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Eveline Sutter: Leidenschaft fürs Klavierhandwerk

Ob Klavier, Flügel, Cembalo oder Spinett: Tasteninstrumente sollten regelmässig und mit Leidenschaft gehegt und gepflegt werden

«Klavierwerkerin» Eveline Sutter verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung als Klavierbauerin und -stimmerin. Im Interview spricht sie über ihre Leidenschaft fürs Klavierhandwerk und weshalb sie den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hat.

«Die Ostschweiz» Paid Content am 13. April 2023

Nach 20 Jahren als Klavierbauerin und -stimmerin im Angestelltenverhältnis haben Sie sich kürzlich selbstständig gemacht. Weshalb und warum gerade jetzt?

Nach erlebnis- und erfahrungsreichen Jahren im Angestelltenverhältnis war es einfach Zeit für eine Veränderung. Einmal selbstständig zu sein, hätte ich mir bis vor Kurzem nicht im Traum vorstellen können. Die vielen positiven Rückmeldungen in den vergangenen Jahren haben mir allerdings gezeigt, dass Kundinnen und Kunden meine Arbeit schätzen und mir vertrauen. Dies hat mich in meinem Entschluss bestärkt, zumal ich bei Vorstellungsgesprächen gemerkt habe, dass ich nicht zu viele Kompromisse eingehen will. Zudem ergreifen immer weniger Schulabgängerinnen und -abgänger «mein» Handwerk und die Pensionierungswelle der Babyboomer trifft auch unsere Branche. Ich hoffe, dass mir dies bei meiner Selbstständigkeit in die Karten spielen wird.

Geht es ums Bauen oder Stimmen von Klavieren, denken die meisten zuerst wohl an einen kräftig gebauten Mann und weniger an eine zierliche, feinsinnige und gut gekleidete Frau. Weshalb haben Sie diesen «Männerberuf» ergriffen?

In der Schweiz werden leider praktisch keine Klaviere mehr gebaut und auch Totalrevisionen nehmen nur noch sehr wenige Betriebe vor. So liegt mein Fokus mehrheitlich auf dem Stimmen und auf kleineren Revisionen. Hierfür braucht es Fingerspitzengefühl, ein gutes Gehör, Augenmass und Einfühlungsvermögen. Eigenschaften, die man gewöhnlich Frauen zuschreibt. Anpacken sollte man allerdings auch können, doch damit tue ich mich nicht schwer. So zierlich bin ich dann auch wieder nicht.

Sie nennen sich «Klavierwerkerin». Was hat es mit diesem Namen genau auf sich?

Zum einen soll er deutlich machen, dass mittlerweile genauso viele Frauen wie Männer in meinem Beruf arbeiten. Zum anderen ist es mir ein Anliegen, als Handwerkerin wahrgenommen zu werden. Der Name «Klavierwerkerin» verbindet beides sehr gut.

Die meisten Leute können sich in etwa vorstellen, was eine Klavierbauerin und -stimmerin so macht. Doch was genau beinhaltet Ihr Beruf alles?

Wie bereits angetönt, stimmen wir nicht nur Klaviere, Flügel, Cembali und Spinette. Vielmehr kümmern wir uns umfassend um die Instrumente. Wir legen grossen Wert darauf, dass die Instrumente auch nach 10, 20, 30 oder noch mehr Jahren weiter funktionieren und ihren Besitzerinnen und Besitzern Freude bereiten. Zumal Klaviere aus vielen unterschiedlichen Naturmaterialien bestehen und mehr oder weniger stark auf äussere Einflüsse reagieren. Meine Aufgabe besteht darin, das Instrument im Auge zu behalten, bei kleineren Veränderungen einzugreifen und zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Revision durchzuführen. Neben Anpassungen an neueren Klavieren mache ich oft auch ältere Instrumente wieder spielbar, etwa wenn die Enkelin das Klavier des Grossvaters erbt. Hierbei sind immer auch viele Emotionen im Spiel.

Sie betreuen ein breites Spektrum an Kundinnen und Kunden. Was war in Ihrem bisherigen Berufsleben das skurrilste Erlebnis mit einer Kundin oder einem Kunden?

Es gibt eine Menge solcher Erlebnisse. Was viele kaum glauben würden: Ich finde oft tote Mäuse in den Klavieren. An die Jagd auf eine lebende Maus zusammen mit einer Kundin kann ich mich noch gut erinnern. Als Klavierbauerin und -stimmerin ist man eben auch noch Kammerjägerin in Teilzeit.

Nach wie vor kann man Ihren Beruf im Rahmen einer Lehre erlernen. Was für Fähigkeiten muss man für Ihr Handwerk mitbringen und wie schaut es überhaupt mit dem Nachwuchs aus?

Eine Grundvoraussetzung sollte die Liebe zur Musik sein. Ich durfte in einer sehr musikalischen Familie aufwachsen, lernte Akkordeon und hatte Gesangsunterricht in den Bereichen Klassik und Jazz. Neben der Bereitschaft anzupacken braucht man zur Ausübung meines Berufs auch viel Geduld und Ausdauer. So macht man zum Beispiel eine Regulation 88 Mal, sprich einmal pro Taste. Da es sich bei Klavieren um mechanische Gerätschaften handelt, sollte man sich auch für Physik interessieren und gerne logisch denken. Und was ganz wichtig ist: Man muss gerne mit Menschen zu tun haben, trifft man im Alltag doch auf die unterschiedlichsten Typen. Was die Ausbildung angeht, schaut es bei uns nicht gerade rosig aus. Im Schnitt finden sich in der ganzen Schweiz pro Jahr noch etwa fünf Lehrstellen.

Die Zahl der Angehörigen Ihres Berufsstandes ist sehr überschaubar. Was unterscheidet Sie von Ihren Kolleginnen und Kollegen und was zeichnet Sie als Dienstleisterin besonders aus?

Mein Beruf war, ist und wird es immer sein: meine grosse Leidenschaft. Meine Kundinnen und Kunden sagen mir immer wieder, dass sie das spüren. Zudem kann ich die jeweilige Lage gut beurteilen. Bei den einen darf man es mit dem Perfektionismus nicht auf die Spitze treiben, bei den anderen muss man irgendwann bremsen. Aufgrund meiner Erfahrung kann ich das gut einschätzen. Ebenso bin ich immer mit der Zeit gegangen, sprich neben den klassischen Arbeiten baue ich auch Klimageräte und Silentsysteme ein.

Sie sind zudem erfolgreich als Sängerin unterwegs, werden einzeln gebucht, singen aber auch mal zu zweit und sind zudem Sängerin der Bands «Cobana» und «Funkollective». Welche Pianistin resp. welcher Pianist gefällt Ihnen am besten?

Diese Frage wird mir oft gestellt. Ich habe keine Lieblinge, ob Pianistin oder Pianist, ob Sängerin oder Sänger. Auch bevorzuge ich keinen bestimmten Musikstil. Allerdings bekomme ich immer eine Gänsehaut, wenn ich als Zuhörerin bei einer Künstlerin oder einem Künstler Begeisterung und Liebe spüre. Es spielt keine Rolle, ob es sich um ein Popkonzert im Hallenstadion, ein klassisches Konzert im KKL, Newcomerinnen oder Newcomer auf einer Nebenbühne an einem Festival oder um ein Konzert von Schülerinnen und Schülern handelt. Musik bewegt mich einfach.

Und ganz zum Schluss: Die Ostschweiz gilt gemeinhin ja als ein wenig «brötig». Verhält es sich Ihrer Meinung nach mit der Ostschweizer Musikszene ähnlich?

Ich denke nicht. Neben der Ostschweiz kenne ich auch die Musikszene im «hippen» Kanton Zürich gut. Musikerinnen und Musiker leben in einer eigenen Welt, egal wo sie ihre Kunst zum Besten geben. Trotz ihrer Unterschiede eint sie die Begeisterung für die Musik. Und ich merke bei Kundinnen und Kunden sehr schnell, welchen Stil oder welche Stile sie mögen.

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