Rassismus, sexuelle Belästigungen, Gewalt: Gerade bei grösseren Events keine Seltenheit. Linke Politikerinnen möchten das mit einem sogenannten «Awareness»-Konzept eindämmen. Auf die Veranstalter kämen zusätzliche Pflichten zu.
Um was geht es bei «Awareness»?
Das Ziel von Awareness ist es, auf einen diskriminierungsärmeren Raum hinzuarbeiten, in welchem Menschen mehr Rücksicht aufeinander nehmen, achtsam sind und ihr soziales Verhalten vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Machtstrukturen verstehen und reflektieren.
Drei Politikerinnen sind überzeugt, dass es hierfür detaillierte Konzepte benötigt und Event-Veranstalter in die Pflicht genommen werden müssen. Mit einer Interpellation richten sich Alexandra Akeret (SP), Miriam Rizvi (JUSO) und Andrea Hornstein (PFG) an den St.Galler Stadtrat.
Awareness habe sich als wirksam erwiesen, um das Nachtleben zu einem komfortableren und sichereren Raum für marginalisierte Personen wie Queers, BiPocs, Neurodiverse, Menschen, die mit Behinderungen leben und FINTAs zu machen, indem zum Beispiel sexuelle Belästigung professionell angegangen werde.
Sie schreiben dazu: «Awareness wird auf verschiedene Weise praktiziert. Die gängigsten Methoden Awareness umzusetzen, sind Konzepte, die mit allen Besucherinnen und Besuchern geteilt werden, ‘safer spaces’ für Personen, die sich beruhigen wollen/müssen und geschulte Personen, die im Falle von Übergriffen, als ansprechbare Personen erkennbar sind. Awareness-Konzepte werden oft im Konsens mit der Betriebsgruppe eines Sozialraums vereinbart. Dort steht auch geschrieben, wie man sich im Falle eines übergriffigen Verhaltens verhalten soll.»
Was könnte das in der Umsetzung laut den drei Politikerinnen bedeuten?
Bei grösseren Veranstaltungen könnte es Awareness-Schichten geben, die mit Personen besetzt sind, welche mit dem Konzept vertraut, eventuell eine gewisse Ausbildung haben, leicht erkennbar und nüchtern sind.
Langfristige Awareness-Strukturen würden Diskussionen beinhalten, die zur Aufklärung anregen, was übergriffige Handlungen sind, strukturelle Begünstigung derer und wie man darauf reagiert, sowie Personen, die als Ansprechpersonen fungieren.
So weit, so theoretisch.
Mit der Thematik befassen muss sich jetzt der Stadtrat von St.Gallen. Von ihm verlangen die drei Politikerinnen unter anderem Antworten auf folgende Fragen:
Ist die Stadt bereit, Kulturstätten, die ein Awareness-Konzept umsetzen wollen, beim zusätzlichen Personalaufwand finanziell zu unterstützen und wenn nicht, warum?
Ist die Stadt bereit, Awareness-Teams zu organisieren, die bei grossen Festen wie einem Jahrmarkt oder Silvester auf der Strasse präsent sind?
Ist die Stadt bereit, eine Bewilligung für eine öffentliche Veranstaltung an eine Awareness-Konzept Pflicht zu knüpfen (analog Abfallkonzept)?
Welche Möglichkeiten sieht der Stadtrat, ein Awareness-Konzept an ihren städtischen Arbeitsplätzen einzuführen?
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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