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Pro und Contra | Götte vs. Scheck

Mehr Geld für das Militär? Er sagt: «Das Armeebudget muss erhöht werden». Sie kontert: «Kein Rappen fliesst an die richtigen Stellen»

Mit welchen finanziellen Mitteln soll unsere Landesverteidigung künftig aufgestellt werden? Braucht es aufgrund der aktuellen Lage mehr Mittel? Oder sollte sich die Schweiz als neutrales Land zurücknehmen? SVP-Nationalrat Michael Götte und SP-Parteipräsidentin Andrea Scheck beziehen Stellung.

Marcel Baumgartner am 27. Februar 2024

Unsere Sicherheit ist nicht mehr garantiert - von SVP-Nationalrat Michael Götte

«In der Landesverteidigung geht es um die Zukunft der Schweiz sowie die Sicherheit der Bevölkerung und nicht um Zahlen. Trotzdem helfen einige wenige Kennzahlen zu verstehen, in welchem Umfang ein Land bereit ist, für seine Sicherheit selbst zu sorgen.

Weltweit hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass ein Staat rund 2 % des Bruttoinlandsprodukts in die Armee investieren sollte. Das Bruttoinlandsprodukt misst den Gesamtwert aller Produkte und Dienstleistungen, die innerhalb eines Jahres in einer Volkswirtschaft produziert werden.

Die Vereinigten Staaten von Amerika, die heute die militärische Sicherheit Europas garantieren, geben jedes Jahr 3,5% des Volkseinkommens für das Militär aus. In Israel sind es 4,5%, im Vereinigten Königreich 2,2%.

Ganz anders die Schweiz. Hier hat man bei der Landesverteidigung in den vergangenen Jahrzehnten ohne Rücksicht auf Verluste die Sparschraube angesetzt. Gleichzeitig haben sich die Ausgaben für den Sozialstaat verfünffacht.

Seit 1990 sackten die Ausgaben für die Armee auf 0.8% des Bruttoinlandsprodukts der Schweiz ab. Unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges hat das Parlament entschieden, die Armeemittel bis 2030 schrittweise auf 1% aufzustocken. In der Zwischenzeit allerdings gab es bereits einen ersten Rückzieher. Das Ausbauziel soll erst 2035 erreicht werden.

Der Sparbeitrag der Armee an die allgemeinen Bundesfinanzen betrug seit 1998 rund 40 Milliarden. Genau der Betrag, welcher für die vollständige Ausrüstung fehlt. Nimmt man das 1%-Ziel als Massstab, dann hat die Schweiz auf dem Buckel der Landesverteidigung seit 1990 sogar 140 Milliarden Franken eingespart. Mit unübersehbaren Konsequenzen. Unsere Armee ist nur noch beschränkt einsatzfähig. Viele Waffensysteme sind veraltet. Auf neue militärische Bedrohungen können wir nicht reagieren. Unsere Sicherheit ist nicht mehr garantiert.

Die Schweiz muss das Armeebudget deutlich erhöhen. Und zwar sofort. Irgendwann muss auch die letzte Parlamentarierin und der letzte Parlamentarier begreifen, dass es bei den Staatsausgaben um das Notwendige und nicht um das Wünschbare geht.

Dabei spreche ich keinesfalls nur vor Waffensystemen. Vielmehr ist es unsere wichtigste Aufgabe dafür zu sorgen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten ihren Auftrag bestens ausgerüstet erfüllen können. Es geht um Menschen. Wer Militärdienst leistet, verdient unsere vorbehaltlose Solidarität.»


Für wen ist genug da? - von Andrea Scheck, Präsidentin der SP St.Gallen

«“Die Armee hat kein Finanzproblem,” erklärten die Schweizer Armeechefs in den letzten Wochen in Dauerschleife. Alle Ausgaben könnten bewältigt werden, es seien keine Ausfälle zu befürchten, man habe alles im Griff. Na hoffentlich, mag mancher gedacht haben. Immerhin haben National- und Ständerat erst im Sommer 2022 beschlossen, das Militärbudget einmal mehr aufzustocken.

Neben einer sofortigen Erhöhung wurden die Militärausgaben an das BIP-Wachstum gekoppelt: Bis 2035 sollen sie 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts betragen, also insgesamt rund 9,1 Mia. Franken pro Jahr. Damit hat die Armee quasi einen Blankoscheck: Das Budget ist garantiert, die Erhöhung soll automatisch passieren, ohne politische Debatte und unabhängig vom tatsächlichen Bedarf.

Damit erklärt sich auch die aktuelle, absurde Situation: Während die Armee Zahlungen aufschiebt – quasi noch den letzten Rechnungen hinterherrennt – sollen schon wieder neues Material, neue Waffen und neue Munition bestellt werden. Eine absolut blinde Ausgabenpolitik, die in keinem anderen öffentlichen Bereich denkbar wäre!

Höchst ironisch wirkt diese Diskussion auch im Vorfeld der AHV-Abstimmung: Für die Altersvorsorge soll das Geld fehlen – aber für die Armee ist es da? Die massive Erhöhung der Militärgelder bedeutet, dass weniger für alle anderen Bereiche übrig bleibt. Mit dem Militärbudget wird keine einzige Rente bezahlt, kein Lehrer ausgebildet und keine Pflegerin besser bezahlt. Und klar ist auch: Kein Rappen davon fliesst an Kriegsopfer oder an Menschen, die hier Schutz vor Krieg und Krise suchen.

Das wirft unweigerlich die Frage auf, welche Sicherheitspolitik die Schweizer Bevölkerung eigentlich braucht. Umgeben von EU- und NATO-Staaten hilft uns eine blinde Aufrüstung kaum gegen einen realen Feind. Viel hilfreicher wäre ein umfassendes Sicherheitskonzept, das auf sozialer und ökologischer Sicherheit sowie einem starken Gesundheitssystem basiert und somit die Krisen der Zukunft verhindert.»

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Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

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