Eigentlich ging er wegen einer harmlosen Erkältung zum Arzt. Das war im Februar 1997. Keine zehn Monate vergingen, und Ruedi Hunziker war tot. Gestorben an Krebs.
«Die Erkältung erwies sich als bösartiges Hautmelanom, welches bereits auf die Lunge gestreut hatte», erinnert sich sein Sohn Stefan Hunziker. Als reiner Zufallsbefund wurde der Krebs entdeckt, und zog schliesslich eine monatelange Behandlung mit sich. Die Chemotherapie schwächte den damals 56-Jährigen enorm. Und hinterlässt bei Stefan Hunziker die Frage: «Hätte man sie überhaupt machen sollen? Oder vielleicht eher die Zeit geniessen, die man noch hat, und es einem einigermassen gut geht?»
Familie fing ihn auf
Sein Vater wurde mitten aus dem Leben gerissen. Gerade erst Grossvater geworden, hätte er sich noch viele schöne Momente mit seiner Frau und der Familie gewünscht. Auch auf die Pension freute er sich. Von heute auf morgen alleine zu sein, damit hatte seine Mutter enorme Schwierigkeiten. «Sie gab das aber nie zu, und überspielte ihre Gefühle», so Stefan Hunziker. Weil er selber früh Vater geworden sei, traf ihn der Verlust des eigenen Vaters zwar auch. «Aber mit 27 Jahren war ich froh, selber eine Familie zu haben, die mich aufgefangen und auch abgelenkt hat.»
Zu wenig bewusst
Mittlerweile ist Stefan Hunziker 53 Jahre alt, nur noch wenige Jahre fehlen, bis er genau so alt ist wie sein Vater, als er von heute auf morgen nicht mehr da war. Diese Tatsache hat in ihm einiges ausgelöst, wie er erklärt. «Ich will die Zeit nutzen, die uns bleibt. Manchmal ist uns das im Alltag zu wenig bewusst.» Er habe in seinem alten Job sein Pensum auf 80 Prozent reduziert und will dies auch bei seinem neuen erreichen.
Sein Vater wäre mittlerweile siebenfacher Grossvater, seine Mutter ist mit 80 Jahren noch fit und rüstig. Ans Alleinsein habe sie sich mittlerweile gewöhnt – und es mit den Grosskindern sowie vielen Hobbys aufgefangen. Doch keine Tätigkeit oder Ablenkung der Welt könne darüber hinwegtäuschen, dass sein Vater auch heute noch fehlt. Sei es an Geburtstagen, an Weihnachten – oder einfach so, um mit ihm zu plaudern.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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