Die Wiler Parlamentarierin Erika Häusermann hinterfragt Aktivitäten islamischer Kreise. Im Fokus steht dabei aber nicht die Religion, sondern ein anderes Anliegen: Das der Frauen. Was treibt die Politikerin an?
«Eine traditionelle Moschee nach dem Vorbild des Propheten»: Die Anfrage der Wiler Stadtparlamentarierin Erika Häusermann von den Grünliberalen (GLP) klingt zunächst wie eine Aufforderung, ist aber eher das Gegenteil. Die Musiklehrerin, die seit 2009 im städtischen Parlament sitzt, hinterfragt in ihrem Vorstoss die Aktivitäten rund um die Moschee in Wil. Sie bezieht sich dabei auf Aussagen des dortigen Iman Bekim Alimi, der ohnehin keine unumstrittene Person ist. Häusermann hatte von Alimi bereits früher konkrete Antworten auf ihre Fragen rund um seine Haltung zu gesellschaftlichen Themen gestellt und auch Antworten erhalten. Diese Antworten aber «widersprechen diametral früheren Aussagen in Podiumsdiskussionen und gegenüber seinen Glaubensgenossen», schreibt die GLP-Politikerin in ihrer Anfrage. Sie befürchtet, dass der Imam die Moschee nutzt, um Elemente des Islam zu verbreiten, die nicht in unseren Kulturkreisen gehören und will, dass der Stadtrat dazu Stellung bezieht.
Islamgegnerin?
Islamkritische Voten sind meist eher rechts der Mitte zu hören. Dass sich eine Grünliberale so äussert, ist selten. Und es ist nicht das erste Mal. Erika Häusermann trat mehrfach als Mitunterzeichnerin von Vorstössen aus den Reihen der SVP auf, beispielsweise mit Fragen zur Radikalisierung an Wiler Schulen. Ist die GLP-Frau eine verkappte Rechte oder eine Islamgegnerin - oder beides?
Nein, sagt Häusermann dazu. Wo es vordergründig um den Islam geht, stehe eigentlich etwas anderes im Zentrum. «Die Gleichberechtigung der Frauen ist ein Thema, das mich mein ganzes Leben begleitet», so die Wilerin.. In den 90erJahren habe sie in Wil gemeinsam mit anderen Frauen das Frauenforum Wil gegründet und zusammen mit Frauen aus allen Parteien die Frauenforen in der Ostschweiz vernetzt. «Wenn Frauen auf Grund ihres Geschlechtes unterdrückt werden, gilt es hinzuschauen, auch wenn das in Wil von der politischen Elite zuweilen nicht gerne gesehen wird», sagt sie weiter. Religion sei für sie Privatsache, aber: «Wenn Muslime in ihrer Religionsfreiheit beschnitten werden, junge Frauen ihre Jungfräulichkeit beweisen müssen und zur Ehe gezwungen werden, dann kann ich nicht wegschauen, da werden Menschenrechte verletzt.»
Dass sie auf diesem Weg auch mal einen Vorstoss von der anderen Seite unterstützt, ist für sie kein Problem. Als Grünliberale sei sie an Sachfragen interessiert «und unterstütze selbstverständlich Vorstösse aus allen Fraktionen, wenn ich sie unterstützenswert finde.» Darunter befinden sich Themen zur Umwelt, zur Raumplanung, Finanzthemen «und insbesondere der haushälterische Umgang mit Steuern». Aber auch Fragen zur direkten Demokratie und zur Transparenz in der Verwaltung tauchen be ihren Vorstössen und Voten immer mal wieder auf.
Stadtratslöhne hinterfragt
Bequem ist Erika Häusermann auf diesem Weg nicht gerade, vor allem für die Exekutive. Bis 2015 waren die Stadtratslöhne und die übrigen Vergütungen nicht öffentlich zugänglich. Das änderte sich mit der Einführung des Öffentlichkeitsgesetzes. Häusermann war die (erzwungene) Transparenz allerdings nicht genug. Im Zug der allgemeinen Spardebatten entfachte sie mit einem Vorstoss die Diskussion über die Stadtratslöhne und darüber, ob diese im Zug anderer Einsparungen auch reduziert werden müssten.
Dass ihre Partei früher auf die Themen Ökologie und Ökonomie reduziert wird, greift für sie inzwischen zu kurz. .Eine moderne Partei müsse sich für alle Themen des Lebens interessieren und sich für das einsetzen, was die Menschen bewegt, erklärt sie. Und sagt abschliessend: « Tabuthemen gibt es für mich nicht.»
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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