Das Referendumskomitee zum Erhalt des Spitals Wattwil hat am Freitag 8557 beglaubigte Unterschriften eingereicht.
Die erfolgreiche Unterschriftensammlung sei «ein deutliches Bekenntnis zum Erhalt des neugebauten Spitals und zur Sicherung einer patientennahen medizinischen Grundversorgung für die Bevölkerung im Toggenburg und im ganzen Kanton», schreibt das Referendumskomitee.
Obwohl die Festtage und die Corona-Pandemie die Sammlung der Unterschriften für das Referendum gegen den «Nachtrag zum Kantonsratsbeschluss u?ber die Erneuerung und Erweiterung des Spitals Wattwil» erheblich erschwerten, wurde die notwendige Anzahl von 4000 Unterschriften schon in der Mitte der Frist erreicht. Eingereicht wurden nun 8557 beglaubigte Unterschriften, mehr als doppelt so viele wie die nötigen 4000. Weitere rund 500 nicht mehr beglaubigte Unterschriften lagern beim Referendumskomitee.
Joel Müller, Vizepräsident der SP des Kantons St.Gallen, sieht für den raschen Erfolg vor allem zwei Gründe: «Für das Toggenburg ist der Erhalt des Spitals aus wirtschaftlich und gesundheitspolitisch lebenswichtig. Zugleich verlangen die Menschen im ganzen Kanton eine patientennahe medizinische Grundversorgung. Wir wurden deshalb mit Unterschriften geradezu überschüttet.»
Hohe Unterschriftenzahl: «Ein Ja zur Demokratie»
Das Referendumskomitee zeigt sich in seiner Mitteilung sehr zufrieden mit dem Erfolg, der auch ein Ja zur Demokratie bedeute. «Nachdem die Mehrheiten in Regierung und Kantonsrat mit ihren Entscheiden zu den Spitalschliessungen leichtfertig über die Zustimmung des Volkes von 70-90% Ja-Stimmen zu den Spitalbauten hinweggegangen sind, kann jetzt der Schliessungsentscheid der Kantonsbevölkerung vorgelegt werden», heisst es weiter. Nur die Stimmbevölkerung könne einen Volksbeschluss rückgängig machen.
Alois Gunzenreiner, Gemeindepräsident von Wattwil und Präsident des Fördervereins Regionalspital Wattwil, hält fest: «Der Gemeinderat ist aus staatspolitischen Gründen zufrieden, dass es zu einer Abstimmung kommt und der Souverän nach der überwältigenden Zustimmung zum Spital Wattwil im 2014 nun nochmals einen Entscheid fällen kann.»
«Votum für eine sichere medizinische Grundversorgung»
Für das breit abgestützte Referendumskomitee mit namhaften Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Gesellschaft machen die hohen Unterschriftenzahlen aus Wattwil, Ebnat-Kappel, Nesslau und anderen Gemeinden auch klar, dass das Toggenburg das Spital dringend brauche. Das Tal mit seiner Weitläufigkeit und seinen schwachen Strukturen habe bereits jetzt die niedrigste Versorgung an Hausärzten und Hausärztinnen, welche das Spital unbedingt als Anker der Gesundheitsversorgung benötige. Ein Gesundheitszentrum als Gemeinschaftspraxis könne weder den medizinischen Bedarf decken noch wirtschaftlich funktionieren. Die Ärzteschaft im Toggenburg sei auf ein öffentliches Spital mit einer bedarfsgerechten Anzahl Akutbetten angewiesen. Der regionale Spitalstandort und das Zentrumsspital St.Gallen erbringen ihre Leistungen gemeinsam.
SP-Kantonsrat Christoph Thurnherr betont: «Das öffentliche Spital ist ein wichtiger Teil des Service Public im Toggenburg. Es muss weiterhin die unverzichtbare stationäre und ambulante medizinische Grundversorgung in der Nähe bieten und in einer alternden Gesellschaft Lücken in der hausärztlichen Versorgung füllen.»
Stärkung der Region Toggenburg im Interesse eines starken Kantons
Das Spital sei auch als Wirtschafts- und Standortfaktor im Toggenburg unverzichtbar. Dies hättendie Studien der IHK St.Gallen-Appenzell von 2013 und von PWC von 2018 zur Entwicklung der Spitallandschaft ausdrücklich bestätigt, so das Referendumskomitee. Ein Spital biete in der Region attraktive Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Arbeitsplätze an. Das helfeauch der Spitex, der Ärzteschaft und so der gesamten Wohnbevölkerung.
Für Barbara Gysi, Präsidentin des kantonalen Gewerkschaftsbundes und Nationalrätin, ist das ein entscheidender Punkt: «Das Spital vergibt dem lokalen Gewerbe Aufträge und ist so wichtiger Teil der regionalen Volkswirtschaft. Zugleich ist es ein wichtiger Pluspunkt für die strukturschwache Region im Standortwettbewerb. Starke und attraktive Regionen mit Läden, Gewerbe, Kultur, Schulen und einer guten medizinischen Grundversorgung stärken den ganzen Kanton. Bei einer Aufhebung des Spitals drohen grössere Arbeitsplatzverluste und es gehen wichtige Ausbildungsplätze verloren.»
«Kein Volksvermögen vernichten»
2014 hätten 78 Prozent der St.Gallerinnen und St.Galler Ja gesagt zum Spital Wattwil, erinnert das Referendumskomitee. Es wurde ein Kredit von 85 Millionen für die Sanierung und Erweiterung bewilligt. 60 Millionen sind in die bestehenden Neubauten bereits investiert. Mit der vom Kantonsrat beschlossenen Strategie werde das Spital «für einen Pappenstiel an einen privaten Investor übergeben». Dadurch werde in grossem Masse Steuergelder vernichtet. Geplant sei zudem, dass sich die Spitalregion Toggenburg-Fürstenland und der Psychiatrieverbund anschliessend in der Liegenschaft einmieten. «Auf diese Weise», so Matthias Elmiger vom Bürgerforum, «erhält der Privatinvestor gleich doppelte Rendite und die St.Galler Steuerzahlerinnen finanzieren das Spital doppelt. Solche unüberlegten Privatisierungsschritte, die zu Lasten der Bevölkerung erfolgen, sind mit allen Mitteln zu verhindern. Das Spital ist gebaut, es soll auch als solches genutzt werden.»
Abstimmung im Juni: Komitee vom Erfolg überzeugt
Das Referendumskomitee ist überzeugt, die voraussichtlich im Juni stattfindende Abstimmung zu gewinnen. Die Vorbereitungen zum Abstimmungskampf laufen bereits. Denn die Abstimmung sei eine Grundsatzabstimmung über das Gesundheitswesen im Kanton. Wenn die Bevölkerung das Referendum und somit den Finanzierungskredit von 2014 erneut bestätige, dann sei der Volkswille unmissverständlich: «Dann muss der Wattwil vom Parlament wieder auf die Liste der öffentlichen Spitalstandorte genommen werden, und weitere Spital-Schliessungen sind zu unterlassen.»
Für SP-Vizepräsident Joel Müller ist klar: «Es wird eine Abstimmung über Perspektiven für die Landbevölkerung. Es ist eine Abstimmung über die Solidarität zwischen jung und alt, zwischen gesund und krank und zwischen Stadt und Land. Es ist aber auch eine Abstimmung gegen den Abbaukurs im Gesundheitswesen und es ist eine Abstimmung gegen weitere drohende Schliessungen, beispielsweise in Wil oder Uznach. Der Wille der Bevölkerung für eine patientennahe Spitalversorgung wird sich durchsetzen.»
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