Die «Weltwoche» kritisiert Tagblatt-Chefredaktor Stefan Schmid wegen eines Kommentars. Dieser sieht darin eine Art Kampagne gegen seine Person. Es geht um Interessenkonflikte, Beziehungen und Milliarden.
«In der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats gelingt ein spektakulärer Deal.» Mit diesen Worten beginnt Tagblatt-Chefredaktor Stefan Schmid seinen Kommentar, den er am 25. April publizierte. Das Thema in Kürze: mehr Geld für die Armee und gleichzeitig eine Unterstützung für die Ukraine. Bei diesem Geschäft geht es um sage und schreibe 15 Milliarden Franken. Für Schmid ist der Entscheid ein Meilenstein, für den die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats verantwortlich war.
Zwei Aussagen des Kommentars stechen hierbei besonders heraus:
«Zusammen kostet beides 15 Milliarden Franken. Geplant ist eine ausserordentliche Finanzierung am Schönwetterkonstrukt Schuldenbremse vorbei.»
«Alle, die verstanden haben, worum es in der Ukraine geht, atmen dieser Tage ein bisschen auf.»
Schmid lehnt sich dabei weit aus dem Fenster, indem er einer gewissen Bevölkerungsgruppe Unverständnis vorwirft und das Instrument der Schuldenbremse kritisiert.
Das ist grundsätzlich kein Problem. Das darf er. Diese Positionierung war auch nicht der Grund für einen kritischen Artikel von Christof Mörgeli mit dem Titel «Paarlauf vom Feinsten» in der aktuellen «Weltwoche». Mörgeli störte sich viel mehr daran, dass Chefredaktor Schmid einen Deal «in den Himmel lobt», für den seine Lebenspartnerin, GLP-Fraktionschefin Corina Gredig, mitverantwortlich war.
Mörgeli sieht in diesem Deal aufgrund der Umgehung der Schuldenbremse einen klaren Verfassungsbruch und im lobenden Kommentar («Journalistisches Unterstützungsfeuer») von Stefan Schmid einen Interessenkonflikt.
Schmid wage gar Kritik an Bundesrätin Karin Keller-Sutter und deren Kampf gegen die Verschuldung: «Für das traditionell freisinnige St.Galler Tagblatt geradezu ein Sakrileg.»
Schmid sei ein aussergewöhnlicher Chefredaktor, der mit seinem «unterstützenden Kommentar» fordere, die Schuldenbremse ausser Kraft zu setzen und die Nichtgewährung von 15 Milliarden Franken mit Rappenspalterei gleichsetze.
Und das alles tue Schmid – so liest es sich in jeder Zeile von Mörgelis Kommentar –, um der GLP und seiner Partnerin Schützenhilfe zu leisten.
Mörgeli schliesst seinen Artikel denn auch mit einer klaren, wenn auch nicht in Worten gefassten Forderung: dem Rücktritt von Stefan Schmid als Tagblatt-Chefredaktor. In ähnlichen Fällen hätten andere Personen aufgrund dieses «Interessenkonflikts» (Chefredaktor/in ist mit Politiker/in in führender Position liiert) entsprechende Konsequenzen gezogen.
Mörgeli dazu: «Offensichtlich existieren solche Interessenkonflikte bei Stefan Schmid als Chefredaktor der St.Galler Zeitung und GLP-Fraktionschefin Corina Gredig nicht. Zumindest so lange nicht, wie der Verleger von CH Media dem munteren Treiben tatenlos zuschaut.»
Mörgeli führt seine Argumentation auf einer ganzen Seite aus. Stefan Schmid selbst kommt darin nicht zu Wort. Von ihm ist keine Stellungnahme zu lesen.
«Die Ostschweiz» bat den Tagblatt-Chefredaktor in der Folge um einige Antworten. Folgende Fragen stellen wir Schmid:
Autor Christof Mörgeli sieht einen Interessenkonflikt, da Sie Tagblatt-Chefredaktor und auch Partner von GLP-Fraktionschefin Corina Gredig sind. Zwischen den Zeilen fordert er gar Ihren Rücktritt. Was entgegnen Sie auf diese Kritik?
Mörgeli begründet das insbesondere anhand eines Kommentars von Ihnen, in dem Sie einen Deal lobten, für den Ihre Partnerin Corina Gredig mitverantwortlich war. Es handelt sich hierbei um eine finanzielle Unterstützung für die Ukraine in der Höhe von Milliarden. Ist es tragbar, ein Politgeschäft zu kommentieren, in das die eigene Partnerin involviert ist?
Gibt es klare Richtlinien, wann ein Tagblatt-Journalist bei einem Thema in den «Ausstand» treten muss?
Mörgeli schildert in seinem Artikel weiter, dass Sie für eine Ausserkraftsetzung der Schuldenbremse seien, dass sie die Einsparung von Milliarden von Franken mit Rappenspalterei gleichsetzen würden. Das alles passe nicht zum «traditionell freisinnigen Tagblatt». Ihr Kommentar dazu?
Die Antwort per Mail von Stefan Schmid erfolgte innerhalb der vereinbarten Frist. Allerdings fiel die Stellungnahme kürzer aus als erhofft:
«Das von einem ehemaligen SVP-Nationalrat geführte Blatt äussert sich seit Jahren in diffamierender Form über meine Beziehung. Da braucht es etwas Gelassenheit.»
Und weiter:
«Die Weltwoche kritisiert meinen Kommentar über den Entscheid der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats. Woher ich Informationen über die Bundespolitik habe, die ich seit fast 20 Jahren journalistisch beobachte, kann ich aufgrund des Quellenschutzes nicht sagen. Allerdings brauchte es für diesen Kommentar gar keine Quellen. Das Geschäft der Sik-S wurde im Vorfeld in einer anderen Tageszeitung ausführlich thematisiert. Sie können davon ausgehen, dass ich nicht bloss die eigene Zeitung lese.»
Wir lassen das mal so stehen. In seinen Kommentaren im Tagblatt äussert sich Schmid jeweils etwas umfangreicher.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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