Eine besondere Lage: Der Massagesalon an der Krankenhausstrasse 12 befindet sich in nächster Nähe zu einem Kindergarten, dem Pflegeheim und der Kirche.
Schön eingemittet zwischen Kindergarten, Pflegeheim und Kirche ist in Flawil ein Massagesalon in Betrieb, in dem keineswegs nur massiert wird. Mit einem Umnutzungsgesuch soll der Betrieb nun definitiv verankert werden. Dagegen regt sich allerdings Widerstand.
Ein einziges Wohnhaus trennt an der Krankenhausstrasse in Flawil den Kindergarten von einem Haus, in dem seit einigen Monaten ein Massagesalon untergebracht ist. In direkter Sichtnähe liegt auch das Pflegeheim, und wer nach der «Massage» beichten gehen will, hat es auch nicht weit - die Kirche ist in unmittelbarer Nähe.
Zentral gelegen ist der Betrieb für männliche Triebe auf jeden Fall. Und seit er läuft, spielt sich auch um das Haus herum so einiges ab. Ein Anwohner hat uns Schnappschüsse von einem Polizeieinsatz geschickt, bei dem ein Mann in Handschellen abgeführt wurde. Lärmbelästigungen gebe es ebenfalls oft, so der Mann. Nur zu Mehrverkehr habe der Betrieb bisher nicht geführt, jedenfalls nicht zu motorisiertem. «Die Besucher parkieren vermutlich diskret woanders und spazieren dann zum Bordell», sagt der Anwohner. Man will ja sein Autokennzeichen nicht vor den Anwohnern präsentieren.
Mit Erotikbetrieben ist es so eine Sache. Kaum jemand will sie im Dorf haben, allerdings sind den Behörden meist die Hände gebunden. Die Polizei interessiert in solchen Fällen nur, ob alle dort tätigen Damen eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung haben. Und auch die Gemeinde selbst kann nicht viel tun, solange alle Auflagen eingehalten werden.
Die Frage ist in diesem Fall aber, ob der Betrieb bisher ordentlich angemeldet war. Denn mit Datum vom 4. Dezember 2019 liegt eine Bauanzeige der Gemeinde Flawil vor. Sie betrifft das Bauvorhaben «Umnutzung Wohnung in Massagesalon». Was bereits seit einigen Monaten praktiziert wird, soll damit also quasi offiziellen Status erhalten. Oder anders ausgedrückt: Bisher war eine Wohnung für ein Gewerbe genutzt worden.
Auf Anfrage von «Die Ostschweiz» nimmt René Bruderer, Geschäftsleiter Bau und Infrastruktur der Gemeinde Flawil, wie folgt Stellung: «Nachdem die Gemeinde Flawil von einem Massagesalon in einer Wohnung an der Krankenhausstrasse erfahren hat, wurde der Grundeigentümer aufgefordert, ein Baugesuch für die Umnutzung als Massagesalon einzureichen. Das Baugesuch liegt noch bis Montag, 23. Dezember 2019, öffentlich auf. Zum jetzigen Zeitpunkt ein Nutzungsverbot auszusprechen, wird als unverhältnismässig beurteilt.»
Der betreffende Anwohner, der sich bei «Die Ostschweiz» gemeldet hat, wird dagegen auf jeden Fall Einsprache einlegen, wie er sagt – aus den oben erwähnten Gründen. Andere dürften sich gerüchtehalber anschliessen. Tun kann das jeder, der ein «eigenes schutzwürdiges Interesse dartut», wie es im kantonalen Planungs- und Baugesetz heisst. Ein allgemeines Unbehagen gegenüber der Erotikbranche reicht nicht. Echte störende Auswirkungen schon eher.
Interessant auch: Derzeit sind auf einer Immobilienplattform im bewussten Haus an der Krankenhausstrasse zwei «Zimmer in WG» ausgeschrieben. Sie seien möbliert, zu haben ist je ein Zimmer im ersten und im zweiten Stock. Ob sich der Massagesalon in einem anderen Stock abspielt und ob die künftigen WG-Bewohner wissen, was dort geschieht, ist eine andere Frage.
Eine besondere Lage: Der Massagesalon an der Krankenhausstrasse 12 befindet sich in nächster Nähe zu einem Kindergarten, dem Pflegeheim und der Kirche.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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