Die Autofahrer berappen ihre Infrastruktur selbst: Die Mineralsteuer, die Importsteuer und die Einnahmen durch den Verkauf der Autobahnvignette finanzieren den Unterhalt und Ausbau von Autobahnen. Infrastrukturinvestitionen bedeuten darum nicht weniger Geld für die Bahn.
Laut einem Bericht von SRF am Wochenende hat der SBB-Chef Vincent Ducrot Grosses vor. Er möchte einen dreissig Kilometer langen Bahntunnel von Rupperswil nach Zürich-Altstetten bauen. Dadurch soll die Verbindung Bern-Zürich um zwei Minuten schneller, und zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden. Das Ziel ist, die zu Spitzenzeiten chronisch überlastete Hauptachse der Schweiz zu entlasten. Dafür sollen rund sieben Milliarden Franken investiert werden.
Zum Glück hat Ducrots oberster Chef, Bundesrat und Verkehrsminister Albert Rösti, diesem Verhältnisblödsinn keine hohe Priorität beigemessen. Rösti glaubt, dass ein Ausbau der Autobahn A1 wichtiger sei, da in Stausituationen die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Zug nicht gegeben sei. Diese Aussage hat in linken Kreisen grosse Empörung ausgelöst. Dass ein Bundesrat öffentlich für den Individualverkehr plädiert, darf doch nicht sein. Seit der Übernahme durch Moritz Leuenberger im Jahr 1995 war das Umwelt- und Verkehrsdepartement in der Hand von Mitte-Links. Unter dieser Führung ging der Individualverkehr willentlich, man könnte auch sagen mutwillig, vergessen. Herr Rösti scheint nun den langersehnten Gesinnungswandel herbeizuführen.
Es gibt jedoch keinen Grund für die Linke, ihre geliebten Bahnprojekte von Bundesrat Rösti in Gefahr zu sehen. Seit 2018 wird der Unterhalt und Ausbau der Autobahnen vollständig aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfond NAF finanziert, der ausschliesslich durch die Autofahrer geäufnet wird, unter anderem über die Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel, über die Importsteuer auf Neuwagen und über die Autobahnvignette.
Für die Finanzierung von neuen Bahnprojekten wurde 2014 in einer nationalen Abstimmung der Bahninfrastrukturfonds BIF geschaffen, dessen Alimentierung hauptsächlich aus der allgemeinen Bundeskasse, Beiträgen aus der Mehrwertsteuer sowie der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe LSVA, von denen bis zu zwei Drittel in die Finanzierung der Bahn fliessen, erfolgt.
Die Finanzierungsflüsse scheinen auf den ersten Blick unübersichtlich zu sein, aber im Grunde sind sie einfach. Egal welches Projekt gebaut wird, die Finanzflüsse sind klar festgelegt. Die Autofahrer bezahlen die Autobahn und deren Unterhalt, die Steuerzahler und Lastwagenfahrer finanzieren die Bahn. Wenn also eine Autobahn gebaut wird, steht der Bahn somit nicht weniger Geld zur Verfügung. Es besteht also kein Grund zur Nervosität.
Martin Lörtscher ist CEO der Hugelshofer Logistik AG mit Sitz in Frauenfeld. Er ist Mitglied vom TGV-Vorstand und war mehrere Jahre Präsident des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbandes ASTAG Sektion Ostschweiz + FL.
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