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175 Jahre Kurort Heiden

Rotkreuzgründer Henry Dunant fand: «Hier ist es wie im Paradies!»

1848 begann Heidens Aufstieg als Kurort von europäischem Ruf. Prominentester Gast war Henry Dunant, der 1887 in Heiden eintraf. «Hier ist es wie im Paradies!», soll der Rotkreuzgründer ausgerufen haben. Diese Aussage trifft zu, logierte er doch in der Pension Paradies beim Bahnhof.

Peter Eggenberger am 17. Juli 2023

Bereits vor dem Dorfbrand von 1838 verfolgten Hotel- und Pensionsbesitzer in Heiden den Erfolg der Kurorte Gais und Weissbad, die mit dem bei der Käseherstellung anfallenden Nebenprodukt Molke oder Schotte Gäste aus halb Europa ins Appenzellerland lockten. «Die Gääser und Innerrhödler machen sogar mit Abfall gutes Geld, das sollte uns doch auch gelingen», wurde in Heiden immer wieder neidvoll festgestellt. Es war dann Johannes Kellenberger, der 1848 den grössten Hotelbetrieb Freihof neu als «Molken-Kuranstalt» bezeichnete und so den Grundstein zum erfolgreichen Kurort legte.

Perfektionierung der Molkenkuren

«Der umtriebige Kellenberger setzte auf Qualität und perfektionierte die herkömmlichen Molke- und Badekuren in Zusammenarbeit mit den örtlichen Ärzten für die gezielte Rehabilitation der Kranken», schreibt Thomas Fuchs im Buch «Geschichte von Heiden». Rasch fand der neue Stern am Appenzeller Kurortshimmel vor allem in Deutschland grosse Beachtung. Bereits 1853 lobte die in Leipzig erscheinende «Illustrierte Zeitung», in Heiden erfolge eine rationellere und ausgedehntere Anwendung der Ziegenmolke. Hotelier Kellenberger wertete sein Haus mit Parkanlagen auf, und die Bürgergemeinde liess auf dem «Bellevue» eine Oase der Ruhe mit Sitzgelegenheiten einrichten.

Weltberühmter Augenarzt festigt Heidens Ruf

Thomas Fuchs: «Dass Heiden bereits 1870 zu den grössten Kurorten der Schweiz gehörte, verdankte der Ort dem populären Augenarzt Albrecht von Graefe aus Berlin». Der an Tuberkulose leidende Pionier der Augenheilkunde weilte 1858 erstmals in Heiden und begann später im «Freihof» zu praktizieren. Zwei Gedenkstätten erinnern heute an den im Alter von nur gut vierzig Jahren verstorbenen Graefe.

Erfinder der neurologischen Rehabilitation

Mit Heinrich Frenkel (1860 – 1931) begann ab 1893 im «Freihof» eine weitere medizinische Kapazität zu wirken. Frenkel gilt als Erfinder der neurologischen Übungstherapie. Mit einem ausgeklügelten Parcours verbesserte er den Gesundheitszustand von Patienten mit Lähmungserscheinungen, was den Ruf Heidens weiter festigte.

Kursaal und Bahn als starke Trümpfe

Parallel zum Wirken bedeutender Ärzte sorgten der Bau eines monumentalen Kursaals im Jahr 1874 und der Bau der Normalspur-Bergbahn von Rorschach nach Heiden für eine weitere Aufwertung des Kurorts. Mit der Bahn erreichte der verarmte und von der Welt vergessene 59-jährige Rotkreuzgründer im Jahr 1887 Heiden, wo er bescheiden im «Paradies» logierte. «Hier bezahlt er 2.80 Franken pro Tag für Kost und Logis», schreibt Yvonne Steiner in ihrer Dunant-Biografie. Es war dann Dunant, der Heiden 1901 erneut in die Schlagzeilen brachte, wurde er doch mit dem erstmals verliehenen Friedens-Nobelpreis ausgezeichnet.

Wieder-Tritt-Fassen nach den Weltkriegen

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs liess 1914 fast alle Kurgäste fluchtartig abreisen. Dem Kriegsende folgten die Krisenjahre mit Arbeitslosigkeit und ab 1939 ein erneuter Weltkrieg. Nach 1945 wurde das kurtouristische Wieder-Tritt-Fassen versucht. Ein schwieriges Unterfangen hatten sich doch die Zeiten grundlegend verändert. Persönliche Mobilität, ab 1950 Billig-Angebote des Migros-Reisebüros Hotelplan «Acht Tage Ferien an der Adria für 166 Franken» und bald einmal erschwingliche Flugreisen erwiesen sich als harte Konkurrenz. Trotzdem wurde in Heiden Neues gewagt: 1957 neuer Kursaal, 1974 neues Kurhotel als Nachfolgehaus vom «Freihof», 1982 Neubau des Heilbads Unterrechstein und Bau der Rosenbergklinik sowie in neuerer Zeit die Erneuerung des 1932 eröffneten Schwimmbads sowie die umfassende Sanierung der «Linde» als noch einzigem, an die Glanzzeiten von Heiden als Kurort erinnernden Hotels.

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Peter Eggenberger

Peter Eggenberger, 1939, in Walzenhausen geboren, Drogistenlehre, Fremdenlegion, Lehrerseminar und Logopädiestudium mit entsprechender Tätigkeit. Seit 1982 freiberuflich tätig als Journalist, Autor und Referent.

Zu seinen Vorlieben gehören das Verfassen und Erzählen humorvoller Geschichten im Kurzenberger Dialekt, der Sprache des Appenzellerlands über dem Bodensee und dem Rheintal. Seine bisher erschienenen Mundartbände erfreuen sich einer ungebrochen grossen Nachfrage. Er lebt in Au.

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