Die Mitte Kanton St.Gallen lehnt sich zurück. Nachdem ihre beiden Regierungsräte im ersten Wahlgang wiedergewählt worden sind, verzichtet sie auf eine Wahlempfehlung für den 14. April. Damit stösst sie die SVP vor den Kopf, was diese so schnell nicht vergessen wird.
Bei den Kantonsratswahlen ging die SVP als grosse Siegerin hervor. Sie steigerte ihre Sitze im Kantonsrat von 35 auf 42. Die Mitte konnte ihre 27 Sitze halten. Die FDP hat neu 19 Sitze (-3), die SP 18 (-1), die Grünen 6 (-3). GLP und EVP verbleiben auf 6 bzw. 2 Sitzen.
Bei den Regierungsratswahlen könnte zwar ebenfalls die SVP zur «Abräumerin» werden, allerdings erst im zweiten Wahlgang vom 14. April.
Im ersten Wahlgang wurden alle fünf bisherigen Regierungsratsmitglieder gewählt. Das heisst:
Die FDP hält ihre zwei Sitze von Marc Mächler und Beat Tinner. Ziel erreicht.
Die Mitte hält ihre zwei Sitze von Susanne Hartmann und Bruno Damann. Ziel erreicht.
Die SP hält den Sitz der bisherigen Regierungsrätin Laura Bucher. Ziel noch nicht erreicht.
Die Frage ist nun: Wer holt sich die Sitze der zurückgetretenen Regierungsräte Stefan Kölliker (SVP) und Freddy Fässler (SP)?
Die SVP beansprucht beide für sich.
Die SP hat sich im Vorfeld die Verteidigung des zweiten Sitzes auf die Fahne geschrieben. Und den will sie nun auch mit Bettina Surber holen.
Ein Kampf also zwischen dem linken und dem rechten Lager. Mit ungewissen Faktoren in Form einer parteilosen Kandidatin Sarah Bösch, die im ersten Wahlgang rund 40'000 Stimmen erzielen konnte.
Nicht unwesentlich könnten also die Wahlempfehlungen von FDP und Mitte sein. Die Freisinnigen haben sich bisher noch nicht geäussert. Die Mitte hat ihren Entscheid schon gefällt, bevor überhaupt klar war, wie sich das Kandidatenfeld für den 14. April präsentieren wird.
Und die Mitte verzichtet auf eine Wahlempfehlung. Ihre Argumentation: «Angesichts der nochmals gestiegenen Wählerstärke in den Kantonsratswahlen und der ausgezeichneten Resultate im ersten Wahlgang in die Regierung wäre es keine Überraschung, wenn die beiden Kandidierenden der SVP den zweiten Wahlgang für sich entscheiden würden. Das vereinte links-grüne Lager hat – wie die Vergangenheit zeigt – ebenfalls Rückhalt in der Bevölkerung. Für die Mitte ist klar, eine funktionierende und konsensfähige Regierung setzt voraus, dass alle relevanten politischen Kräfte in die Regierungsarbeit eingebunden sind.»
Die Mitte Kanton St.Gallen sei einer Politik verpflichtet, welche Freiheit, Solidarität und Verantwortung verbindet. Sie erarbeite mehrheitsfähige Lösungen, gerade dann, wenn diese durch die politischen Pole blockiert seien. «Eben diese Pole stehen sich im zweiten Wahlgang gegenüber. Vor diesem Hintergrund verzichtet die Mitte auf eine Wahlempfehlung», so die Partei weiter.
Die Mitte will es sich damit weder mit der einen noch der anderen Partei verscherzen. Und tut mit ihrem Entschluss genau das Gegenteil. Die SP wäre dringend auf Unterstützung angewiesen. Und die SVP hoffte auf eine bürgerliche Allianz, welche einmal mehr scheiterte.
Der Rücktritt des 67-jährigen Mitte-Regierungsrats Bruno Damann ist eine Frage der Zeit. Und entsprechend sind die verschiedenen Parteien in Lauerstellung. Die SVP wird bis dahin sicherlich nicht vergessen haben, dass ihr die Mitte für den 14. April 2024 keine Unterstützung zugesichert hat.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.