Waldmeyer faszinierte der Begriff «Dunkelflaute»: eine deutsche Wortschöpfung, die sich aus der Kombination von «dunkel» und «Flaute» ergeben hat. Gemeint ist der energiemässig unangenehme Vorgang, dass zu gewissen Zeiten weder die Sonne scheint, noch ein Windchen weht.
Die Solarpanels kriegen keine Arbeit in der Nacht, und die Windräder drehen sich nicht. Genau in diesem Moment wäscht die Schweiz jedoch Strom!
Das Zusammentreffen beider Ereignisse, die Dunkelflaute eben, führt logischerweise zu einem Produktionsstopp von Strom. Das wäre indessen nicht so tragisch, falls es auch noch andere Quellen der Stromproduktion gäbe. Aber Deutschland hat, wie wir wissen, die „Energiewende“ beschlossen. Also künftig keine Atomkraftwerke mehr, keine Kohlekraftwerke. Nada Tschernobyl-Risiko, nada CO2. Ein hehrer Anspruch. Wenn da nur die blöde Dunkelflaute nicht wäre, und wenn da nur der Umstand nicht ins Gewicht fiele, dass wir Energie bis heute kaum nachhaltig speichern können. Das konnte auch der clevere Elon Musk mit seinen Grossbatterien bis heute nur unbefriedigend lösen.
Sollte Waldmeyer seinen Porsche Cayenne (schwarz, innen auch), gelegentlich einmal, wenn auch schweren Herzens, durch ein hybrides oder vollelektrisches Fahrzeug ersetzen, so würde er es in der Schweiz natürlich nur mit sauberem Strom aufladen. Der kommt bekanntlich von unseren sauberen Wasserkraftwerken. Eigentlich von den sauberen Stauseen, bzw. den sauberen Speicherkraftwerken. Zu gewissen Zeiten jedoch wird für diese Kraftwerke mit dem überflüssigen Dreckstrom aus Deutschland oder Frankreich das Wasser wieder rauf in diese schönen künstlichen Bergseen gepumpt. Den Strom für diesen Pumpvorgang beziehen die Schweizer erst noch zu Negativpreisen (sie erhalten als noch Geld für den Stromkauf). Die Dreckschleudern im Ausland können ja nicht abgestellt werden und müssen ihre Elektroenergie auf Teufel komm raus loswerden. Zum richtigen Bedarfszeitpunkt kann dann bei uns mit den Wasserkraftwerken aus den vollen Stauseen wieder sauberer Strom produziert werden. Diese geniale Umwandlung, so dachte sich Waldmeyer, ist eigentlich wie eine von Mensch geschaffene Photosynthese: CO2 wird quasi vernichtet.
Natürlich wusste Max Waldmeyer, dass mit diesem raffinierten Prozess nur ein Teil des Stroms „gesäubert“ wird. Immerhin haben wir in der Schweiz keine Dunkelflaute. Wasser können wir immer runterfliessen lassen und so Strom produzieren, den Alpen sei Dank. Nur reicht es nicht für alle. Man müsste also mehr Wasserkraftwerke bauen, ganze Talschaften sperren und riesige Stauseen anlegen. Man könnte z.B. das ganze Wallis stauen – vom Aletschgletscher bis kurz vor Monthey. Die Bewohner des eh dünn besiedelten und nicht sehr wirtschaftskräftigen Kantons könnten an die schönen Hanglagen umgesiedelt werden (mit Blick auf den neuen See), der Tourismus so auch im Tal unten angekurbelt werden. Alles könnte spielend mit dem zeitoptimierten Stromverkauf an Deutschland finanziert werden. Während den Perioden der teutonischen Dunkelflauten eben. Unser Strom wäre dann sau-teuer, die Deutschen hätten aber keine Wahl.
„Charlotte, wir sollten wieder einmal ins Wallis“, meinte Max. Charlotte ahnte bereits, dass etwas faul war bei diesem Vorschlag. Max murmelte noch etwas von einer „demnächst grossen Baustelle im Wallis“ und blätterte weiter in den Autoprospekten.
Who is Max Waldmeyer ?
Max Waldmeyer existiert nicht. Trotzdem: Seine kritischen, sarkastischen und zum Teil absurden Gedanken und Kommentare sind interessant. Waldmeyer ist Mitte 50 und lebt gut bis sehr gut situiert im Einzugsgebiet von Zürich - genau genommen in Meisterschwanden am Hallwilersee (Gartenstrasse 4). Als Unternehmer fühlt er sich mikroökonomisch gestählt; seit einiger Zeit jedoch hat er sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und geniesst so mehr Freiheit in Gedanken und Zeit. Er beobachtet die ganze Welt – nicht zuletzt, weil er auf der Suche nach einem optimalen Second Home ist, einem zweiten Lebensmittelpunkt (2.LMP, wie er es nennt). Seine Frau Charlotte ist selbständige Interior Designerin und die einzige Person, die ihn ab und zu zu bremsen weiss. Die zwei Kinder, Noa und Lara, sind schon partiell aus dem Haus. Sie sind noch in der Ausbildung.Waldmeyer trägt eine IWC (früher eine Rolex) und fährt einen Porsche Cayenne (schwarz, innen auch).
Roland V. Weber (*1957) verbrachte einige Zeit seines Lebens mit ausgedehnten Reisen. Aufgewachsen in der Schweiz, studierte er Betriebswirtschaft in St. Gallen und bekleidete erst verschiedene Führungspositionen, bevor er unabhängiger Unternehmensberater und Unternehmer wurde. Er lebt in den Emiraten, in Spanien und in der Schweiz. Seit Jahren beobachtet er alle Länder der Welt, deren Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Er bezeichnet sich selbst als «sesshafter digitaler Nomade», als News Junkie, Rankaholic und als Hobby-Profiler.
Roland Weber schreibt übrigens nur, was er auch gerne selbst lesen würde – insbesondere, wenn Sachverhalte messerscharf zerlegt und sarkastisch oder ironisch auf den Punkt gebracht werden.
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