Seit Monaten bemühen sich die grossen Schweizer Verlage, angeführt von der TX Group (Tagesanzeiger), um zusätzliche Subventionen für ihre «systemrelevanten Leistungen.
National- und Ständerat wie auch das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) wollen den bittstellenden Konzernen sehr grosszügig entgegenkommen und planen für die kommenden 10 Jahre zusätzliche Mediensubventionen von gegen 2 Milliarden Franken. Dies wohl nicht ohne eine grosse Portion Eigennutz.
Selbst für bedeutende Staatsrechtler ist klar, dass gemäss Art. 93 der Bundesverfassung der Bund «ausschliesslich Radio und Fernsehen» unterstützen darf. Von Presse und Onlinemedien steht in der Verfassung nichts. Doch nicht nur die verfassungsrechtlichen Bedenken müssten aufhorchen lassen. Auch die ausserordentlich grosszügigen Boni und Dividenden der grossen Medienkonzerne sollten im Bundeshaus alle Warnlichter aufleuchten lassen, zumal diese den Löwenanteil der zusätzlichen Milliarden an Subventionen kassieren.
Im Netz der Monopolmedien gefangen
Warum aber findet sich trotzdem in beiden Räten eine stattliche Mehrheit für zusätzliche Mediensubventionen, die selbst von der Wettbewerbskommission (WEKO) als «verfassungswidrig», «wettbewerbsverzerrend» und «ineffizient» qualifiziert werden? Die WEKO beantragte dem Bundesrat gar, den Ausbau der Subventionen «vollumfänglich zu streichen».
Die Antwort auf das «Warum» liegt auf der Hand. Denn welches Parlamentsmitglied will es sich mit dem Monopolmedium im eigenen Wahlkreis verscherzen. Also lieber Augen zu und durch, denn schon bald sind wieder Wahlen ...
Doch irgendwie spürt man bei allen Beteiligten, dass es ihnen bei diesem «Deal in eigener Sache» doch nicht ganz wohl ist, weshalb man krampfhaft nach Legitimation sucht. Wohl deshalb wurde an der Sitzung der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (der Autor gehörte der KVF selber während 7 Jahren an, Red.) das Mediensubventionsmonster mit zusätzlichem bürokratischem Aufwand gefüttert; Gutachten, Zusatzschleifen, Expertenrunden, Abklärungen bis zum Abwinken. Ausser einer weiteren Verschleuderung von Steuergeldern wird damit nichts bewirkt. Der Verkauf der Meinungsfreiheit und der Medienvielfalt bleibt ein staatspolitischer Sündenfall.
Qualitätsmedien – wer definiert die Qualität?
Im Spannungsfeld von Monopol- und Kartellstrukturen einerseits und den Ansprüchen einer freiheitlichen Medienordnung andererseits kommt dem Begriff der «Qualität» eine besondere, wenn auch widersprüchliche Bedeutung zu. Während beispielsweise die Werbewirtschaft die Qualität anhand von genau ermittelten Quoten misst, setzt der Bildungspolitiker auf pädagogische und didaktische Masseinheiten und der Sportfan verbindet Qualität mit der Anzahl Livesendungen seiner Lieblingssportart. Zudem heisst Qualität für einen 16-jährigen Schulabgänger selbstverständlich etwas völlig anderes als für eine 70-jährige Rentnerin.
Allen Medienkonsumenten gemeinsam ist jedoch das Anrecht auf eine freie Meinungsund Willensbildung, wie sie im Selbstverständnis unserer Gesellschaft und unserer Verfassung seit jeher Tradition hat. Macht man diesen verfassungsmässigen Anspruch zum primären Massstab, so erübrigt sich jede weitere Debatte über Subventionen, die den Monopolstrukturen in der schweizerischen Medienlandschaft weiter Vorschub leisten.
Wenn Medienvielfalt und freie Meinungsbildung fehlen, braucht es auch keine qualitative Rechtfertigung mehr.
Qualität – Rechtfertigung inhaltlicher Bevormundung?
Ob zur Rechtfertigung des Konzentrationsprozesses im Bereich der Printmedien oder zum Aufbau monopolistischer Strukturen im elektronischen Medienmarkt, das Qualitätsargument dient in beiden Fällen nur als Mittel zum Zweck. Die immer wieder vorgebrachte Behauptung, nur starke Strukturen (gemeint sind wohl monopolistische/kartellistische Strukturen) könnten langfristig eine glaubwürdige Medienqualität gewährleisten, sind zu offensichtlich. Dass sich unsere Medienpolitiker immer noch einer längst überholten «Oberlehrer-Mentalität» verpflichtet fühlen und bereit sind, dafür hunderte von Millionen an Subventionen zu verteilen, ist der eigentliche Skandal.
Der drohende verfassungswidrige und marktverzerrende Griff in die Staatskasse schadet unserer Demokratie. Staatlich finanzierte Medien sind immer staatlich gelenkte Medien – für eine freiheitliche, demokratische Schweiz undenkbar!
Peter Weigelt (*1956) ist Unternehmer. Er war für die FDP zwischen 1995 und 2006 Mitglied des Nationalrats. Weigelt ist Verwaltungsratspräsident der Ostschweizer Medien AG und lebt in St.Gallen.
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