Die Juso hat kürzlich via Medienmitteilung ihre Kandidaturen für das St.Galler Stadtparlament und den Stadtrat bekanntgegeben – inklusive Hinweis, wie diese korrekt – sprich gendergerecht – aufgeführt werden. Als Journalist sieht man letztlich nur noch Sternchen und rote Linien im Word-Dokument.
Die meisten Medien haben Richtlinien, wie sie mit dem Thema Gendern umgehen sollen. Einige setzen auf den Stern, andere machen einen weiten Bogen um irgendwelche Forderungen. Klarheit herrscht definitiv noch nicht. So verabschiedete sich unter anderem auch das Schweizer Fernsehen vor einigen Monaten wieder vom Genderstern.
«Die Ostschweiz» verwendet in den Texten keine Sterne. Grundsätzlich sind unsere Journalistinnen und Journalisten frei. Es herrscht aber Einigkeit. In der Regel werden in einem Text hin und wieder beide Formen aufgeführt, so wie im vorgängigen Satz. Oberstes Credo: Ein Text soll lesbar und verständlich sein – und bleiben.
Würden wir die Richtlinien der Juso verwenden, dürften wir aber wohl bei der künftigen Berichterstattung rund um die Stadtratswahlen in St.Gallen nicht mehr von Kandidatinnen und Kandidaten sprechen.
Die Medienmitteilung jedenfalls, die die Juso anlässlich ihrer Bekanntgabe der Kandidaturen für das St.Galler Stadtparlament und den Stadtrat verschickte, machte die Arbeit der zuständigen Redaktorin nicht gerade einfach.
Wir führen einige Passagen aus der zugestellten Medienmitteilung der Juso eins zu eins auf:
Einstimmig nominierten die Mitglieder die Liste von 31 Kandidat* innen und lancierten damit den Stadtparlamentswahlkampf der JUSO. Zugleich hat sich die JUSO entschieden, mit Robin Eichmann als Kandidat* in, für den Stadtrat zu kandidieren.
Miriam Rizvi führt als bisherige *r Stadtparlamentarier *in eine konsequent linke und queere Liste mit Jungsozialist *innen und Aktivist *innen an.
Die JUSO ist überzeugt, mit Robin Eichmann eine* n Kandidat* in nominiert zu haben, der* die die Forderungen der linken Bewegungen verinnerlicht hat und für diese überzeugt im Stadtrat kämpfen wird.
Um den Journalistinnen und Journalisten die Arbeit dann doch noch etwas zu vereinfachen, beendet die Juso die Medienmitteilung mit einem Hinweis zu den Formulierungen:
Die Juso des Kantons hält sich damit an den Gender-Leitfaden der Mutterpartei.
Darin findet man ein Genderglossar und ebenso konkrete Anwendungsbeispiele.
Auch hierzu einige Punkte daraus:
«jemand» wird zurzeit als geschlechtsneutral wahrgenommen und kann in Texten verwendet werden, genauso wie der Ausdruck «jemensch».
Auch negative Begriffe werden gegendert («Kapitalist*in» statt «Kapitalist»)
Immerhin ist Jemensch, der mit etwas Negativem in Verbindung gebracht wird, nicht zwingend männlich. Herrlich (auch das ein Wort, das man wohl nicht mehr verwenden darf, da man sonst einen dämlichen Eindruck macht) ist diese ganze Entwicklung für die Berufsgruppe der Korrektorinnen und Korrektoren. Sie sind heute wieder gefragt. Denn die Autokorrekturfunktion im Word macht mitunter alles nur noch schlimmer. Man/frau ist letztlich komplett verwirrt und fühlt ist irgendwie nicht mehr Herr/Frau seiner Sinne.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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