Wie weiter mit den kantonalen St.Galler Spitälern, die an der Last zu zerbrechen drohen, die man ihnen mit Baukrediten an den Hals gehängt hat? Es ist einfacher als angenommen. Der Kanton kann sie in Kürze von dieser Last befreien. Die rechtlichen Grundlagen dafür gibt es.
Kredite von 800 Millionen Franken für Erneuerungen der Spitäler, durch diese rückzahlbar: Das ist es, was die Spitallandschaft des Kantons St.Gallen in Schieflage gebracht hat. Die Belastung dadurch ist viel höher, als die Spitäler es jemals stemmen können. Und das Ganze basierend auf einem Volksentscheid, bei dem vieles zumindest zweifelhaft lief.
Unabhängig davon, wie die künftige Spitalstrategie des Kantons aussieht, kann diese tonnenschwere Last ohne Verzug von den Schultern der Spitäler verschwinden. Das zeigt ein Papier der Abteilung «Recht und Legistik» der St.Galler Staatskanzlei vom 29. Mai 2019.
In dem 20-seitigen Dokument geht es um das Thema «Rechtliche Rahmenbedingungen für die Finanzierung der Spitalverbunde durch den Kanton». Der wirklich interessante Teil ist auf der vorletzten Seite zu finden. Die Autoren kommen dort zu folgendem Schluss:
«Durch eine Anpassung von Ziff. 5 KRB Übertragung könnten daher auch die Modalitäten für die Ausrichtung der Baudarlehen angepasst werden. So könnte sowohl die Verzinsung angepasst oder gestrichen als auch auf die Rückzahlung sämtlicher Darlehen oder von Darlehenstranchen verzichtet werden.»
Das Juristendeutsch vereinfacht heisst das nichts anderes, als dass die Baudarlehen an die Spitäler ersatzlos verschwinden könnten. Alles, was es dafür braucht, ist der politische Wille. Der Kanton würde dann die gesamten Ausgaben auf sich nehmen, die Spitäler wären entlastet. Stand heute zahlen diese Spitäler viel Geld an den Kanton zurück und müssen gleichzeitig früher oder später mit Notkrediten des Kantons ausgestattet werden, damit sie den Betrieb aufrecht erhalten können.
Nun gehen die Baukredite allerdings auf eine Volksabstimmung vom November 2014 zurück, das Volk hat sie also abgesegnet. Kann der Kanton nun hingehen und die Modalitäten der damaligen Darlehen einfach im Nachhinein verändern?
Ja, er kann. Denn die damaligen Beschlüsse enthielten keine Vorbehalte in Bezug auf die Abgeltung der Kredite. Es ging nur darum, ob die Kredite gesprochen werden sollen oder nicht, die Art der Rückzahlung war dabei kein verbindliches Element. Mit anderen Worten: Der Volkswille wird nicht tangiert, wenn der Kanton die Rückzahlung der Darlehen reduziert oder gleich ganz darauf verzichtet. Er kann das einfach tun.
Nur eine Einschränkung gibt es. Die noble Geste des Kantons würde bei diesem zu einem Verzicht auf eigentlich geplante Einnahmen führen. Denn immerhin hat St.Gallen damit gerechnet, dass die Darlehen zurückgezahlt werden. Diesen Einnahmeausfall könnte man auch als finanzielle Ausgabe deuten, die allenfalls einem Referendum unterstehen würde. Das heisst, das Volk müsste dann über den Verzicht auf die Rückzahlung der Darlehen abstimmen.
Allerdings kommt die Staatskanzlei hier noch nicht zu einem verbindlichen Urteil, sie schreibt, «es wäre zu prüfen, ob dieser Einnahmenverzicht einer referendumspflichtigen Ausgabe gleichzustellen» wäre. Und möglicherweise wäre es sogar nur das fakultative Referendum. Wird dieses nicht ergriffen, träte die Regelung in Kraft. Doch selbst bei einem Referendum: Würde das Stimmvolk seinen Spitälern diese Entlastung versagen?
Der Ausweg aus der Misere könnte also ein ziemlich einfacher sein: Der Kanton verzichtet darauf, das Geld bei den Spitälern einzutreiben. Das wäre ohne Frage eine zusätzliche Belastung für die Kantonskasse. Diese kann sie aber mit Sicherheit besser tragen als die Spitäler.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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