Heidi Hanselmann wird im Frühjahr 2020 nicht mehr für die St.Galler Regierung kandidieren. Nach 16 Jahren im Amt räumt sie ihren Platz im Regierungsrat. Das teilt ihre Partei, die SP, mit. Und sie stimmt zum Lobgesang auf Hanselmann an.
Damit muss die St.Galler SP eine Vakanz füllen. Von ihrem zweiten Regierungsrat Fredy Fässler wird angenommen, dass er für eine weitere Amtszeit kandidiert.
In einer sehr langen Würdigung dankt die SP Heidi Hanselmann «für ihre absolut überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft für die Gesundheitsversorgung im Kanton St.Gallen und für die nationale Gesundheitspolitik.» Die Frau aus Walenstadt war 2004 in die Regierung gewählt worden und hatte während der gesamten Zeit das Gesundheitsdepartement geleitet. 2008 und 2014 war sie zudem Regierungspräsidentin, ebenso ist sie es derzeit.
Hanselmann hatte bisher keine Andeutungen gemacht, genug vom Amt zu haben, wobei 16 Jahre eine lange Zeit sind und die Frage deshalb auf der Hand lag - bislang ohne Antwort.. Kritisch ist der Zeitpunkt insofern, als die St.Galler Spitallandschaft noch nie vor grösseren Herausforderungen stand als jetzt. Wer auch immer Hanselmanns Nachfolge antritt, wird vom ersten Tag an in einem Minenfeld stehen. Insofern stellt sich auch die Frage, ob die SP-Regierungsrätin nicht in der Verantwortung gestanden hätte, mindestens den Prozess der nächsten zwei bis drei Jahre zu begleiten. Wobei wieder andere argumentieren werden, dass es vielleicht besser ist, wenn hier ein neuer Besen kehrt.
Die SP gibt sich in ihrer Würdigung überzeugt, dass Heidi Hanselmann das St.Galler Spitalwesen auf einen besseren Weg gebracht hat. Als sie angetreten war - sie hatte für die SP den zweiten Sitz in der Regierung zurückerobert -, sei die Spitalpolitik «seit Jahren völlig blockiert» gewesen. Sie haben es wieder auf einen konstruktiven Weg gebracht und eine Mehrheit für die neue Organisationsstruktur gewonnen.
Eine Struktur, die notabene umstritten ist. Liest man die Mitteilung der SP, entsteht der Eindruck einer gewaltigen Erfolgsgeschichte. Dies, nachdem die St.Galler Spitäler in den vergangenen Monaten von einer Negativschlagzeile zur nächsten Krise rutschten. Lobend erwähnt wird auch ihr Einsatz für eine Volksmehrheit für die Erneuerung der Spitäler. Ein Schritt, der längst auch kritisch beurteilt wird.
Alles in allem erinnert das Ganze an einen Nachruf: Bloss kein schlechtes Wort. Dass die SP es so hält, ist nachvollziehbar, immerhin geht es um ihre Regierungsrätin. Angesichts der Situation in der St.Galler Spitallandschaft wirkt der Lobgesang aber doch einigermassen absurd. Die Lage ist kaum der Regierungsrätin allein zuzuschreiben. Es gibt viele beteiligte Seiten: Die Gesamtregierung, der Verwaltungsrat der Spitalverbunde, auch das Kantonsparlament. Aber die Spitalpolitik trägt doch die Handschrift von Heidi Hanselmann. In diesem Sinn ist abzuwarten, wer sich nun diese Aufgabe zutraut - und ob sich die neuen Blockaden lösen, die sich seit ihrer Wahl ergeben haben.
Natürlich wusste auch Heidi Hanselmann, dass sie im Fall einer erneuten Kandidatur im nächsten März nicht einfach durchmarschieren würde. Kein anderes Regierungsmitglied ist so angeschossen wie sie. Und in den nächsten Monaten werden voraussichtlich weitere Hiobsbotschaften rund um die Spitäler folgen. Ein Verzicht aus freien Stücken ist ehrbarer als die Abwahl, wie sie einst der CVP-Gesundheitsdirektor Anton Grüninger erleben musste. Allerdings bewahrt auch der Rückzug Hanselmann kaum davor, mit den vergangenen Jahren der St.Galler Gesundheitspolitik assoziiert zu werden. Aber laut der SP waren es ja gute Jahre.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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