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Gastkommentar

Hexen und historische Bauten

Überall wird unser Baukulturerbe achtlos vernichtet, macht die Abrissbirne gesichtslosen Mietskasernen Platz. Es geht aber auch anders.

Hermann Lei am 11. März 2023
Kulturerbe

«Wohnt da wirklich eine richtige Hexe drin?» fragen die Kinder beim Vorbeigehen. Gabriel Müller, ein auf historische Bauten spezialisierter Architekt aus Frauenfeld, seufzt. Denn das Häxehüsli, ein ehemaliges Wohnhaus und Rebhüsli mit einem speziellen Mansardendach steht seit 1851 fast unverändert und recht zentral gelegen neben der Murg. Innen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Täfelungen, Bretterböden und Türen sind einfach, aber zeitlos schön und künden vom damaligen Handwerk. Auch die Fenster und die Läden aus der Erstellungszeit sind noch vorhanden.

Die Abrissbirne wartet

Doch das Häxehüsli muss einer Überbauung weichen, die Abrissbirne wartet. Da hat Architekt Müller eine Idee: «Nein, dieser Zeitzeuge darf nicht einfach abgebrochen werden! Wir brechen es ab und bauen es an einem neuen Ort in alter Schönheit wieder auf!» Müller findet bald einen Platz für das «Schnupftrückli», schart motivierte Handwerker und freiwillige Helfer um sich, sammelt Geld und macht sich an die Arbeit. Der Riegelbau mit den Zwischendecken, dem Dachstuhl, Fenstern, Fensterläden, Türen, Ziegel, die Decke des Gewölbekellers und Bodenbrettern, alles wird im Dezember 2017 am alten Standort demontiert.

Geruch von Farbe und Wachs

Über 10'000 Teile schleppen die Kulturgutretter an den neuen Standort. Hier am Bach, am Rande der Bauzone von Frauenfeld im historischen Umfeld, wird es Stück für Stück wieder zusammengesetzt. Kaum zu glauben, was hier für Handwerk mit welcher Freude und Liebe zum Detail umgesetzt wird. Es ist ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass doch nicht immer alles einfach gedankenlos abgerissen werden muss und dass so vieles Baumaterial eigentlich wieder verwendet werden kann. Der alte kleine Gewölbekeller dient bald dank Tageslicht von Südwest als Wohnküche und Atelierraum, samt Dusche und WC. Hier möchte man den Holzherd gleich einfeuern. Im Erdgeschoss führt der Vorraum in die alte Stube mit dem Kachelofen. Es riecht nach Farbe und Bienenwachs.

Ein historisches Tiny-House

Unter dem Dach bietet die Mansardenkammer wie am alten Standort Platz für zwei Betten. Vom Mini-Dreizimmerhaus auf drei Geschossen mit dem ockerfarbigen Anstrich schaut man nun durch die alten Fenster und Vorfenster umrahmt von erdig grün gestrichenen Läden auf den romantisch naheliegenden jungen Stadtbach. Heute, anfangs 2023 ist das stimmige alte Haus nun bezugsbereit und macht allen Besuchern sofort Freude. Es steht in historischer Umgebung, umgeben von alten Kornspeichern, als wäre es schon immer da gewesen.

Achtung vor unserem Kulturerbe

Der Retter, Architekt Müller, will es nun der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Wer will kann hier Ferien im Baudenkmal machen, oder sich eine Auszeit nehmen und ein Buch schreiben. Müller, der seit 1994 historische Bauten saniert oder rettet, denkt weiter: «Immer wieder als Einzelkämpfer solche aufgegebenen oder hoffnungslosen Liegenschaften zu übernehmen und zu erhalten ist das eine – ich möchte auch wissen, ob es noch mehr engagierte Bürger gibt, denen der Umgang mit unserem gebauten Umfeld grosse Sorge bereitet. Hiermit soll einmal klar sensibilisiert werden, wie achtlos heute mit unserem Kulturerbe umgegangen wird.»

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Hermann Lei

Hermann Lei (*1972) ist Anwalt und Thurgauer SVP-Kantonsrat.

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