übrig bleibt. Die künstliche Intelligenz wird bleiben. Was aber über all die 25 Jahre meines Berufslebens auch geblieben ist, ist, dass im medizinischen Sektor nicht weniger, sondern mehr Menschen gearbeitet haben, trotz oder gerade wegen der Digitalisierung. Ich vermute stark, dass dies auch bei der künstlichen Intelligenz so sein wird.
Wie und wann wird KI bei der Thurmed bereits heute eingesetzt?
Wir setzen die künstliche Intelligenz heute bereits in vielen Bereichen in der Thurmed-Gruppe ein. Aufgrund der Tatsache, dass die meisten Patente zur künstlichen Intelligenz im Bereich der Radiologie existieren, ist es natürlich wiederum unser Fachgebiet, welches hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Die KI spielt bereits heute eine grosse Rolle in unseren Maschinen und Geräten, wo sie zum Teil mit eingebaut ist. Das ist ähnlich wie bei einem Auto, welches selbst lenkt oder die Verkehrszeichen erkennt. Als weiteren Schritt haben wir die künstliche Intelligenz vor zwei Jahren in der Nachbearbeitung unserer Bilddaten integriert. Hier übernimmt die KI Teile der Arbeit unserer Radiologiefachpersonen. Die KI ist in einem dritten Schritt auch bei der Beurteilung der Bilder hilfreich. Hier werden unsere Ärzte von Algorithmen unterstützt, die zum Beispiel automatisiert Messungen in den Bildern vornehmen. Unsere Ärzte arbeiten alle ausschliesslich mit Spracherkennungssoftware, die dank neuer KI-Algorithmen deutlich genauer geworden ist. Es konnten so lästige Korrekturarbeiten an den vielen Arztbriefen minimiert werden.
Gibt es auch ethische Bedenken beim Einsatz von KI im Bereich Radiologie?
Die schweizerische radiologische Fachgesellschaft SGR-SSR hat ein White Paper zur künstlichen Intelligenz veröffentlicht, an dem ich selbst mitgearbeitet habe. Unsere Fachgesellschaft, wie auch ich selbst, sehen es als unabdingbar an, dass bei allen Einsätzen der künstlichen Intelligenz das letzte Wort bei einem Menschen liegt. Künstliche Intelligenz sollte zur Unterstützung der menschlichen Arbeit dienen, sie sollte aber die Menschen nicht entmündigen. Letztendlich soll ein KI-Algorithmus nicht über Leben und Tod eines Menschen entscheiden dürfen. Zudem ist es wichtig zu verstehen, dass hinter jedem KI-Algorithmus ein Programmierer oder eine ganze Gruppe steht, die in einem bestimmten Land lebt und natürlich für die dortigen moralischen und ethischen Wertgrundsätze einsteht. Wer sagt uns aber, dass diese Werte und Grundsätze unseren Schweizer Werten und Grundsätzen entsprechen?
Wird es den Radiologen so auch in 20 Jahren noch geben? Oder wird er ein ganz anderes Jobprofil haben?
Die Radiologin oder den Radiologen wird es auch in 20 Jahren noch geben. Wie ich aber bereits erwähnt habe, wird das Jobprofil völlig anders sein. Es wird sich wandeln. Es muss sich auch wandeln, denn Stillstand bedeutet Rückschritt.
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