Ja, man muss den Clip mehrfach schauen. Und dann bemerkt man sie: Die wundervolle Selbstironie, wie sie vermutlich nur Innerrhoder entfalten können. Wir präsentieren: Einen der grössten Hits von «Wham» als Warteschlaufensong - und natürlich im Dialekt.
Die meisten Warteschlaufenmelodien lassen einen daran verzweifeln, dass es heute fast nur noch schnurlose Telefone gibt. Früher hatte man wenigstens noch etwas, an dem man sich nach 15 Minuten Geklimper aus dem Computer aufhängen konnte. Die Werbeagentur koller.team aus Appenzell befand offenbar, als Kreative könne man nicht auf eine Konserve zurückgreifen, wenn der Kunde mal warten muss. Also produzierte das Team einen eigenen Song. Und zwar ein Cover einer der wohl berühmtesten Melodien überhaupt.
Und deshalb heisst es jetzt statt wie damals bei Wham «Wake me up before you go-go» kurzerhand «henk nöd ab we make your logo». Und es wird einem erklärt, dass sich die Koller-Mannschaft für nichts zu schade sei und dass man bitte nicht selbst im Excel etwas kritzeln, sondern sich an Profis wenden soll.
Doch was wäre ein Song ohne Videoclip? Auch den gibt es, aufgenommen im Fotostudio von koller.team unter Beisein wohl so ziemlich aller Angestellten. Sie haben vielleicht das Kleingedruckte im Arbeitsvertrag nicht gelesen («der Mitarbeiter verpflichtet sich, im Bedarfsfall komplett weiss bekleidet vor einer Kamera herumzuhüpfen») oder aber sie hatten einfach Spass an der unkonventionellen Aufgabe. Danach sieht es eigentlich mehr aus.
Bitte sehr, hier:
Die Idee sei in einer Znünipause entstanden, schreibt die Agentur in einer Mitteilung. Womit auch klar ist, dass in Appenzeller Firmen beim Znüni ganz offensichtlich nicht nur Kaffee getrunken wird. Aber wie liebevoll das Ganze bei näherem Hinsehen gemacht ist: Man glaubt zuerst, Youtube habe eine Bildstörung oder das WLAN schwächle, aber es wurde ganz bewusst alles im 80er-Stil umgesetzt. Der Hintergrund, die Deko, die Bekleidung (und allenfalls auch einige der Frisuren). Nebel inklusive. Man hat als mittelalterlicher weisser Mann stellenweise das Gefühl, in eine MTV-Zeitmaschine geraten zu sein.
Die Chefs persönlich, Michael und Emil Koller, übernehmen den Leadgesang, das Koller-Team macht den Background, und für die Harmonien war die «Landsfrau» Riccarda Neff zuständig.
Ein wenig viral scheint die Geschichte auch bereits zu sein, laut Firmenangaben wurde der Clip auf den eigenen Social-Media-Kanälen seit Sonntag bereits 3500 Mal abgerufen.
Und unser Fazit? Klar, zunächst denkt man: Alpenbitter um 9 Uhr morgens zum Gipfeli ist vielleicht nicht die beste Idee. Aber dann merkt man, wie herrlich selbstironisch die ganze Sache ist. Da nehmen sich Werber für einmal selbst nicht zu wichtig und sind sich - getreu dem Songtext - wirklich für nichts zu schade. Was in dieser selbstverliebten Branche sehr selten ist. Aber die Innerrhoder waren schon immer anders. Und haben hier sicher einen Beweis abgeliefert, dass sie ihren Kunden kein 08/15 servieren, wenn er mal was anderes will.
Wir rufen bestimmt mal dort an. Und wehe, wir werden gleich weitergeleitet. Wir wollen warten!
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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