Von Friedrich Nietzsche stammt der Ausspruch: «Du gehst zu Frauen? Vergiss die Peitsche nicht!» – Nein, der Philosoph mit dem imposanten Schnauzer meinte selbstverständlich nicht, dass man Frauen auspeitschen oder sonstwie körperlich misshandeln sollte.
Wissenschaftlerinnen mit einem – explizit – «feministischen und queeren Ansatz» haben vor Kurzem herausgefunden, dass zu viel Care-Arbeit bei Frauen die Lust auf Sex mit ihrem Partner verringert.
Manche Frauen in der Studie empfinden es als ungerecht, dass der Grossteil der Hausarbeit an ihnen hängen bleibt. Kein Wunder also, fühlen sie keine allzu grosse Zuneigung zu einem Partner, der sie derart malochen lässt. Soweit so nachvollziehbar.
Überraschenderweise hat diese empfundene Ungerechtigkeit jedoch höchstens einen geringen negativen Einfluss auf das sexuelle Verlangen. Der richtige Lustkiller ist vielmehr die Wahrnehmung, dass Männer, die im Haushalt nichts zustande bringen, sich zu Hause als völlig abhängig von ihren Frauen erweisen.
Was tun? Aus feministischer Warte ist der Schluss natürlich schnell gezogen: Männer an den Herd und an's Bügelbrett! Dort lernen sie das Handwerk und frau kann sich gleichzeitig eine kleine Siesta gönnen. Derart entspannt die kräftigen Männerarme beim Verrichten der Hausarbeit kontemplierend, kann sich beim schönen Geschlecht ja gar nichts anderes als unbändiges Begehren einstellen.
Ob es wohl tatsächlich so einfach ist?
Die Studie behauptet, dass es Frauen abtörnt, wenn sich Männer im Haushalt völlig unbeholfen anstellen. Und es ist natürlich richtig, dass auch bei der Hausarbeit die Übung den Meister macht: Nach hundert Stunden Übung lässt auch ein Mann das Bügeleisen fast ebenso schnell über die Hemden gleiten wie Max Verstappen durch die Schikane fährt.
Jedoch: gibt es irgendeinen plausiblen Grund, anzunehmen, dass Unfähigkeit bei Männern ausschliesslich «im Bereich der Hausarbeit» den Frauen die Libido raubt – und nicht Unfähigkeit ganz allgemein? Wenn also der Nachbar seiner Frau ein Auto der Luxusklasse kauft und überhaupt deren Heim dreimal so gross ist wie das eigene – dann lässt das die Frau kalt, solange der eigene Partner nur in weltmeisterlichem Tempo die Geschirrspülmaschine einzuräumen vermag. Wirklich? Ist ein Waschlappen nur darum kein Waschlappen, weil er weiss, wie man Waschlappen richtig zusammenfaltet? Und der Held von der Strasse ist zu Hause plötzlich ein Waschlappen, weil er nicht weiss, in welchem Schrank sie sich befinden?
Ist nicht eher anzunehmen, dass, was für die Hausarbeit gilt, auch für alle anderen Bereiche des Lebens gilt: Dass ein Mann, der gekonnt den Haushalt schmeisst, ja gut und recht ist – aber als Investmentbanker jedes Jahr ein paar Millionen heimzubringen und nebenbei in der Mittagspause die Eigernordwand hochzurennen auch noch irgendwie «sexy» wäre?
Oder anders gesagt: Findet die Schalterbeamtin einer Bank den CEO etwa darum besonders anziehend, weil auch er Kunden am Bankschalter ebenso gut wie sie zu bedienen weiss – und nicht etwa, weil er CEO ist? Und die Krankenschwester in Groschenromanen ist vom berühmten Herzchirurgen erst dann richtig angetan, als sie ihn eigenhändig den Blutdruck messen sieht und nicht, wenn er am offenen Herzen operiert? Wohl kaum!
Dass, wer sich wie ein Depp anstellt und deswegen in «selbstverschuldeter Unmündigkeit» lebt, nicht besonders begehrenswert wirkt, versteht sich von selbst. Aber daraus den Schluss zu ziehen, dass «gesundes Mittelmass» das höchste der Gefühle ist, könnte sich als Irrtum herausstellen. Begehrt man denn nicht umso eher, was irgendwie unerreichbar scheint?
So manche Chefsekretärin angelt sich ihren Chef (nein, die Initiative geht nicht immer vom Mann aus) – und es ist nicht bekannt, dass sie vorgängig vertiefte Untersuchungen dazu anstellt, wie rasch er an der Waschmaschine die «Spülstopp»-Taste findet.
Es ist keine erfolgsversprechende Strategie im Berufsleben, wenn der Chef seinem Team regelmässig seine Fähigkeit demonstriert, die Arbeit jedes einzelnen genauso gut machen zu können wie sie selbst. Er ist genau darum Chef, weil er etwas kann, dass die anderen nicht können. Wobei: Ob er es wirklich kann, ist letztlich sekundär, solange es wenigstens alle glauben.
Natürlich: Der Mann ist schon lange nicht mehr der «Chef» der Familie – diese Zeiten sind zum Glück längst vorbei. Doch auch hier gilt, was im Berufsleben gilt: Respektiert wird nicht primär, wer etwas ebenso gut kann wie alle andern – sondern vor allem der, welcher etwas besser kann als alle anderen. Also müsste die Devise doch eher lauten: «Männer an den Grill!» – anstatt «Männer an die Waschmaschine!»
Wer seine Partnerin nicht abtörnen will, stelle sich nicht wie ein Kindskopf an – da haben die Verfasserinnen der Studie sicher recht. Aber sie vergessen darob ganz, dass es noch etwas Besseres gibt, als nicht «abtörnend» zu sein: anziehend zu sein.
Der Ökonom und Nobelpreisträger Ronald Coase äusserte sich einst folgendermassen zum Problem einer Viehherde, die aus ihrem Gehege ausbricht und Schäden an Nutzpflanzen auf einem benachbarten Feld anrichtet: «Es ist richtig, dass es ohne das Vieh keine Schäden an den Nutzpflanzen gäbe. Es ist jedoch ebenso richtig, dass es ohne Nutzpflanzen auch keine Schäden an Nutzpflanzen gäbe.»
Will Mann die Libido seiner Liebsten somit nicht durch die mangelhafte Erledigung der Hausarbeit beeinträchtigen, gibt es für ihn eigentlich nur zwei denkbare Strategien: Entweder macht er es richtig – oder gar nicht. Denn ohne Erledigung von Hausarbeiten auch keine «mangelhafte» Erledigung von Hausarbeiten (und damit keine Beeinträchtigung der weiblichen Libido).
Oder anders gesagt: Der Macho, der aus Prinzip gar nichts macht, fügt der Libido seiner Liebsten letztlich weniger Schaden zu als der Unbeholfene, der ja gerne helfen würde, aber mangels Übung leider zwei linke Hände hat. Ob die Forscherinnen diese Konsequenz ihrer Forschung wohl ebenfalls bedacht haben?
Thomas Baumann ist freier Autor und Ökonom. Als ehemaliger Bundesstatistiker ist er (nicht nur) bei Zahlen ziemlich pingelig.
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