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Thursanierung schiesst über das Ziel hinaus

«Mitwirkung war eine Alibiübung»

Die IG «Vernünftiger Hochwasserschutz an der Thur» kritisiert, dass die geplante Thursanierung in Wattwil unverhältnismässig viel Land verschleisse. Auch die Kosten, Sicherheit und der Verlust von Bäumen werden kritisiert.

Die Ostschweiz am 22. Februar 2023

In einer gestern versandten Pressemitteilung nimmt die IG «Vernünftiger Hochwasserschutz an der Thur» zu den noch bis 4. März öffentlich aufgelegten Pläne für die 1. Etappe Stellung. So heisst es:

Im Wasserbauprojekt «Thursanierung Wattwil» liegt derzeit die 1. Etappe öffentlich auf (Thurabschnitt oberhalb der Waisenhausstrasse). Dazu gingen im Mitwirkungsverfahren

im Frühling 2022 nebst der Eingabe der IG «Vernünftiger Hochwasserschutz an der Thur« (IG VH Thur) 50 weitere Rückmeldungen ein. Negatives Feedback gab es vor allem zu den Themen Landverbrauch, Kosten, Sicherheit, Verlust der Alleebäume sowie Dimensionierung der Thurwege. Gemäss Projektleitung wurde für die 1. Etappe jedoch lediglich die Umgebungsgestaltung bei den Hochhäusern angepasst (Linienführung der Langlaufloipe) und beim Stelzen- und Uelisbach soll die Bestockung lokal umgepflanzt werden. Somit wurde keiner der erwähnten Kritikpunkte berücksichtigt und die Projektverantwortlichen halten trotz der zahlreichen Mitwirkungseingaben fast vollumfänglich an ihren Detailplänen von Ende 2019 fest. Die IG sieht sich deshalb in ihrem Eindruck bestätigt, dass die als «Mitwirkung» deklarierte Gestaltungsmöglichkeit der Bevölkerung eine reine Alibiübung war.

Willkürliche Festlegung des Gewässerraums

Die Breite des Gewässerraums wurde auf 75 Meter festgelegt, basierend auf einem einseitigen Gutachten der Firma INGE Flussbau, in welchem eine «natürliche» Gerinnesohle der Thur konstruiert wurde. Für einen wirksamen Hochwasserschutz und die ökologischen Anliegen wäre ein wesentlich geringerer Gewässerraum jedoch auch ausreichend. Gemäss Fachbericht wurden bei der Interessensabwägung der Hochwasserschutz sowie die Zugänglichkeit und die ökologischen Aspekte berücksichtigt. Weil dabei der sorgsame Umgang mit den Ressourcen Boden (im Siedlungsraum) und Kulturland (in der Landwirtschaftszone) keine Beachtung fand, ist die IG der Meinung, dass die Interessensabwägung nicht ausgewogen erfolgte und die Breite des Gewässerraums somit willkürlich festgelegt wurde. Wie stark die vorgesehenen Eingriffe in die Landschaft und ins Grundeigentum der Thuranstösser sind, zeigt sich auch darin, dass der Gewässerraum bis an die auf beiden Seiten dem Gewässer am nächsten liegenden Gebäude ausgedehnt werden soll.

Wattwil 1946

Wattwil 1946.

Widersprüchliche Angaben in den Auflagedokumenten

In diesem Zusammenhang bemängelt die IG auch die Widersprüche beim Thema Fruchtfolgefläche. Unterschiedliche Aussagen dazu im Umweltbericht, im Fachbericht Boden und im Planungsbericht zum Sondernutzungsplan sowie unterschiedliche Angaben zu den Flächen, welche irreversibel verbaut werden, lassen erheblich an der Qualität der Planung zweifeln.

Enormer Landverschleiss

Die Thursanierung verbraucht sehr viel Land: Allein für die 1. Etappe mit einer Flusslänge von nur 400 Metern müssen die Anstösser mehr als 5000 Quadratmeter Land abgeben, was der Fläche von fast einem Fussballplatz entspricht. Gemäss Statistik des Bundes werden in der Schweiz seit Jahrzehnten jede Minute 60 Quadratmeter gutes Kulturland vernichtet. Die IG verurteilt dies scharf und erwartet von den Projektverantwortlichen der Thursanierung einen äusserst sorgsamen Umgang mit dem noch vorhandenen Kulturland.

Thursanierung fördert Klimaerwärmung

Oberhalb der Waisenhausstrasse (1. Etappe) sowie später im Rickenhof und in der Hinteren Schomatten soll das Thurbett bis auf 40 Meter verbreitert werden. Bei normalem Wasserstand verwandelt dieser Eingriff dort das Flussbett in eine hässliche Steinwüste.

Im Zuge der gesamten Thursanierung soll auch die Mehrheit der rund 450 altehrwürdigen Alleebäume gefällt werden, obwohl das Abholzen der prächtigen Allee keinerlei besseren Schutz vor Hochwasser bewirkt. Danach wird es viele Jahrzehnte dauern, bis die als Ersatz vorgesehenen Jungbäume wieder in vollem Umfang Schatten spenden.

Die Niederschlagsarmut infolge zunehmender Hitzeperioden sowie fehlender Schatten und die neu geschaffene Steinwüste bilden eine toxische Kombination, welche eine fatale Erwärmung des Flusswassers sowie eine enorme Hitzeabstrahlung zur Folge haben wird.

Falls so umgesetzt wie vorab der Kanton sie derzeit plant, wird die Thursanierung zwangsläufig zu regelmässigen Notabfischungen und negativen Auswirkungen auf das Klima führen. Für die IG ist es deshalb unverständlich, dass die Umweltorganisationen dieses Projekt trotz seiner umweltschädlichen Auswirkungen befürworten und sich der Suche nach einem Konsens verweigern.

Die Allee entlang der Thur ist gesetzlich geschützt. Zudem ist ein grosser Teil des von der Flussbettverbreiterung betroffenen Landwirtschaftslandes in Gemeindebesitz. Die IG erwartet deshalb vom Gemeinderat, dass er auf dem Schutz und Erhalt der bestehenden Alleebäume beharrt und entschlossen sowohl deren Kahlschlag als auch die Verschwendung von gemeindeeigenem Kulturland verhindert.

Fokus auf nachhaltigen Hochwasserschutz legen

Der Umfang der Thursanierung ist stark überdimensioniert und geht weit über das Erfordernis eines nachhaltig wirksamen Hochwasserschutzes hinaus. Dies treibt die Kosten enorm in die Höhe. Weil der Staat in der heutigen Zeit genügend andere Herausforderungen hat als -zig Millionen Steuerfranken für ein übertriebenes «Verschlimmbesserungs-Projekt» zu verbraten, ist die IG weiterhin klar der Meinung, dass das Projekt «Thursanierung Wattwil» auf den nachhaltigen Hochwasserschutz reduziert werden soll.

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