Die SVP will entgegen früheren Fällen ihren Ständeratskandidaten für den 20. Oktober in einem internen Wettkampf küren. Maximal vier Namen werden mit Stand heute zur Auswahl stehen. Aber es deutet alles darauf hin, dass Nationalrat Roland Rino Büchel ins Rennen geschickt wird.
Wie das St.Galler Tagblatt in der aktuellen Ausgabe berichtet, setzt der St.Galler SVP-Wahlkampfleiter Toni Brunner auf eine interne Ausmarchung, um die Person zu küren, die den langersehnten Ständeratssitz für die Partei holen soll. Demnach stehen vier Leute auf aktuellen Liste: SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel, sein Amtskollege Mike Egger, Regierungsrat Stefan Kölliker und Kantonalparteipräsident Walter Gartmann.
Zwei von ihnen haben laut «Tagblatt» gegenüber Brunner bereits die Bereitschaft zugesichert, zwei denken noch darüber nach. Wer gesetzt ist und wer noch Zeit braucht, sagt Brunner nicht.
Die wahrscheinlichste Variante: Die Nationalräte Büchel und Egger haben bereits zugesagt, Kölliker und Gartmann zögern noch. Dass Büchel nach neun Jahren im Nationalrat Lust hat, die Kammer zu wechseln und so im Bundeshaus mehr Einfluss zu gewinnen, wäre nur logisch. Und Egger hat mit der Kandidatur im Frühling bereits bewiesen, dass er jederzeit bereit ist, eine Schlacht zu schlagen.
Stefan Kölliker hingegen hat mehr zu verlieren. Er ist als Regierungsrat gut unterwegs, und die Kandidatur gegen zwei bisherige Ständeräte ist eine unsichere Sache. Mit 49 Jahren ist er jung genug, noch etwas zu warten - zum Beispiel darauf, dass Paul Rechsteiner (SP) das Bundeshaus doch noch irgendwann verlässt.
Walter Gartmann wiederum müsste bei realistischer Betrachtung zum Schluss kommen, dass seine Wahlchancen gering sind. Parteipräsidenten sind nicht per se breit bekannt in der Bevölkerung, und es ist zweifelhaft, dass er sich gegen einen der amtierenden Ständeräte oder auch den FDP-Kandidaten Marcel Dobler durchsetzen könnte.
Und da Mike Egger bereits sein Glück versuchen konnte und nicht reüssiert hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass Büchel für die SVP die Kohlen aus dem Feuer holen soll.
Schon jetzt zeichnen sich Strategien der bürgerlichen Parteien ab. Im ersten Wahlgang wird jede für sich schauen, im zweiten macht man eine Auslegeordnung. Gegenüber dem «Tagblatt» sagt Toni Brunner, er schliesse ein bürgerliches Ticket in der zweiten Runde nicht aus. Will heissen: Schafft es im ersten Wahlgang niemand, könnten SVP, FDP und CVP sich dann auf die stärksten zwei bürgerlichen Kandidaturen einigen.
Was aber natürlich nicht ohne Preis kommt. Die SVP wäre offenbar bereit, im zweiten Wahlgang ein Ticket aus CVP und FDP zu unterstützen und auf eine eigene Kandidatur zu verzichten. Aber nur, wenn die beiden anderen Parteien im Gegenzug der SVP im Frühling 2020 helfen, einen zweiten Sitz in der Regierung zu erringen - auf Kosten der SP.
Mit einem reinen Handschlag lässt sich so etwas kaum regeln, daher spricht Brunner von einer verbindlichen Vereinbarung, die dann alle einhalten müssten - und falls nicht, würde man das öffentlich machen.
Die FDP hat schon bei der Lancierung der Kandidatur von Marcel Dobler signalisiert, dass man vor einem - sehr wahrscheinlichen - zweiten Wahlgang die Sache neu anschauen werde. Ein zweiter bürgerlicher Ständeratssitz ist durchaus in ihrem Interesse, ebenso wohl ein zweiter SVP-Regierungssitz, wenn die SP dafür einen verliert. Allerdings ist noch nicht bekannt, mit wem die SVP neben Stefan Kölliker in die Regierung ziehen will. Und somit kauft man derzeit mit einer Vereinbarung die Katze im Sack.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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