In einem umfassenden Bericht zeigt die «Weltwoche» auf, wie Bundesbern die Schweizer Verleger mit Subventions-Millionen überschüttet. Dabei wissen Bundesrat und Parlament oft nicht einmal selbst, wer das Steuergeld einsackt.
Im Bild von links nach rechts: Michael Ringier (Ringier-Verlag), Philippe Hersant (ESH Médias), Pietro Supino (TX Group) und Peter Wanner (CH Media). (Bildmontage: Linth24)
Die Weltwoche legt in ihrer jüngsten Ausgabe offen, wie Bundesrat und Parlament die Gunst der Medien kaufen. Nachfolgende Zusammenfassung des Berichts zeigt, wie die Verleger zugreifen und dabei ihre Rolle als vierte Macht im Staat verscherbeln.
• Mit dem «Massnahmenpaket zugunsten der Medien», welches das Parlament im Juni abgesegnet hat, möchte Bundesbern die jährlichen Medien-Subventionen von heute 53 auf 178 Millionen Franken hochschrauben. Dagegen hat ein bürgerliches Komitee das Referendum ergriffen.
• Von den 178 Millionen würden gegen 130 Millionen an die grossen Schweizer Medienhäuser gehen. Grösster Subventionsempfänger wäre die Tamedia-Gruppe (Tages-Anzeiger usw.) der Familie Coninx/Supino. Pietro Supino ist Präsident der Schweizer Verleger. Sein Familienclan besitzt ein Vermögen von 1 bis 1.5 Milliarden Franken. Profiteur Nr. 2 wäre der auf Schloss Bickgut ob Würenlingen residierende Medienfürst Peter Wanner von CH Media. Er gibt über 80 Medientitel heraus und ist Vizepräsident des Verlegerverbandes. Drittgrösster Subventions-Empfänger wäre die Familie Ringier, deren Vermögen die Bilanz auf rund 1 Milliarde schätzt. Platz 4 belegt die begüterte Bündner Verleger-Familie Lebrument. Der Firmenpatron war bis Ende 2016 Präsident des Verlegerverbandes. Auf Rang 5 der Subventions-Proviteure würden es die Aktionäre der NZZ-Gruppe schaffen. Und Platz 6 ginge an den welschen Verleger – und Milliardär – Philippe Hersant.
• Schon heute macht der Bund die Medien mit Millionen gefügig: Erstens beglückt er sie mit dem Mindest-Mehrwertsteuersatz von 2.5 Prozent, womit sie jährlich 130 Millionen sparen. Weitere 50 Millionen schickt Bundesbern Jahr für Jahr der Post, damit die Verleger ihre Zeitungen und Zeitschriften billig verteilen können. Im Weiteren schanzt der Bund den Lokalradios und Lokalfernseh-Sendern, meist in den Händen der Verleger, aus den SRF-Gebühren jedes Jahr 81 Millionen Franken zu. Die TV-Sender erhalten davon jährlich je bis 5 Millionen Franken, die Lokalradios 1.2 bis 3.5 Millionen.
• Dank dem neuen 178-Millionen-Medien-Gesetz würden die Verlage künftig auch noch Millionen für ihre Nachrichtenagentur und für IT-Projekte erhalten. Obendrein erhielten sie vom Staat für jedes Online-Abo 60 Prozent des eingegangenen Abonnements-Betrages überweisen!
• Zusätzlich möchte der Bund die Monopole der heutigen Verlage betonieren. Dazu schliesst er gezielt marktverzerrend alle Gratismedien von seiner Geldschwemme aus. Also die einzigen Medien, die den Monopol-Verlegern noch gefährlich werden könnten.
• Wie der Bundesrat vor den Medien kuscht, zeigt die Corona-Krise in aller Deutlichkeit: Obwohl allein die vier grössten Verlage im letzten Corona-Jahr 275 Millionen Franken verdienten, schickte der Bundesrat den Medien als Corona-Entschädigung volle 77.5 Millionen Franken zu. Einfach so! Jedes konzessionierte Lokalfernsehen erhielt 901'327 Franken und jedes Privatradio 487'128 Franken. Der Nachrichtenagentur Keystone-SDA liess der Bundesrat zugunsten der Verlage 10 Millionen überweisen und 20 Millionen schickte er der Post, damit die Verleger ihre Medien praktisch gratis verteilen können.
• Bei den 80 Millionen Franken, die der Bund letztes Jahr an die Post und die Nachrichtenagentur überwies, weiss man in Bundesbern aber nicht einmal, wer das Geld einsackt. Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) schreibt dazu, wie viel Geld an welches Verlagshaus gehe, sei für den Bund «nicht relevant».
• 72 Politikerinnen und Politiker und ein Journalisten-Manifest retten die Ehre des Staats. Sie wehren sich gegen das unnötige und schädliche Medien-Subventionsgesetz. Ebenso der NZZ-Verlag, der am 28. Juli mitteilte, dass er vom Subventions-Gesetz zwar profitieren würde, es aber trotzdem ablehne.
• Das Referendum gegen das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» läuft noch bis zum 1. Oktober 2021. Der Unterschriftenbogen zur Unterstützung des Referendums kann auf www.staatsmedien-nein.ch bestellt oder ausgedruckt werden.
Es folgt der Bericht aus der «Weltwoche» vom 12. August 2021 von Autor Bruno Hug. Der Bericht ist gegenüber dem Original der einfacheren Lesbarkeit mit wenigen zusätzlichen Zwischentiteln versehen worden:
Der Bund will die grossen Verlage noch stärker unterstützen. Dabei weiss schon heute niemand, wer wie viel einsackt. Sicher ist: Das Steuerzahlergeld landet bei Reichen und Superreichen.
Noch bis zum 1. Oktober läuft die Referendumsfrist gegen das vom Parlament im Juni abgesegnete «Massnahmenpaket zugunsten der Medien». Mit diesem «Paket» möchten Bundesrat und Parlament die jährlichen Subventionen an die Schweizer Medien von heute 50 auf 178 Millionen Franken hochschrauben.
Als Mitglied des Komitees, das gegen dieses Gesetz das Referendum ergreift, wollte ich deshalb von Bern wissen, wer mit dem Staatsgeld bedient werden solle. Ich kam auf die Welt: Der Bund weiss das oft nicht einmal selbst.
Unverschämtes Komplott
Zuerst zum Mediensubventionsgesetz: Wie ich noch belegen werde, würden von den künftigen 178 Subventionsmillionen praktisch durchwegs die heute arrivierten Verlage profitieren. Zugleich werden Gratismedien, ob Zeitung oder Online, vom staatlichen Geldsegen ausgeschlossen. Mit dieser gezielten Marktverzerrung würde der Bund den heutigen Medienkonzernen deren Monopole absichern und sie im Gegenzug mit Staatsgeld gefügig machen. Das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» ist somit nichts anderes als ein unverschämtes Komplott zwischen Politik und Medien.
Aber-Millionen vom Bund
Wie dieses befremdliche Spiel schon heute funktioniert, zeigen folgende Fakten: Erstens beglückt der Bund die Medien (grundlos) mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent. Damit schenkt er den Verlegern jährlich rund 130 Millionen Franken.
Weitere 50 Millionen Franken schickt er jedes Jahr der Post, damit die Verlage ihre Zeitungen und Zeitschriften zum Billigtarif verteilen können.
Zusätzlich schanzt Bundesbern den privaten Medien Jahr für Jahr 81 Millionen aus den SRF-Zwangsgebühren zu. Daraus resultiert, dass private TV-Lokalsender wie La Télé (Waadt), Canal 9 (Wallis) oder TV Südostschweiz jährlich und ohne nachfragen zu müssen je rund 5 Millionen Franken erhalten! Andere lokale TV-Stationen wie Tele M1, Tele Top, Tele Ticino, «TVO – Das Ostschweizer Fernsehen», Tele Bärn und so weiter werden jährlich mit 3 bis 4,5 Millionen beschenkt.
Meinungsvielfalt am Ende
Ähnliches geschieht bei den Lokalradios, die wie die lokalen TV-Sender fast durchwegs in Händen der Verleger sind. Sie erhalten – pro Radio – jedes Jahr zwischen 1,2 und 3,4 Millionen Franken. Die Höchstsumme geht an Radio Arc Jurassien, dann folgt Radio Südostschweiz mit 3,2 Millionen.
Daraus ergibt sich ein Beispiel, das exemplarisch zeigt, wie schädlich Mediensubventionen sind: Der Churer Somedia- Verlag wird für sein Lokalradio und sein Lokal-TV pro Jahr mit 8,1 Millionen Franken subventioniert. Dazu kommen noch die Subventionen für die Zeitungsverteilung sowie Inseraten- und Staatsaufträge. Dass gegen derartige Subventionsriesen – ob in Graubünden oder anderswo – nie mehr Konkurrenz aufkommen kann, ist klar. Ebenso klar ist, dass damit auch die Medien- und Meinungsvielfalt am Ende ist.
Geldsegen trotz Millionen-Gewinn
Speziell deutlich hat sich in der Corona-Krise gezeigt, wie sich die Politik den Medien reflexartig andient und deren Gunst kauft. Obwohl allein die vier grössten Verlage im letzten Corona-Jahr operativ 275 Millionen Franken verdient haben, schickte der Bundesrat den Schweizer Medien als Corona-Entschädigung – einfach so – 77,5 Millionen Franken.
Davon erhielten die lokalen Fernsehstationen je 901 327 Franken überwiesen und die Privatradios je 487 128 Franken. Der Nachrichtenagentur Keystone-SDA liess der Bundesrat 10 Millionen überweisen. Und gut 20 Millionen schickte er der Post, damit die Verleger ihre Zeitungen während Corona eineinhalb Jahre lang praktisch gratis verteilen konnten.
Tipp vom Verlegerverband
Wer derart viel Geld verteilt, müsste eigentlich wissen, wer es erhält. Deshalb fragte ich am 22. Januar 2021 beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) nach, welcher Verlag von den jährlichen 50 Millionen, die der Bund der Post überweist, in welchem Ausmass profitiere. Zugleich interessiere, wer wie viel von den 30 Corona-Millionen, die der Bund der Post und der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zuschob, für sich abzweigen könne.
Doch das Bakom wehrte die Fragen eisern ab. Es schrieb, es überweise die Gelder an die Post und die Nachrichtenagentur. Wie viel an welches Verlagshaus gehe, sei für das Bakom «nicht relevant». Fazit: Der Bund verteilt 80 Millionen und weiss nicht, wer sie erhält!
Auch der Verlegerverband schweigt. Sein Geschäftsführer teilte dem Komitee «Staatsmedien Nein» mit, wer von den künftigen 178 Millionen wie profitiere, wisse man nicht. Der Geschäftsführer des Verbandes wies aber noch darauf hin, dass das welsche Onlineportal Heidi.news zur Verteilung der Staatsmillionen Schätzungen gemacht habe.
Milliardäre als Profiteure
Da der Tipp vom Verlegerverband selbst kam, dürften die Zahlen verlässlich sein: Am meisten würde der Tamedia-Verlag (TX Group) der Verlegerfamilien Coninx/Supino profitieren, deren Vermögen auf 1 bis 1,5 Milliarden geschätzt wird (Tamedia-Chef Pietro Supino ist Präsident des Schweizer Verlegerverbandes).
Zweitgrösster Profiteur wäre der auf Schloss Bickgut ob Würenlos residierende Medienfürst Peter Wanner mit seinem CH-Media-Imperium (er ist Vizepräsident des Verlegerverbandes).
Platz drei der Subventionsbezüger würde der Ringier-Verlag belegen. Das Vermögen der Ringiers wird gemäss der hauseigenen Zeitschrift Bilanz auf rund eine Milliarde Franken geschätzt.
Auf Platz vier würde es der begüterte Südostschweiz-Verleger Hanspeter Lebrument schaffen (er war vor Tamedia-Chef Supino Präsident des Verlegerverbandes).
Platz fünf ginge an den NZZ-Verlag. Und Profiteur Nummer sechs wäre das welsche Verlagshaus ESH Médias von Philippe Hersant. Auch er soll Milliardär sein.
Hochrechnungen zeigen, dass die sechs grössten Verlagshäuser von den jährlichen 178 Subventionsmillionen gegen drei Viertel respektive 130 Millionen Franken einsacken würden. Den Rest würden sich die weiteren Verleger des Landes aufteilen. Auch sie durchwegs vermögende Leute und gutsituierte Firmen.
Subventionen für Online-Abos
Dank dem neuen Subventionsgesetz würden die Verlage künftig aber nicht nur von der tiefen Mehrwertsteuer, der subventionierten Zeitungsverteilung und vom SRG-Topf profitieren, sondern erhielten auch noch Staatsgeld für ihre Nachrichtenagentur, für IT-Projekte und Online-Abos. Für Letztere würde ihnen der Bund zusätzlich 60 Prozent des eingegangenen Abonnementsgeldes überweisen. Wieder: einfach so, frei Haus!
Dass Bund und Verleger bei dieser Geldschwemme verheimlichen möchten, wer wie viel davon profitiert, leuchtet ein: Beim Bund scheut man sich wohl davor, offenzulegen, dass mit dem Steuergeld des Volks reiche Privatpersonen und Aktionäre subventioniert werden. Und den Verlegern dürfte es umgekehrt peinlich sein, wenn öffentlich wird, wie sie des Geldes wegen ihre Funktion als vierte Macht im Staat verscherbeln.
NZZ-Verlag rettet seine Ehre
Es bleiben mir noch drei Anmerkungen: Ich habe nichts gegen reiche Leute, Millionäre oder Milliardäre. Aber wenn sie beim Staat das sauer verdiente Steuergeld ihrer Kunden abholen wollen, ist das eindeutig zu viel des Guten.
Zweitens: Am 28. Juli hat der NZZ-Verlag mitgeteilt, dass er zwar vom neuen Medienförderungsgesetz profitieren würde, das Gesetz aber trotzdem ablehne. Das Medienhaus rettet damit seine publizistische Ehre – und dürfte gleichzeitig realisiert haben, dass die sogenannte «Medienförderung» nächsten Frühling vom Volk wohl bachab geschickt werden wird.
Erfreulich ist drittens auch, dass sich 72 Mitte- und bürgerliche Politikerinnen und Politiker zusammengeschlossen haben und sich gegen das neue Mediengesetz stellen. Sie wollen nicht, dass der Staat die Medien kauft. Oder wie es Mitte-Ständerat Benedikt Würth (SG) ausdrückt: Die Medien müssten die Politik kontrollieren und nicht die Politik die Medien.
Bruno Hug ist Verleger des Online-Portalverbundes Portal24, Vorstand des Referendumskomitees www.staatsmedien-nein.ch und Präsident des Verbandes Schweizer Online-Medien (VSOM).
Bruno Hug ist Verleger von linth24.ch und Präsident Verband Schweizer Online-Medien (VSOM). Er wohnt in Rapperswil-Jona.
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