Marula Eugster
Mit der «Sanddorn-Balance» wurde sie weltberühmt. Nun will Marula Eugster mit ihrem neuen Kunst- und Tanzprogramm «Sospiri» an die Erfolge anknüpfen – aber auch wieder intimere Momente mit dem Publikum in der Ostschweiz feiern.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine ergänzende Information zu einem im Printmagazin «Die Ostschweiz» publizierten Artikel. Das Magazin kann hier im Jahresabo (6 Ausgaben) für 69 Franken bestellt werden.
Welche Bestimmung habe ich in meinem Leben? Wo ist mein Platz auf der Welt? Diese literarischen und tiefgründigen Fragen stellt das neue Programm «Sospiri» von Marula Eugster Rigolo an die Zuschauer, die Mitwirkenden – und nicht zuletzt an sich selbst. Wobei: Ihren Platz hat die 29-jährige Ostschweizerin gefunden: auf der Bühne, im Rampenlicht. Dies zumindest in beruflichen Belangen. Privat ist sie eine eher zurückhaltende Person. «Natürlich gab es auch bei mir eine Phase der Rebellion», sagt sie lachend. In etwa dann, als sie sich in ihrer Jugendzeit überlegte, eben nicht den künstlerischen Weg einzuschlagen, der im Hinblick auf ihre Eltern, den Gründern des damaligen Tanztheaters Rigolo, eigentlich auf der Hand lag. «Ich überlegte mir damals, Kindergärtnerin zu werden», erinnert sich Marula Eugster zurück. Als sie jedoch für ihre Abschlussarbeit auf der Bühne ein Stück vorführte, kam mit ihm auch das «Aha-Erlebnis». «Das war für mich ein Schlüsselmoment, der mir aufzeigte, was ich wirklich machen will.» Es sei nach wie vor einfach magisch, etwas monate- oder gar jahrelang vorzubereiten, und dann auf der Bühne zu stehen und die Reaktionen der Zuschauer zu spüren.
Unterstützung der Eltern
Sport war schon immer die grosse Leidenschaft von Marula Eugster. Seit Klein auf erhielt sie Tanzunterricht. Die Leidenschaft teilt sie mit ihrer ältesten Schwester Lara, während die mittlere der drei Geschwister, Nuria, General Management studierte. Somit sind die Bereiche der zweiten Generation des Tanztheaters auch klar geregelt. Aber auch die Eltern sind nach wie vor mit tatkräftiger Unterstützung mit dabei. «Wir fragen fast täglich nach diversen Tipps oder Ratschlägen, weil sie eben so unglaublich viel Erfahrung haben», so Marula Eugster. Die Arbeit innerhalb der Familie verlaufe grösstenteils sehr harmonisch – eben auch deshalb, weil die Aufgabengebiete klar aufgeteilt sind.
Grosse Erwartungshaltung
Ein Highlight gelang Rigolo mit dem Programm «Sanddorn-Balance». Zum ersten Mal aufgeführt wurde es bereits 1997, doch noch heute hat die Darbietung viele Anhänger. 16 Jahre lang zeigte Vater Mädir Rigolo selbst das äusserst fragile Riesenmobile, bestehend aus 13 Palmblatt-Rispen und einer Feder. Als «Meister der übermenschlichen Fähigkeiten» wurde er dafür in Japan betitelt. Die Sanddorn-Balance war in Amerika, Asien, Australien und Europa zu sehen. Die Fussstapfen, in die Marula Eugster trat, waren demnach riesig. Doch die jüngste Tochter schaffte damit den Sprung in die Hauptrolle von Wings, dem anschliessenden Programm. Auch damit wurden internationale Erfolge gefeiert,
Marula Eugster
Getroffen von der Krise
Nun steht mit «Sospiri» das neue Programm in den Startlöchern. Und damit ist auch ein gewisser Erwartungsdruck spürbar, den Marula Eugster nicht von der Hand weisen kann. «Ich nehme es als Ansporn», sagt sie schlicht. Mit dem neuen Stück erhalte sie aber auch die Möglichkeit, wieder etwas intimer und kleiner zu werden. «Das entspricht meinem Naturell sehr. Auch ich schaue mir sehr gerne kleinere Darbietungen an», sagt sie. Damit habe man nun ganz andere Chancen. «Mit ‘Wings’ brauchten wir sehr viel Platz. Jetzt hingegen ist es möglich, in einem Zelt oder auch einem kleineren Theater aufzutreten.» Über ein Jahr lang tüftelte sie an den Nummern, entwickelte sie, passte sie an. Um dann, kurz vor Schluss, aufgrund der Corona-Pandemie noch einmal richtig zu zittern. «Das hat uns natürlich getroffen, als von heute am Morgen alle Auftritte und Buchungen abgesagt werden mussten», so Marula Eugster. Es stand in den Sternen, ob die Premiere im September überhaupt stattfinden konnte. «Wir waren einfach mutig und haben weitertrainiert. Das hat sich jetzt ausbezahlt.» Man merke ganz fest, dass die Leute wieder grosse Lust auf Kunst verspüren. Die Nachfrage sei da. Als freischaffender Künstler sei sie sich gewohnt, dass jeder Tag neu sei, einen geregelten Alltag gebe es kaum. «Das wäre aber auch nichts für mich», betont Marula Eugster.
Nur ein Gedanke
Auch, wenn der Konkurrenzdruck gross sei, habe sie ein super Team im Rücken, welches sich gegenseitig unterstütze und, wenn nötig, wieder aufbaue. «Ich bin niemand, der lange den Kopf in den Sand steckt», fasst es Marula Eugster zusammen. Auch die Fangemeinde von Rigolo sei über die vielen Jahre gross geworden. Ob es ihnen gelinge, an die Erfolge anzuknüpfen, werde sich zeigen. «Auf jeden Fall wünsche ich mir, dass wir mit ‘Sospiri’ auf Tournee gehen.» Was danach folge, könne sie noch nicht sagen. Zu fest sei sie derzeit mit ihrem neuen Programm, den Tänzen, Darbietungen und Nummern beschäftigt. «Es ist für mich schwierig, eine Grenze zu ziehen und die Gedanken abzustellen. Es ist halt einfach meine Bestimmung.» Und das ist wohl das beste Omen, das sich «Sospiri» wünschen kann.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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