Wer Unternehmertum, Privatinitiative und Eigenverantwortung nur aus Büchern kennt, ist ein schlechter Ratgeber, wenn es um die Bewältigung der wirtschaftlichen Herausforderungen einer sich verändernden Gesellschaft geht.
Dies gelesen: «Im kommenden Frühling eröffnet mitten in der St.Galler Innenstadt eine Buchhandlung und ein Café in den ehemaligen Räumlichkeiten des «H&M» an der Multergasse.» (Quelle: www.fm1today.ch)
Das gedacht: Für einmal eine gute Nachricht aus der St.Galler Altstadt. Und eine überraschende. Zumindest für Linke und Grüne. Dies erklärt der Blick zurück. Im Jahre 2011 beschloss eine Mehrheit des Parlamentes die Wiedereinführung der Buchpreisbindung. Die Junge SVP und die Junge FDP bekämpften das staatliche Preisdiktat mit einem Referendum. Mit Erfolg. Das Stimmvolk lehnte das planwirtschaftliche Vorhaben ab.
Befürwortet wurde das Verbot eines Preiswettbewerbs auf Handelsstufe - wenig überraschend - von der SP, den Grünen und den Gewerkschaften. Dies mit sattsam bekannten Argumenten: «Wer auch in Zukunft Büchervielfalt statt Discounter-Einheitsbrei will, wer kleine und grosse Buchhandlungen im ganzen Land und nicht nur in Städten will und wer günstige Preise für alle Bücher und nicht nur für wenige Bestseller will, sagt Ja zur Buchpreisbindung.» So die SP Schweiz in einer Medienmitteilung.
Heute, zehn Jahre nach der Abstimmung, kann man diese Argumentation einem unbestechlichen Faktencheck unterziehen. Das Ergebnis ist eindeutig. Das linke Schreckensszenario vom Untergang der Büchervielfalt und einem Discount-Einheitsbrei hat nichts, aber auch gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Dies zeigt das Beispiel der Stadt St.Gallen.
Wie eingangs erwähnt eröffnet mit dem Bücherhaus Lüthy ein privates Unternehmen eine neue Grossbuchhandlung an bester Lage. Orell Füssli betreibt mit dem Rösslitor an der Marktgasse ein attraktives, seit Jahrzehnten mit der Ostschweiz eng verbundenes Fachgeschäft. Beim Bahnhof startete Orell Füssli mit einer weiteren Filiale. Die Genossenschaftsbuchhandlung Comedia erhielt im vergangenen Jahr den Anerkennungspreis für Kulturschaffende der Stadt St.Gallen. Für viele Buchverliebte ist die sympathische Buchhandlung zur Rose die erste Adresse. Nicht weit davon entfernt öffnete das christliche BuchCafé Benedikt vor fünf Jahren seine Türen. An der Engelgasse arbeitet mit dem Kinderbuchladen ein Fachgeschäft der ganz besonderen Art. Verschwunden sind dagegen Discounter wie Ex Libris. Weltbild hat eine Filiale geschlossen.
Ohne Zweifel. Die Digitalisierung stellt den Buchhandel auch in Zukunft vor gewaltige Herausforderungen. Von der linken Schwarzmalerei allerdings sind wir meilenweit entfernt. Einmal mehr lagen SP, Grüne und Gewerkschaften mir ihrer wirtschaftspolitischen Diagnose grandios daneben. Wenig überraschend. Wer Unternehmertum, Privatinitiative und Eigenverantwortung nur aus Büchern kennt, ist ein schlechter Ratgeber, wenn es um die Bewältigung der wirtschaftlichen Herausforderungen einer sich verändernden Gesellschaft geht.
Eine Geschichte, die sich in den letzten Monaten wiederholte. Beim Medienpaket. Einmal mehr erzählten uns die Staatsgläubigen die Mär vom Untergang der Vielfalt als Folge der digitalen Revolution. Einmal mehr sollten private Unternehmen mit staatlichen Interventionen in die Zukunft geführt werden. Und einmal mehr zeigte das Stimmvolk den Roten die rote Karte. Ein gutes Zeichen. Ganz besonders für die Medienvielfalt in unserem Land. Planwirtschaft und Vielfalt schliessen sich gegenseitig aus.
Bild: Fotograf Armin Kübelbeck, CC-BY-SA, Wikimedia Commons
Kurt Weigelt, geboren 1955 in St. Gallen, studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bern. Seine Dissertation verfasste er zu den Möglichkeiten einer staatlichen Parteienfinanzierung. Einzelhandels-Unternehmer und von 2007 bis 2018 Direktor der IHK St.Gallen-Appenzell. Für Kurt Weigelt ist die Forderung nach Entstaatlichung die Antwort auf die politischen Herausforderungen der digitalen Gesellschaft.
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