logo

KOLUMNE

Höplis Medienradar: Von ungesundem Sex, linksgrünem Adel, einem vergifteten Geburtstagsgeschenk und Pädagogik-Deutsch

Warum Heterosex ungesund sein soll, der «Tages-Anzeiger» vom Adel träumt und Adolf Muschg dem Geburtstagskind Frank A. Meyer ein vergiftetes Geschenk überreicht. Und was Pädagogische Hochschulen anscheinend unter «Professionalität» verstehen.

Gottlieb F. Höpli am 17. Januar 2024

Sex als Thema zieht bekanntlich immer. Beginnen wir diese Blütenlese im Mediendschungel deshalb mit einer erstaunlichen Lektüre.

In der Berliner «Taz» lasen wir über die Feiertage die völlig ironiefreie Beweisführung einer Journalistin, welches die ungesundeste und abwegigste Form von Sex sei: «Heterosex ist nicht natürlich». Wer glaubt, hier handle es sich um eine satirische Persiflage, irrt.

Die «Taz»-Mitarbeiterin, die angibt, immerhin auch schon «mit Cismännern geschlafen zu haben», zählt penibel genau die Nachteile auf, die dabei entstehen, wenn Männer mit Frauen schlafen (oder umgekehrt): Chemisch vertrage sich der pH-Wert von Sperma und Scheidenflora überhaupt nicht und führe deshalb dauernd zu Pilzinfektionen, besonders häufig zu Blasenentzündungen.

Eines der grössten Gesundheitsrisiken aber sei die Gefahr einer Schwangerschaft: «275'000 Frauen starben 2017 weltweit als Folge einer Schwangerschaft oder Geburt». Um die medizinischen Risiken von Sex zwischen den Geschlechtern gerechter zu verteilen, schlägt die Autorin – ganz im Sinne der gegenwärtigen deutschen Politik – eine «Sex-Abgabe für Heteromänner» vor.

In den Kommentaren erinnerte dann immerhin ein Leser die Autorin daran, dass sie ihren Text nicht hätte schreiben können, wenn ihre Eltern auf diese so gefährliche Form des Geschlechtsverkehrs verzichtet hätten.

Adel verpflichtet

«In eigener Sache» berichtete der «Tages-Anzeiger» noch kurz vor Jahresende stolz von einer Auszeichnung durch das Branchenmagazin «Schweizer Journalist:in»: «Tagi-Chefredaktorin geadelt», hiess es da. Nun berichten auch links-grün angehauchte Bannerträger des urbanen Gemeinsinns genau so gerne über solche Auszeichnungen wie rechte Medien.

Sie erhalten von fortschrittlich-linksliberalen Jurys ja auch mehr davon. Dass sie aber deswegen gleich in den reaktionären Sprachgebrauch der Feudalgesellschaft zurückfallen, bringt uns denn doch ins Grübeln. Brachen da geheime Sehnsüchte nach der guten alten Zeit auf, in der es noch ein klares Unten und Oben gab?

Vergiftetes Geburtstagsgeschenk

In allen Ringier-Medien war es zu lesen: Frank A. Meyer, unbestrittener Zampano der bunten Blätter von der Zürcher Dufourstrasse, ist 80 geworden. FAM, wie er genannt wird, vereint republikanisch-demokratische Gesinnung problemlos mit erheblicher Eitelkeit, ja Selbstüberschätzung. Zum Geburtstag durfte neben einer Biographie (die demnächst erscheint) eine vierseitige Strasse im «Sonntags-Blick» nicht fehlen.

Die zu schreiben ein anderer FAM aufgeboten wurde: (Friedrich) Adolf Muschg. Der erst einmal, ganz Medienpromi, über sein eigenes bedeutendes Leben schreibt, bis er den heute in Berlin lebenden Freund feiert. Ihm und seiner Gemahlin dann aber ein ziemlich vergiftetes Geschenk überreicht: Gottfried Kellers «Kleider machen Leute» zum Nachlesen. Die Novelle handelt von einem armen Schneider, der von den Leuten dank seines schicken Radmantels für einen Anderen, Höhergestellten gehalten wird, als er eigentlich ist – ein Hochstapler, anfänglich noch wider Willen.

Aber vielleicht hat ja vor der Drucklegung niemand den Giftspritzer im Geburtstagsgeschenk entdeckt. Wer hat schon den Inhalt der Seldwyler Novelle noch so genau präsent?

Höhere Pädagogik à la PHZH

Pädagogische Hochschulen sollen, so meinten wir, künftige Lehrkräfte ausbilden, die wiederum Schülerinnen und Schülern die Grundlagen der Bildung vermitteln können. Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben etwa, die man heute wohl Skills oder Kompetenzen nennt. Mit Hilfe derer man besser mit seinen Mitmenschen zu kommunizieren vermag. Dachten wir.

In einem Inserat für eine Professur an der grössten Pädagogischen Hochschule der Schweiz, der PH Zürich, findet sich nun aber der folgende Satz: «Die Stelleninhaberin bzw. der Stelleninhaber trägt mit ihren bzw. seinen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Forschungszentrum Lehrberufe und Pädagogische Professionalität sowie dem Einsatz im Bereich der beruflichen Eignung zur Weiterentwicklung des Schwerpunkts Eingangsvoraussetzungen von Studierenden im Hinblick auf verschiedene Studienverläufe bei.» Wörtlich!

Nun ja: Wahrscheinlich besteht die «pädagogische Professionalität» im Inserat darin, dass der Satz in künftigen Lehrmitteln für den Deutschunterricht als Beispiel für unverständliche Bandwurmsätze verwendet wird.

(Symbolbild: Depositphotos.com)

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Gottlieb F. Höpli

Gottlieb F. Höpli (* 1943) wuchs auf einem Bauernhof in Wängi (TG) auf. A-Matur an der Kantonssschule Frauenfeld. Studien der Germanistik, Publizistik und Sozialwissenschaften in Zürich und Berlin, Liz.arbeit über den Theaterkritiker Alfred Kerr.

1968-78 journalistische Lehr- und Wanderjahre für Schweizer und deutsche Blätter (u.a. Thurgauer Zeitung, St.Galler Tagblatt) und das Schweizer Fernsehen. 1978-1994 Inlandredaktor NZZ; 1994-2009 Chefredaktor St.Galler Tagblatt. Bücher u.a.: Heute kein Fussball … und andere Tagblatt-Texte gegen den Strom; wohnt in Teufen AR.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.