Was nehmen sich Ostschweizer Persönlichkeiten für das Jahr 2023 vor? Was bringt sie aus der Ruhe? Und was würde für ordentlich Überraschung sorgen? Heute im Interview: Michael Lindenmann (*1989), Head of Communications and Community Management.
Gibt es einen privaten oder geschäftlichen Moment, der für Sie das Jahr 2022 unvergesslich macht?
Weil mein Beruf gleichzeitig mein Hobby ist, lassen sich berufliche und private Ereignisse nicht wirklich trennen. So betrachtet war mein Wechsel als Head of Communications and Community Management zur Agentur am Flughafen sicherlich der prägendste Moment im Jahr 2022. Zumal ich als «Jungspund» in einer mit über 300 internationalen und nationalen Awards ausgezeichneten LSA-Agentur noch immer viel lernen, aber auch viel bewegen kann.
Unter welchem Motto würden Sie das zu Ende gehende Jahr «archivieren»?
Unter Berücksichtigung der bisherigen und aktuellen Debatten rund um den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sowie des Hinschieds von Königin Elisabeth II., Michail Gorbatschow und Paul Veyne, einem der bedeutendsten Althistoriker des 20. Jahrhunderts, liesse sich von einer Zeitenwende sprechen. Als Historiker bin ich allerdings der Auffassung, dass wir die Beurteilung, ob wir uns mit einer Zeitenwende konfrontiert sehen oder nicht, nachfolgenden Generationen von Historikerinnen und Historikern überlassen sollten. Entsprechend würde ich das zu Ende gehende Jahr, um Kurt Weigelt zu paraphrasieren, eher als von tagespolitischem Aktionismus geprägt bezeichnen, gepaart mit der Tendenz, schlafwandelnd dem Weltuntergang entgegenzutaumeln.
Wie stark orientieren Sie sich an Eckpunkten wie dem Jahreswechsel? Ziehen Sie dann jeweils ein Fazit? Geht etwas zu Ende? Oder ist es einfach nur eine Zahl von 365?
Mutter Erde kreiste schon lange vor dem Erscheinen unserer Spezies um die Sonne und wird dies auch noch im Fall unseres Verschwindens tun. Daher stehe ich Jahreswechseln sehr gelassen gegenüber. Aber ich schätze die Adventszeit und die Festtage, die ich gern mit Familie und Freunden verbringe. Zumal sich dann jeweils sogar Agnostikerinnen und Agnostiker sowie Atheistinnen und Atheisten auf Gespräche über Gott einlassen.
Haben Sie sich für das Jahr 2023 privat oder beruflich etwas Besonderes vorgenommen?
Ich bin noch immer, aber leider mehr schlecht als recht dabei, mein altes «Kampfgewicht» zurückzugewinnen. Schauen wir mal, ob es nächstes Jahr für mehr als nur eine Nummer kleiner reicht. Da 2024 die 200-Jahr-Feier der Zofingia St. Gallen ansteht, darf ich in meiner Funktion als OK-Präsident mit einem engagierten Team schrittweise in die Umsetzungsphase gehen. Daneben steht das nächste Modul meines Master of Advanced Studies in Communication Management and Leadership auf dem Programm.
Wie konsequent sind Sie ganz allgemein darin, Vorsätze in die Tat umzusetzen?
Abgesehen von mehr sportlicher Betätigung und weniger Glimmstängeln habe ich meine Vorsätze in die Tat umgesetzt. In diesem Zusammenhang bin ich auch etwas reifer geworden, sprich ich tanze lieber nur noch auf wenigen Hochzeiten.
Was bringt Sie jeweils aus der Ruhe?
Nach bald einem Jahrzehnt in der Kommunikationsbranche, Stichwort «organisiertes Chaos», bringt mich kaum mehr etwas aus der Ruhe.
Und wo finden Sie am besten zur Ruhe?
Am besten abschalten kann ich in meiner «museal» eingerichteten Wohnung, um eine Kollegin zu zitieren. Dort lese ich ein gutes Buch, eine Ausgabe von «Cato», «NZZ Geschichte» oder «Schweizer Monat», schaue eine Dokumentation bei Arte, übe mich wie zu Gymnasialzeiten im Übersetzen lateinischer oder altgriechischer Texte, beobachte meine Fische oder probiere neue Kochrezepte aus.
Womit kann man Sie überraschen?
Ich bin grundsätzlich ein sehr strukturierter Mensch. Entsprechend schätze ich es, wenn eine Kollegin oder ein Kollege mich spontan zu einem Ausflug in die Oper oder etwas Ähnlichem einlädt. Ich bewege mich mehrheitlich in einem liberal-konservativen bzw. konservativ-liberalen Umfeld. In diesem Zusammenhang freue ich mich über Situationen, in denen meine Auffassungen kritisch hinterfragt werden und es zu einer anregenden Diskussion kommt. Bei guten Argumenten habe ich auch schon meine Meinung revidiert.
Und was hoffen Sie für sich persönlich: Welche Überraschungen sollte Ihnen das nächste Jahr bieten?
Solange es keine unangenehmen sind, lasse ich es einfach einmal auf mich zukommen; um Kaiser Augustus zu zitieren: «Festina lente!»
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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