Die Ostschweiz ist für Unternehmen seit Jahren ein attraktiver Produktionsstandort. Doch wie werden die Herausforderungen, mitunter als Hochpreisinsel, bewältigt? Wir sprechen mit der Firma Metrohm über den Entscheid, seit 80 Jahren auf den Standort Herisau zu setzen.
Gerhard Schwärzler ist Vice President Operations der Metrohm AG. Im Jahr 1943 gegründet, entwi-ckelt und produziert das Unternehmen Geräte für die chemische Analyse im Labor. «Die Förderung des Wirtschaftsstandorts Ostschweiz liegt in unseren Genen. Mehr noch: Sie ist in unserem Stif-tungsgedanken verankert.». Die Gründerväter Suhner, Winkeler und Kuhn regelten mit der Stiftung unter anderem, dass die Metrohm AG keinesfalls an einen Grosskonzern veräussert wird. Sie be-fürchteten, dass die Firma ihre Innovationskraft und Appenzell Ausserrhoden wertvolle Arbeitsplätze verlieren könnten. Klar, heute geht es beim Bekenntnis zur Ostschweiz auch um den kompromisslo-sen Qualitätsanspruch, den man als Hochpreisinsel trotz zu wenigen Fachkräften erfüllen muss. Dafür hat die Metrohm ihr Rezept gefunden. «Wir arbeiten permanent an Effizienz durch Automatisierung und Digitalisierung.» Schwärzler betont, dass die Schweiz nach wie vor bezüglich Innnovationen weit über dem EU-Durchschnitt liegt – und davon kann die Metrohm nur profitieren.
Swissness hoch im Kurs – auch im CBZ
Rund 20 Kilometer Luftlinie entfernt, im Beratungszentrum der Clientis in Uzwil, treffen wir den Zent-rumsleiter Andrin Scherrer. Mit ans Gespräch eingeladen hat er Marcel Gamweger und Tobi Frei von der Wertschaffer AG. Das St.Galler Beratungsunternehmen gehört zu den KMU-Experten im Partnernetzwerk des CBZ. Rund ein Dutzend Unternehmen suchten in den letzten Monaten Rat-schläge und Expertise zu strategischen Unternehmensentscheiden. Das Thema Swissness sei immer wieder auf dem Tapet. Das Bekenntnis zum Standort Ostschweiz – wie im Falle der Metrohm – sei die erfreuliche Tatsache der Gegenwart. «Switzerland first», wie selten in den letzten Jahrzehnten zuvor. Die Gründe dafür sind vielfältig. Marcel Gamweger von den Wertschaffern veranschaulicht es: «In der Ostschweiz hat sich über viele Jahre hinweg ein industrielles Ökosystem entwickelt. Es zeichnet sich durch hervorragende Expertisen in allen Bereichen der Unternehmens- und der Pro-duktentwicklung aus. Das führt uns in allen Disziplinen der Prozesslandkarte an die Weltspitze.» Wei-tere Gründe für den Erfolg sei das agile Zusammenspiel zwischen Menschen, Technologie und Umwelt mit stabiler Energieversorgung und dichtem Verkehrsnetz.
Best in class
Dass Gerhard Schwärzler das Wort Qualität im Gespräch zwar erwähnt, aber nicht überstrapaziert, überrascht Gamweger nicht: «Qualität ist kein Differenzierungsmerkmal mehr, es ist in der Ost-schweiz ein Hygienefaktor. Dies gilt speziell als Daseinsberechtigung für die in der Ostschweiz stark vertretene Präzisionsindustrie.» Stark machen würden diese Industrie vielmehr die beschriebene Produktivität durch schlanke und innovative Prozesse – selbstredend muss die Qualität stimmen. Frei schliesst ab: «Best in class zu sein, heisst, weiterhin bescheiden an sich zu arbeiten.»
Nicht jammern, handeln
Das Wort Fachkräfte fällt immer wieder. Von diesem Mangel ist auch die Metrohm AG betroffen. Schweizweit sind 30 Stellen offen, dies auch bedingt durch das Wachstum der Firma. Die Rekrutie-rungsaktivitäten würden sich schon lange nicht mehr auf klassische Marketing-Massnahmen be-schränken. Aktiv auf spannende Kandidaten: innen zugehen, Gespräche führen und Networking betreiben. Zudem bildet die Metrohm mit 11 verschiedene Lehrberufe die eigenen Fachkräfte aus. «Wir haben die Zahl massiv hochgefahren, und tun alles dafür, dass die Lernenden auch blei-ben», so Schwärzler. Aber ja – die Herausforderung, die in den nächsten Jahren auf uns zu kommt, sei nicht zu unterschätzen, und umso dankbarer sei man für Initiativen von Vereinen, wie dem Wil-den Osten, die sich dafür einsetzen. Jammern liegt ihm aber nicht: «Wir sind froh, dass wir in der Schweiz über Top-Ausbildungsstätten mit hohem Praxisbezug verfügen.» Andrin Scherrer unter-streicht: «Hervorragende Fachkräfte gepaart mit Innovationskraft, Bescheidenheit und Zuverlässig-keit halten den Wilden Osten noch Jahrzehnte an der Spitze.»
Für viele hört die Schweiz bei Winterthur auf. Doch was östlich davon kommt – die Ostschweiz – ist ein oft unterschätzter Landesteil. Weil die Region über ein renommiertes und breitgefächertes Bildungsangebot mit internationalem Ruf verfügt und rund 37’000 Unternehmen beherbergt, welche Karrieremöglichkeiten mit viel Potenzial bieten, wurde 2018 die digitale Vernetzungsplattform wilder-osten.ch lanciert.
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