Das 26. Pink Apple Film Festival steht in den Startlöchern. Das bedeutendste queere Filmfestival ist trotz gestiegener Akzeptanz von Wichtigkeit, sagt Artistic Co-Director Sina Früh.
1997 wurde das Filmfestival ins Leben gerufen – und die Veranstaltung gibt es immer noch, was keinesfalls selbstverständlich ist. Im Gegenteil. Was denken Sie, ist der Hauptgrund, dass sich das Festival so etabliert hat?
Unser OK besteht aus Leuten, die von der Sache überzeugt sind und in vielen Fällen seit Jahren unermüdlich mitarbeiten. Dieser Durchhaltewille zahlt sich aus. Ausserdem sind wir froh, Sponsor:innen und Partner:innen zu haben, die die Wichtigkeit des Festivals erkennen und uns seit Jahren, auch bedingungslos während der Pandemie, unterstützen.
Und natürlich die queere Community selbst! Sie erhalten Pink Apple aufrecht, indem sie Filme schauen kommen und sich bei uns am Festival treffen.
Was hat sich über all die Jahre am meisten gewandelt?
Die Grösse des Festivals! Anfangs gab es uns nur in Frauenfeld, im Jahr 2000 sind wir aufgrund der EuroGames auch nach Zürich gewandert. Seither sind unser Programm und unser Publikum kontinuierlich gewachsen und wir haben mehr Möglichkeiten, was Filmgäste und Rahmenveranstaltungen angeht. So haben wir inzwischen auch die Chance, insgesamt fünf Preise an Filmschaffende, darunter der Golden Apple, zu verleihen.
Gibt es im Gegenzug auch etwas, was gleich geblieben ist?
Die Überzeugung dahinter, weshalb das Festival wichtig ist. Und dass wir Sichtbarkeit schaffen wollen und lesbische, schwule, bisexuelle und trans Personen sowohl auf der Leinwand als auch hinter der Kamera in den Fokus setzen. Was nicht sichtbar ist, existiert nicht. Dagegen kämpfen wir an.
Welches war die wohl grösste Herausforderung bisher, welche Sie meistern mussten?
Zu Beginn des Festivals gab es Proteste von evangelikalen Gruppierungen und allgemein war die Akzeptanz kleiner. Dadurch war es auch schwieriger, Unterstützung zu erhalten. Und dann natürlich die Corona-Pandemie, die der ganzen Kunst- und Kulturbranche zugesetzt hat. Besonders auch dem Kino.
Ziel war ja damals die Akzeptanz zu fördern. Was würden Sie sagen – ist es Ihnen gelungen?
Politisch ist viel passiert in den letzten 26 Jahren. In der breiteren Gesellschaft gibt es ein Verständnis dafür, dass LGBT-Themen wichtig sind, die Akzeptanz ist grundsätzlich gestiegen, was dem unermüdlichen Einsatz zahlreicher LGBT-Organisationen zu verdanken ist. Es braucht enorm viel Kraft, sich als diskriminierte Person dann auch noch freiwillig in der Freizeit zu engagieren, nur um Rechte und Akzeptanz zu erhalten. Und am Ziel sind wir noch lange nicht.
Heute ist die Situation natürlich eine andere. Weshalb braucht es das Festival dennoch?
Verschiedenste Formen der Diskriminierung gegenüber queeren Menschen halten sich hartnäckig. Immer wieder werden Gewalttaten und (verbale) Übergriffe gemeldet. Homo- und Transphobie sind leider in unserer Gesellschaft tief verankert. Es braucht queere Veranstaltungen, die laut und sichtbar sind, um Stigmata endgültig zu verabschieden.
Wie wichtig war der Umzug damals von Frauenfeld nach Zürich?
Es gibt in vielen Ländern die Tendenz, dass queere Menschen von ländlichen Gebieten in die grösseren Städte «abwandern». Das ist auch in der Schweiz der Fall, weshalb die LGBT-Community in Zürich sehr gross ist. Davon ein Teil zu sein, ist natürlich super und bietet uns auch weitere Veranstaltungsorte. Aber die Präsenz in Frauenfeld ist uns noch immer besonders wichtig: In der Ostschweiz ein Zeichen für die Akzeptanz von queeren Menschen zu setzen, hat eine andere politische Bedeutung als in Zürich.
Welche Highlights sind Ihnen speziell in Erinnerung geblieben?
Im Jahr 2018 erhielten wir die Goldene Ehrenmedaille des Kantons Zürich für unsere Arbeit. Das war ein schönes Gefühl, dass die unzähligen Stunden, die unser Organisationskomitee jedes Jahr investiert, auch entsprechend gewürdigt wurden. Und letztes Jahr überreichte uns die Stadt Frauenfeld den Anerkennungspreis für unsere langjährigen Einsatz, das bleibt ebenfalls als ein sehr denkwürdiger Moment in Erinnerung.
Worauf dürfen sich die Besucher in diesem Jahr freuen?
Wir haben ein sehr diverses und künstlerisch hochstehendes Filmprogramm parat, die Highlights davon gibt es im Cinema Luna in Frauenfeld zu sehen. Auch für nicht-queere Menschen lohnt sich ein Besuch definitiv!
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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