Mehrfachereignisse aufgrund von starken Regenfällen, Trockenheit oder Stürmen nehmen zu. Sie treffen bestimmte Regionen mit aller Wucht und fordern die Einsatzkräfte heraus. Umso wichtiger ist deren Ausbildung.
Die heftige Gewitterfront vom 24. August, die über weite Teile der Ostschweiz gezogen ist, forderte zahlreiche Feuerwehren heraus. Besonders hart getroffen hat es den Kanton St.Gallen. So mussten rund 50 Bäume von Strassen und Bahnschienen weggeräumt werden, andere fielen auf Autos oder beschädigten Fassaden. In etlichen Häusern trat Wasser ein, vielerorts lösten Brandmeldeanlagen Alarme aus. Die Mitarbeitenden der kantonalen Notrufzentrale konnten nicht alle Anrufe entgegennehmen und mussten Kolleg:innen in ihrer Freizeit aufbieten. Kurzum, im Nu herrschte Ausnahmezustand und es galt, sofort und überall zu reagieren.
Einsätze nach Wichtigkeit priorisieren
Auch wenn das Appenzellerland bei dieser Front von grösseren Schäden verschont blieb, kennt man die Herausforderung von sogenannten Mehrfachereignissen bestens. Noch in naher Erinnerung ist das Pfingstunwetter des vergangenen Jahres, als enorme Hagelmassen über das Appenzeller Vorderland fegten. Allein die Regiwehr Heiden-Grub-Eggersriet-Wolfhalden musste innert vier Stunden 20 Einsätze leisten. Viele Klimaforschende prognostizieren, dass Wetterextreme immer häufiger auftreten werden.
«Wir nehmen dieses Thema sehr ernst, darum ist es auch fester Bestandteil unseres Ausbildungsplanes», so Walter Hasenfratz, Feuerwehrinspektor der Kantone AR/AI. Im eintägigen Kurs «Einsatzführung Mehrfachereignis» spielen die Offiziere verschiedene Szenarien durch. Die grösste Herausforderung liegt im Priorisieren der Einsätze und darin, den Schweregrad der einzelnen Ereignisse richtig einzustufen.
Der Einsatzleiter ist gefordert: Wohin schickt man die Einsatzkräfte zuerst? Was kann warten? Welche Materialien braucht es an welchem Einsatzort? Solche und viele weitere Fragen gilt es umgehend zu klären und entsprechende Massnahmen in die Wege zu leiten. Das erfordert von den Offizieren ein hohes Verantwortungsbewusstsein und eine schnelle Entscheidungsfindung.
Regelmässig Übungen durchführen
Im Ausbildungszentrum Bächli in Teufen herrscht reges Diskutieren und Abwägen, denn die 45 teilnehmenden Offiziere aus allen Ostschweizer Kantonen müssen auf den Ernstfall vorbereitet sein. Anhand bewährter Systeme verschiedener Feuerwehren werden die Möglichkeiten aufgezeigt und mit den Teilnehmenden durchgespielt. Je nach Feuerwehr und Gemeinde ist die Lage eine andere und so hilft dieser Austausch nicht nur beim Verinnerlichen der professionellen Einsatzführung, sondern auch, um voneinander zu lernen.
Während die einen auf elektronische Hilfsmittel setzen, arbeiten andere mit FlipChart oder Rasterplänen. «Jede Feuerwehr muss für sich entscheiden, was am einfachsten umzusetzen ist. Wichtig bei alledem ist, stets den Überblick über alle Meldungen und deren Status zu behalten, eine sinnvolle Ordnung im Führungsraum zu schaffen, die regelmässige Kommunikation mit den Einsatzleitenden vor Ort sicherzustellen und dass die Rapporte immer auf aktuellem Stand sind», so Hasenfratz. Damit die Einsatzleitenden und ihre Einsatzkräfte bestens auf Mehrfachereignisse vorbereitet sind, gibt das Feuerwehrinspektorat vor, alle zwei Jahre entsprechende Übungen durchzuführen.
Bild: Erwin Tschumi, Feuer- und Chemiewehrinstruktor aus Rapperswil-Jona erläutert, worauf es bei der Einsatzführung zu achten gilt und wie man sich am besten organisiert, um den Überblick zu behalten. pd
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