Warum Heterosex ungesund sein soll, der «Tages-Anzeiger» vom Adel träumt und Adolf Muschg dem Geburtstagskind Frank A. Meyer ein vergiftetes Geschenk überreicht. Und was Pädagogische Hochschulen anscheinend unter «Professionalität» verstehen.
Sex als Thema zieht bekanntlich immer. Beginnen wir diese Blütenlese im Mediendschungel deshalb mit einer erstaunlichen Lektüre.
In der Berliner «Taz» lasen wir über die Feiertage die völlig ironiefreie Beweisführung einer Journalistin, welches die ungesundeste und abwegigste Form von Sex sei: «Heterosex ist nicht natürlich». Wer glaubt, hier handle es sich um eine satirische Persiflage, irrt.
Die «Taz»-Mitarbeiterin, die angibt, immerhin auch schon «mit Cismännern geschlafen zu haben», zählt penibel genau die Nachteile auf, die dabei entstehen, wenn Männer mit Frauen schlafen (oder umgekehrt): Chemisch vertrage sich der pH-Wert von Sperma und Scheidenflora überhaupt nicht und führe deshalb dauernd zu Pilzinfektionen, besonders häufig zu Blasenentzündungen.
Eines der grössten Gesundheitsrisiken aber sei die Gefahr einer Schwangerschaft: «275'000 Frauen starben 2017 weltweit als Folge einer Schwangerschaft oder Geburt». Um die medizinischen Risiken von Sex zwischen den Geschlechtern gerechter zu verteilen, schlägt die Autorin – ganz im Sinne der gegenwärtigen deutschen Politik – eine «Sex-Abgabe für Heteromänner» vor.
In den Kommentaren erinnerte dann immerhin ein Leser die Autorin daran, dass sie ihren Text nicht hätte schreiben können, wenn ihre Eltern auf diese so gefährliche Form des Geschlechtsverkehrs verzichtet hätten.
Adel verpflichtet
«In eigener Sache» berichtete der «Tages-Anzeiger» noch kurz vor Jahresende stolz von einer Auszeichnung durch das Branchenmagazin «Schweizer Journalist:in»: «Tagi-Chefredaktorin geadelt», hiess es da. Nun berichten auch links-grün angehauchte Bannerträger des urbanen Gemeinsinns genau so gerne über solche Auszeichnungen wie rechte Medien.
Sie erhalten von fortschrittlich-linksliberalen Jurys ja auch mehr davon. Dass sie aber deswegen gleich in den reaktionären Sprachgebrauch der Feudalgesellschaft zurückfallen, bringt uns denn doch ins Grübeln. Brachen da geheime Sehnsüchte nach der guten alten Zeit auf, in der es noch ein klares Unten und Oben gab?
Vergiftetes Geburtstagsgeschenk
In allen Ringier-Medien war es zu lesen: Frank A. Meyer, unbestrittener Zampano der bunten Blätter von der Zürcher Dufourstrasse, ist 80 geworden. FAM, wie er genannt wird, vereint republikanisch-demokratische Gesinnung problemlos mit erheblicher Eitelkeit, ja Selbstüberschätzung. Zum Geburtstag durfte neben einer Biographie (die demnächst erscheint) eine vierseitige Strasse im «Sonntags-Blick» nicht fehlen.
Die zu schreiben ein anderer FAM aufgeboten wurde: (Friedrich) Adolf Muschg. Der erst einmal, ganz Medienpromi, über sein eigenes bedeutendes Leben schreibt, bis er den heute in Berlin lebenden Freund feiert. Ihm und seiner Gemahlin dann aber ein ziemlich vergiftetes Geschenk überreicht: Gottfried Kellers «Kleider machen Leute» zum Nachlesen. Die Novelle handelt von einem armen Schneider, der von den Leuten dank seines schicken Radmantels für einen Anderen, Höhergestellten gehalten wird, als er eigentlich ist – ein Hochstapler, anfänglich noch wider Willen.
Aber vielleicht hat ja vor der Drucklegung niemand den Giftspritzer im Geburtstagsgeschenk entdeckt. Wer hat schon den Inhalt der Seldwyler Novelle noch so genau präsent?
Höhere Pädagogik à la PHZH
Pädagogische Hochschulen sollen, so meinten wir, künftige Lehrkräfte ausbilden, die wiederum Schülerinnen und Schülern die Grundlagen der Bildung vermitteln können. Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben etwa, die man heute wohl Skills oder Kompetenzen nennt. Mit Hilfe derer man besser mit seinen Mitmenschen zu kommunizieren vermag. Dachten wir.
In einem Inserat für eine Professur an der grössten Pädagogischen Hochschule der Schweiz, der PH Zürich, findet sich nun aber der folgende Satz: «Die Stelleninhaberin bzw. der Stelleninhaber trägt mit ihren bzw. seinen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Forschungszentrum Lehrberufe und Pädagogische Professionalität sowie dem Einsatz im Bereich der beruflichen Eignung zur Weiterentwicklung des Schwerpunkts Eingangsvoraussetzungen von Studierenden im Hinblick auf verschiedene Studienverläufe bei.» Wörtlich!
Nun ja: Wahrscheinlich besteht die «pädagogische Professionalität» im Inserat darin, dass der Satz in künftigen Lehrmitteln für den Deutschunterricht als Beispiel für unverständliche Bandwurmsätze verwendet wird.
(Symbolbild: Depositphotos.com)
Gottlieb F. Höpli (* 1943) wuchs auf einem Bauernhof in Wängi (TG) auf. A-Matur an der Kantonssschule Frauenfeld. Studien der Germanistik, Publizistik und Sozialwissenschaften in Zürich und Berlin, Liz.arbeit über den Theaterkritiker Alfred Kerr.
1968-78 journalistische Lehr- und Wanderjahre für Schweizer und deutsche Blätter (u.a. Thurgauer Zeitung, St.Galler Tagblatt) und das Schweizer Fernsehen. 1978-1994 Inlandredaktor NZZ; 1994-2009 Chefredaktor St.Galler Tagblatt. Bücher u.a.: Heute kein Fussball … und andere Tagblatt-Texte gegen den Strom; wohnt in Teufen AR.
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