Natürlich stösst es auf Gegenwehr, wenn man dem höchsten Wissenschaftler der Schweiz vorwirft, Unsinn zu schwatzen. Das tut man nur, wenn es leider stimmt.
Angesichts einer latenten Gereiztheit und der jüngsten Beschlüsse des Bundesrats war zu erwarten, dass der Artikel über Falschaussagen des Leiters der Wissenschafts-Eingreiftruppe des Bundesrats für Hallo sorgen würde.
Zunächst grossen Dank an alle, die sich argumentativ bemüht haben, etwas zur Debatte beizutragen. Darunter verständlicherweise auch einige, die widersprechen, sogar fordern, der Artikel solle gelöscht werden, er verwirre nur.
Für Verwirrung kann ich nichts, ich habe im Gegenteil versucht, zu entwirren. Da ich kein Epidemiologe und auch nicht wie viele Journalisten ein selbsternannter Corona-Spezialist bin, basiere ich meine Aussagen ausschliesslich auf Dingen, von denen ich etwas verstehe: Zahlen und Statistiken.
Jeder, der das auch tut, stellt verblüfft fest, dass es gar nicht so einfach ist, eine übersichtliche Darstellung der wichtigsten Indikatoren zu finden. Es ist nicht so, dass diese Statistiken verschwiegen würden. Nur: die Zahl der positiv Getesteten, die Prozentzahl von allen durchgeführten Tests, die stehen überall.
Daher zunächst ein heisser Tipp für alle, die es genauer wissen wollen: www.corona-data.ch ist meiner Meinung nach, neben worldometer auch für internationale Vergleiche, die Plattform der Wahl.
Die Aussage des obersten Wissenschaftlers und Leiters dieser Task Force an der offiziellen Pressekonferenz, die den Entscheidungen des Bundesrats vorausging, ist falsch. Denn Prof. Ackermann sagte:
«Wir haben mehr Hospitalisierungen und Todesfälle als im März.»
Entweder meinte er das kumuliert, wie einer meiner Kritiker behauptete, aber das wäre ja eine absurd-triviale Aussage. Oder aber, er widerspricht schlichtweg den Zahlen:
Das ist nochmals die Entwicklung der täglichen Todesfälle.
Und das ist die Entwicklung der Hospitalisierungen, wobei man sein Augenmerk auf die Zahlen der Intensivstationen und der Beatmeten legen sollte:
Auf der Webseite selbst sind diese Grafiken übrigens noch interaktiv.
Aber hinter der Falschaussage und den sie widerlegenden Zahlen stehen zwei viel gravierendere Probleme. Wissenschaftler überbieten sich wieder einmal mit Forderungen nach drastischen Massnahmen, am besten ein weiterer Lockdown. Zur Begründung führen sie die gleichen alarmistischen Prognosen an wie im Februar dieses Jahres. Dort war von bis zu 100'000 Toten die verantwortungslose Rede. Zum Teil von den gleichen Koryphäen, die auch heute wieder den Teufel an die Wand malen.
Obwohl inzwischen fast jeder Journalist zum Corona-Spezialisten herangereift ist, die neusten Massnahmen des Bundesrats kräftig kritisiert, inkompetent und verantwortungsfrei kühne Forderungen aufstellt und drastische Massnahmen anmahnt, ist keiner, kein einziger auf diese bedenkliche Falschaussage eingegangen.
Ob das mit einem Absatz auf S. 29 des offiziellen Pandemieplans zu tun hat? Dort heisst es:
«Dem Einsatz der Massenmedien als Multiplikatoren kommt während dieser Phase (der Krisenkommunikation, R.Z.) eine gewichtige Rolle zu, was eine kontinuierliche Medienarbeit bedingt.»
Nun mag der naive Leser einwenden: Aber der Bundesrat wird doch kräftig als zögerlich und sogar als Versager kritisiert. Richtig, das nennt man im Einmaleins der Manipulation über die Bande spielen. Der Bundesrat bereitet alle darauf vor, dass er dann demnächst nicht mehr zögerlich handeln wird.
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