Amanda Ammann wurde 2007 zur Miss Schweiz gewählt. Seither ist sie als Markenbotschafterin und Moderatorin tätig. Hauptberuflich arbeitet sie jedoch als Unternehmensberaterin bei einem der grössten Beratungsunternehmen der Schweiz. Ihr Themenbereich könnte kaum aktueller sein.
Amanda Ammann, Sie sind heute hauptsächlich als Unternehmensberaterin im Bereich Nachhaltigkiet tätig und setzen für Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und die Regierung Mandate im Bereich Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Förderung in Schwellen- und Entwicklungsländern um. Wieso haben Sie sich für dieses, sicherlich sehr spannende aber mitunter wohl auch aufwühlendes Tätigkeitsfeld entschieden?
Bereits während meiner Jugend interessierte ich mich für Geschichte, Aussenpolitik und die Beziehungen zwischen Ländern. Während meinem Studium, das ich in Genf, St. Gallen und Valencia (Spanien) absolvierte, verstärkte sich mein Wunsch, mich für Projekte und Initiativen einzusetzen, die eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung in verschiedenen Ländern fördern. Dabei spielte auch meine Neugier für andere Kulturen und Sprachen eine Rolle.
Das Frustrationspotential ist in diesem Tätigkeitsfeld sicherlich hoch. Denn gewisse Fortschritte sind erst nach Jahren ersichtlich. Trotzdem ist es ein Bereich, der sehr interessant ist und im stetigen Wandel ist. Viele Unternehmen und Regierungen sind sich der grossen Herausforderungen, denen wir heute gegenüberstehen, bewusst und ergreifen Massnahmen, um den negativen Einfluss gewisser Tätigkeiten auf Gesellschaft und Umwelt zu reduzieren. Ich habe das Gefühl, dass ich wirklich am Puls der Zeit bin und einen wertvollen Beitrag für die Zukunft leisten kann.
Was sind «typische» Einsatzbereiche, mit denen Sie im Alltag zu tun haben?
In der Unternehmensberatung bin ich einerseits in die Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien für Unternehmen involviert, anderseits berate und prüfe ich die Offenlegung der Nachhaltigkeitszahlen von Grosskonzernen (zum Beispiel CO2-Emissionen, Wasserverbrauch). Zudem gibt es zunehmend spannende Mandate für den Finanzsektor im Bereich «Sustainable Finance». In meinen vorherigen Tätigkeiten, leitete ich Projekte in der internationalen Zusammenarbeit, mit einem Schwerpunkt auf Innovation, Unternehmertum und Wassermanagement.
Was hat Ihnen in all den Jahren am meisten Eindruck gemacht?
Es ist immer eine Freude mit Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund in Kontakt zu treten und in anderen Sprachen zu kommunizieren. Das Engagement von Personen in Entwicklungsländern, die etwas für ihre Gesellschaft und Wirtschaft bewegen möchten, hat mich besonders beeindruckt. Nur leider fehlen oftmals die Rahmenbedingungen, damit gute Geschäftsideen und Projekte Früchte tragen können.
Wie stark ist das Engagement der Schweiz in besagten Schwellen- und Entwicklungsländern allgemein?
Das Engagement der Schweiz ist für ein kleines Land sicherlich bemerkenswert. Mit relativ wenig finanziellen Ressourcen setzt sich die Schweiz in den Zielländern auf eine effiziente Weise für eine nachhaltige Entwicklung, Frieden und Menschenrechte ein. Dabei spielen Partnerschaften mit anderen Ländern und auch Unternehmen eine wichtige Rolle. Die OECD rügte die Schweiz jedoch kürzlich, weil die Hilfe vermehrt darauf abzielt, dass weniger Migranten in unser Land kommen. Das ist natürlich nicht der Sinn der Entwicklungshilfe. Sie sollte nicht als Druckmittel dienen.
Müsste die Politik Ihrer Meinung nach allgemein noch aktiver werden? Oder sind hiesige Unternehmen gefordert?
Die Politik kann sicherlich noch einen grösseren Beitrag zu einer effektiven nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz und im Ausland leisten. Es müssen sinnvolle Rahmenbedingungen und Ziele gesetzt werden. Die globalen Herausforderungen, sei es Klimawandel, Wasserknappheit und Armut, können jedoch nicht nur vom öffentlichen Sektor bewältigt werden. Unternehmen, aber auch jede einzelne Person, sind hier auch gefordert, einen Beitrag zu leisten.
Aktuell ist das Thema «Nachhaltigkeit» auch in der Schweiz in aller Munde. Wie ist Ihre Meinung dazu? Haben wir uns hier zu spät damit befasst oder ist die Schweiz im Vergleich zu gewissen Schwellenländern gewissermassen noch auf Rosen gebettet?
Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Schweiz sehr relevant. Auch die Schweiz ist als UNO-Mitgliedstaat aufgefordert die 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, Agenda 2030), national umzusetzen und muss entsprechende Massnahmen ergreifen, um diese bis 2030 zu erreichen. Gewissen Akteuren hierzulande ist bewusst, wie dringlich gewisse Herausforderungen auch in der Schweiz sind. Nur sind die Zielsetzung auf nationaler Ebene und entsprechende Aktionen teilweise noch etwas dürftig.
Grosse Herausforderungen in der Schweiz sind die Geschlechtergleichstellung, die Wasserqualität, die Biodiversität, der Zugang zu nachhaltiger und moderner Energie, die Sicherstellung von nachhaltigen Konsum- und Produktionsmuster und der Klimaschutz. Bisher gibt es immer noch keine Strategie, die aufzeigt, wie diese 17 Ziele erreicht werden können, während andere Länder in Europa Vollgas geben.
Den meisten Schweizerinnen und Schweizer dürften Sie als «Miss Schweiz» in Erinnerung sein. War es für Sie nie eine alternative, in der Show-Szene Karriere zu machen?
Während meinem Studium und auch danach war ich aktiv als Markenbotschafterin und Moderatorin tätig. Auch heute nehme ich noch Aufträge für grössere Moderationen und geeignete Werbeaufträge für Unternehmen an, wenn dies mit meiner beruflichen Tätigkeit vereinbar sind. Eine Karriere im Showbusiness war für mich nicht eine Option, da mir die Schnelllebigkeit des Businesses bewusst war. Zudem ist der Markt in der Schweiz sehr klein.
Welchen Nutzen konnten Sie aus dieser Missen-Erfahrung ziehen?
Ich war ab 20 Jahren finanziell unabhängig und konnte mein Studium und meine Auslandaufenthalte finanzieren. Diese Unabhängigkeit schätzte ich sehr. Zudem traf ich unzählige spannende Menschen und durfte sehr spezielle Erfahrungen machen (Eröffnung der Fussball EM in der Schweiz, Miss Universe in Vietnam, Reisen in diverse Länder, tolle Fotoshootings), die unbezahlbar sind.
Auf Ihrer Webseite steht, dass sie fliessend Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch sprechen. Und, dass Arabisch das nächste Ziel sei. Wie weit sind Sie damit schon?
Ich bin immer noch beim Alphabet. In der Zwischenzeit musste ich noch etwas Russisch lernen, das ich aber wieder verlernte. Zwar nahm ich erste Arabisch-Kurse vor einem Jahr. Im Moment bleibt mir jedoch einfach keine Zeit. Es bleibt jedoch weit oben auf der To-Do-Liste. Nächstes Jahr werde ich nochmals einen Versuch wagen.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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