Sie möchte die Nummer zwei in der ewigen Schweizerbestenliste werden – und dafür trainiert die Kugelstosserin Miryam Mazenauer täglich hart. Weshalb sie trotzdem nicht die Motivation verliert und was der Schwingsport damit zu tun hat, erzählt sie im Interview.
16.22 Meter hast du an den Schweizer Hallen-Meisterschaften in St.Gallen die Kugel gestossen – erst zwei Schweizerinnen haben das vor dir geschafft. Wie ist dir diese beeindruckende Leistung gelungen?
Ich konnte während des Aufbaus, das heisst, zwischen September und Januar, optimal trainieren. Ich hatte keine Verletzungen, welche mich im Training eingeschränkt haben. Ausserdem habe ich deutlich mehr Trainingsstösse gemacht als in den Jahren davor. Damit konnte ich eine gute Grundlage festigen, um die Kugel weit zu stossen. Es deutete sich aufgrund von vorherigen Wettkämpfen an, dass 16 Meter möglich sein könnten. Hinzukommt, dass ich sehr gerne in St.Gallen an der SM stosse und mich jeweils sehr freue, vor heimischem Publikum weite Stösse zu zeigen.
Du hast relativ spät mit dem Sport angefangen. Mit zehn Jahren bist du dem TV Teufen beigetreten. Hat es dich davor nicht so interessiert – oder wie kam es?
Als Kind war ich schon immer sehr aktiv und hatte viel Energie. Diese habe ich zu Hause «rausgelassen». Meine Eltern und ich wohnen nicht zentral, weshalb ich viel Platz hatte, um mich im Garten und im Wald zu bewegen. Zu Beginn meiner Primarschulzeit war ich Mitglied im Skiclub Bühler und stand im Winter einmal wöchentlich auf den Ski. Dort entdeckte ich die Liebe zum Sport. An einem Schulsporttag qualifizierte ich mich für den damaligen Erdgas Athletic Cup, heute der UBS Kids Cup, für den Regionalfinal. An diesem nahm ich voller Freude teil und der damaligen Riegenleiter der Leichtathletik des TV Teufens, Hans Koller, hat mich angesprochen, ob ich nicht in die Leichtathletik kommen möchte. Dies tat ich auch. Später meinten meine Eltern, ich müsse mich entscheiden – und ich legte den Fokus auf die Leichtathletik. Danach ging es sehr schnell voran, im Jahr 2012 war ich bereits Sportschülerin bei Appenzellerland Sport.
Kugelstossen gehört nicht zu den bekanntesten und beliebtesten Sportarten. Weshalb empfindest du anders? Kam das zufälligerweise bei dir?
Für mich ist es faszinierend, wie das Zusammenspiel von Kraft, Schnelligkeit und Technik funktioniert. Ebenso muss das Timing im 2m 14cm grossen Ring exakt passen. Nicht zu vergessen ist der mentale Aspekt. Es ist sehr wichtig, in der Bewegung locker zu bleiben, um weit zu stossen. Je verkrampfter der Körper wird, desto schlechter werden die Stösse.
Zu Beginn, in meinen Anfangsjahren, hatte ich gute körperlichen Voraussetzungen im Vergleich zu der Konkurrenz - durch meine Grösse - und ich konnte so früh viele Erfolge feiern. Mit dem Wechsel auf die komplexere Drehstosstechnik wagte ich mich an ein neues Projekt, welches mir das Kugelstossen noch «schmackhafter» machte, durch die diversen Übungen im Training und der Bewegung.
Du trainierst sehr hart für den Erfolg. Woher holst du dir die Motivation?
Einerseits durch die Erfolge und die weiten Stösse im Sommer. Ebenso möchte ich mich selbst immer wieder verbessern, sei dies im Kraftraum oder auf der Kugelstossanlage. Meine «Trainingsgspänli» Michael Bless und Raphael Zwyssig am Morgen früh im Kraftraum helfen mir auch stets, motiviert zu bleiben.
Gibt es nebst dem Sport noch andere Sachen, die dir wichtig sind?
Sehr gerne schaue ich am Wochenende anderen Sport. Dies kann Eishockey, Handball oder Unihockey sein. Wenn ich nicht an einer Sportveranstaltung bin, backe ich sehr gerne. Und wenn das Wetter schön ist, verbringe ich Zeit draussen in der Natur. Oder ich trinke mit Freunden einen Kaffee.
Gerade in den Jugendjahren ist für viele alles andere wichtiger als der Sport. Wie war oder ist es bei dir? Kommen andere Sachen da zu kurz?
Für mich sind andere Sachen nicht zu kurz gekommen. Wir waren eine Trainingsgruppe, welche aus guten Kolleginnen bestand und wir hatten so jeweils viel Spass im Training. Das Training fühlte sich so nicht wie Training an. Man lernt auch zu schätzen, dass es nicht jedes Wochenende möglich ist, feiern zu gehen. Wenn man dann geht, geniesst man es umso mehr.
Welche nächsten Ziele hast du dir gesetzt?
Eine gute Punktzahl für die Schweiz an der Team EM erreichen. Diese findet vom 23.6 bis 25.6 statt. Für diese Saison möchte ich eine Top 8 Rangierung an der Universiade, dem Wettkampf für Studierende, im August in Chengdu, China, erreichen. Weitentechnisch möchte ich dieses Jahr die 17 Meter-Marke übertreffen und somit die Nummer zwei in der ewigen Schweizerbestenliste werden. In der nächsten Saison möchte ich die 18 Meter- Marke erreichen. Der aktuelle Schweizerrekord liegt bei 18.02m. Ausserdem ist die Teilnahme an Europameisterschaften und Weltmeisterschaften ein grosses Ziel von mir.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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