Nun ist klar: Der St.Galler SP-Politiker Paul Rechsteiner wird nicht nochmals für den Ständerat kandidieren. Er beendet seine politische Laufbahn. Und das nicht etwa auf Ende der laufenden Legislatur, sondern bereits im Dezember.
In jüngster Zeit setzen die Layouter beim St.Galler Tagblatt auf grosse Bilder auf der Titelseite. Düster, mit viel Schwarz. Zuerst die Queen, dann Roger Federer und nun Paul Rechsteiner. Das sieht mitunter aus wie eine Todesanzeige, was im Fall der Queen auch passend war. Bei Federer und Rechsteiner… naja.
Der St.Galler SP-Politiker nutzt die Publikation, um seinen Rücktritt zu verkünden. «Das war’s», verkündet das «Tagblatt. Und das trifft es.
Rechsteiner war von 1986 bis 2011 Nationalrat. Anschliessend politisierte er im Ständerat. Und das tut er nun nur noch bis Ende dieses Jahres. Lange wurde gemutmasst, ob der St.Galler 2023 nochmals antritt. Und die massgeblichen Parteien waren aufgrund der Unsicherheit förmlich blockiert.
Soll man sich nun bereits in Stellung bringen oder nicht? Macht der 70-Jährige allenfalls doch noch weiter, weil innerhalb der SP keine Person auszumachen ist, die ihn beerben könnte?
Nun ist klar: Rechsteiner hört auf. «Das war’s». Nach 36 Jahren. «Es ist keine allzu grosse Überraschung: Ich werde nicht mehr kandidieren», so Rechsteiner im «Tagblatt». Überraschender sei wohl, dass er bereits im Dezember, also per Ende der Wintersession, zurücktreten werde.
Damit greift Rechsteiner quasi vor. Denn nun werden die St.Galler Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nicht erst im Herbst 2023 eine Wahl treffen müssen, sondern bereits im Frühling.
Rechsteiner dürfte damit so einige Parteien auf dem linken Fuss erwischen. Mit wem tritt die FDP an? Wer soll der SVP den lang ersehnten Ständeratssitz sichern? Gerade hier zeichnet sich ein Problem ab. Esther Friedli, die man bei der SVP jeweils gerne mit solchen Ämtern in Verbindung bringt, wird derzeit als Bundesratskandidatin gehandelt. Und theoretisch könnte sie in diesem Spiel noch bis Anfang Dezember eine massgebliche Rolle einnehmen. Es ist kaum denkbar, dass Friedli auf zwei Hochzeiten tanzen will.
Und dann aber auch die SP. Wen schlägt sie als Nachfolgerin oder Nachfolger von Rechteiner vor? Wer will in die grossen Fussstapfen treten, die Rechsteiner während fast vier Jahrzehnten hinterlässt?
Die nächsten Wochen werden aus politischer Sichtweise spannend. Rechsteiner kann dem Treiben nun sehr gelassen zusehen. Er kam mit jungen 34 Jahren in den Nationalrat und hat entsprechend sein halbes Leben im Parlament verbracht. Dass er mit 70 Jahren Platz für eine jüngere Kraft macht, ist keine Überraschung. Dass er es bereits auf Ende des Jahres macht, allerdings schon.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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