Christine Meyer, Geschäftsleiterin der Brauerei St.Johann.
Im November 2012, vor bald sechs Jahren öffnete die Brauerei St. Johann in Neu St.Johann ihre Tore. Wie hat sich das Unternehmen ganz allgemein in den vergangenen rund sechs Jahren entwickelt? Im Gespräch mit Geschäftsleiterin Christine Meyer.
Die Brauerei St. Johann hat sich entwickelt. Gestartet hat das Unternehmen als Gasthausbrauerei mit Restaurationsbetrieb, die Brauerei produzierte vorwiegend für den Eigenbedarf. Später wurde der Flaschenbierverkauf immer stärker, bald stellte das Restaurant den Betrieb ein. Weiterhin konnte das St. Johann Bier an der Brauereibar getrunken, oder in Flaschen nach Hause transportiert und die geschichtsträchtigen Räume für Gruppenanlässe genutzt werden.
Noch heute feiern in den Räumlichkeiten der Brauerei St. Johann Gäste ihre Feste, sei dies als geschlossene Gesellschaft oder an unseren öffentlichen Anlässen, wie zum Beispiel Metzgete, Brauereifest oder einem der zahlreichen Fassanstiche für saisonale Biersorten. Weiter ist die Bar als regionaler Treffpunkt bekannt und genutzt. Das St. Johann Bier ist eine gern getrunkene Bierspezialität – ob aus der Flasche zuhause oder vor Ort in Neu St. Johann.
Christine Meyer, Geschäftsleiterin der Brauerei St.Johann.
Im Gespräch mit Christine Meyer, Geschäftsleiterin der Brauerei St.Johann.
Ein neues Bier zu kreieren und im Markt zu etablieren, ist keine einfache Sache. Im Toggenburg ein neues Unternehmen aufzubauen, ist ein ebenso gewagtes Unterfangen. Was hat Sie dennoch dazu bewogen, die Brauerei St.Johann AG zu initiieren?
Wir haben mit der Brauerei St. Johann nichts Neues erfunden. Der Urgrossvater unseres ehemaligen Verwaltungsrats Tobias Kobelt war der letzte Braumeister in Neu St. Johann. Auf diese Tradition konnten wir aufbauen.
War es eine typische Bier-Idee?
Wenn man so will… Der Hobbybrauer Philipp Grob sass eines Abends mit Tobias Kobelt, Urenkel des letzten Braumeisters, und André Meyer, Toggenburger Unternehmer, beim Bier und sponnen die Gedanken. Aus der ersten Idee wurden bald Erkundungsreisen in diverse Kleinbrauereien und zu Anlagenbauern, das Projekt nahm Formen an und wurde konkreter.
Zuvor wurde seit über 30 Jahren kein Bier mehr im Toggenburg gebraut. Welche Aspekte haben Ihnen in der Anfangsphase am meisten Kopfschmerzen bereitet?
Die letzte Stange vom Vorabend? (lacht) Nein, im Ernst: Das benötigte Know-How für einen Betrieb mit Brauerei, Restaurant, Bar und Anlässe wurde in der Startphase etwas unterschätzt. Dies führte zu häufigen Personalwechseln und schlussendlich auch zur vorübergehenden Schliessung des Tagesbetriebs im Restaurant Mauer. Dazu kam die nur träge voranschreitende regionale Verankerung. Bier ist eine emotionale Geschichte. Hat jemand seine bevorzugte Biermarke gefunden, will er nur ungern wechseln. Das Toggenburg hatte lange Zeit keine eigene Brauerei mehr, die grösseren umliegenden Brauereien nahmen das Gebiet ein und die Freude am Toggenburger Bier entwickelte sich eher zögerlich.
Wie geht man grundsätzlich heran, wenn man quasi auf der «Grünen Wiese» beginnt? Wie «erfindet» man ein neues Bier?
Bier besteht aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Klingt an sich simpel – ist aber eine Wissenschaft für sich. Für Geschmack, Geruch, Farbe und Alkoholgehalt kommt es auf die Getreidesorte, die Art der Vermälzung, die Schüttung, die Hopfenart und Hefesorte an. Je nach Kombination entstehen verschiedene Bierstile. Die St. Johann Biersorten entstehen, zumindest auf dem Papier, im Team. Unser Braumeister Christian Dierken setzt die Ideen dann jeweils um. Die Saisonalen werden der Jahreszeit entsprechend entwickelt – im Winter eher schwere, dunkle Biere, im Sommer eher leichtere, fruchtig-hopfig herbe Sorten. Ganzjährig führen wir die Sorten Hell, Dunkel und Zwingli Bier.
Wie gross ist Ihr Sortiment inzwischen?
Drei ganzjährige Sorten und jeweils eine saisonale Spezialität.
Hat das «St. Johann»-Bier ein typisches Geschmacksmerkmal?
Ja klar! Jede Brauerei hat einen typischen «Hausgeschmack». Das Wasser am Ort und die Rezepturen beeinflussen diesen stark. Beim St.Johann Bier achten wir zum Beispiel auf lange Lagerzeiten, um das Bier geschmacklich abzurunden.
Ein Bier wird wesentlich durch den Braumeister beeinflusst. Wie schwer ist es, diese Position im oberen Toggenburg durch eine gute Fachperson besetzen zu können?
In jedem Unternehmen ist es eine Herausforderung, die Positionen mit den richtigen Menschen zu besetzen. Das ist bei uns nicht anders.
Über welche Vertriebskanäle bringen Sie Ihr Bier unter die Leute?
Das St. Johann Bier kann direkt in der Brauerei gekauft, online auf www.stjohannshop.ch bestellt oder über Toggenburger Getränkehändler bezogen werden.
In der Schweiz beherrschen ein paar wenige grosse Brauereien den Markt. Wie schwer ist es, als Kleiner ein Stück vom Kuchen zu bekommen?
So einfach oder schwer wie überall im gesättigten Markt. Mit qualitativ hochwertigen Spezialitäten bieten wir dem Konsumenten einen echten Mehrwert, wir produzieren vor Ort, beziehen Rohstoffe und Energie nach Möglichkeit aus der Region, setzen uns für die Attraktivität der Region und ein touristisches Angebot ein und schaffen mit der Bar einen Treffpunkt im Toggenburg. Bierspezialitäten sind im Trend, Rückverfolgbarkeit der Produkte und Regionalität sind gefragter denn je – unsere Chancen stehen gut und wir sind bereit, diese zu nutzen.
Ein Ziel war schon in der Anfangsphase, das Aktienkapital der AG möglichst breit zu streuen. Wer ist heute im Besitz der Brauerei?
Rund 1100 Aktionärinnen und Aktionäre.
Hier geht es zu unserem Dossier «Bierkultur».
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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