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Business Storytelling from Hype to Hack

Storyteller: Der Ost-Schweizer CEO-Flüsterer

Geschichten erzählen und zu leben – der Autor Jyoti Guptara hat den Dreh raus. Denn sein neues Buch wurde von Doug McMillon, Walmart-CEO, empfohlen. Wie sich das anfühlt, verrät der Ostschweizer im Interview.

Manuela Bruhin am 03. Januar 2023

Ihr neues Buch handelt von Storytelling. Und Sie treffen offenbar damit einen Nerv – auch von grossen Grössen. Doug McMillon ist Walmart-CEO und hat Ihr Buch weiterempfohlen. Wie haben Sie auf diese Nachricht reagiert?

Ich war soeben am Global Peter Drucker Forum in Wien, wo ich mit etlichen Management-Grössen zu tun hatte – wie etwa den Erfinder von «Siri» oder die Pionierin des Konzepts von «Psychological Safety», Harvard Business School Professorin Amy Edmondson. Doch dann die öffentliche Anerkennung vom Chef des weltgrössten Unternehmens via LinkedIn für mein eigenes Buch zu erhalten – das war eins obendrauf!

Gab es auch schon einen persönlichen Kontakt zwischen Ihnen?

Doug schrieb mir eine Postkarte, um mich wissen zu lassen, dass er mein Buch wertvoll fand. Ich nenne ihn umgänglich «Doug», nicht, weil ich ein enges Verhältnis zu ihm habe, sondern, weil das die Kultur von Walmart ist – alle 2,3 Millionen Mitarbeiter sprechen sich mit Vornamen an. Diese bewundernswerte Kultur wurde bereits massgeblich durch das Storytelling geprägt. Ein anderer Walmart-Manager hat mir das Buch ihres früheren CEOs Don Soderquist dazu empfohlen, «The Wal-Mart Way». Don Soderquist war als «Kultur-Hüter» bekannt, da er Geschichten erzählte, um die DNA der Riesenorganisation zu wahren. Wenn man eine Kultur ändern möchte, muss man nur die Stories ändern.

Sie schreiben nicht zum ersten Mal über das Thema. Darin geben Sie Tipps, wie man schnell zu den Menschen durchdringen, Zeit und Nerven sparen kann. Woher holen Sie sich die Inspiration dafür?

Aus meiner Coaching-Praxis. Um auszuholen: Als Fantasy-Autor gab ich hunderte von Autorenlesungen und Workshops an Schulen. Manche Teenager waren oft alles andere als motivierte Lesende und Schreibende, doch ich wollte sie unbedingt animieren und suchte Ansätze, um die Schönheit und Nützlichkeit von Geschichten zu vermitteln. Dies erwies sich als überraschend nützlich, als es darum ging, Führungskräfte zu schulen! Natürlich auch aus meiner Beratungstätigkeit mit unterschiedlichsten Organisationen auf fünf Kontinenten.

Sie haben bereits mit elf Jahren ihr erstes Buch geschrieben, dann wurde es einige Jahre ruhig um Sie. Wie hat sich Ihre Arbeit über die Jahre entwickelt?

Mit 21 hatte ich drei Bücher international veröffentlicht und dachte: Bildung? Job? Warum? Doch der weitere Durchbruch liess auf sich warten, ich musste mich neu erfinden – ohne Bildung oder Berufserfahrung. Eine schwierige Zeit. 2015 ging mir ein Licht auf, als ich Fellow und Gastautor des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik war, einer UN-Partnerorganisation. Ich beobachtete, wie man in der Wirtschaft und Politik meistens abstrakt kommuniziert und so nur einen kleinen Teil des Menschen erreicht. Dort begann ich, an Kursen für Führungskräfte mitzuwirken. Meine Module kamen sehr gut an, also baute ich das «Business Storytelling» zu einem zweiten Standbein auf. Das hat allerdings einige Jahre gedauert.

Kürzlich konnten Sie beide Interessen – das kreative Schreiben und Business-Storytelling – wunderbar vereinen mit dem Buch der Joya-Unternehmer.

Genau, meine erste Biografie handelt von den Ostschweizer Jungunternehmer Claudio Minder und Karl Müller und ihr Unternehmen Joya Schuhe. «The Joya Way: Mit Mut, Leichtsinn und gesunden Schuhen die Welt verändern» erschien Oktober 2022 und findet breit Anklang, egal, ob bei Hausfrau oder Jungunternehmerin. Es geht um Unternehmertum, ist aber zum laut lachen und motiviert, dranzubleiben und nie aufzugeben. Ein absoluter Genuss zum Schreiben und hoffentlich auch zum Lesen.

Der Jungautor schreibt also über Jungunternehmer. Und ein Monat später erschien Ihr erster Thriller in den USA…

Nach der Wüstenzeit kommt alles aufs Mal (lacht)! «Fortune’s Favor» ist das erste Buch von mir, das je von einem US-amerikanischen Verlag veröffentlicht wurde und somit ein Meilenstein. Es spielt in Indien, in den Vereinigten Staaten und in der Karibik. «Fortune’s Favor» ist zwar ein Thriller, hat aber wieder ein fantastisches Element – ein antikes indisches Artefakt, das eine Familienfehde zu einem internationalen Konflikt eskalieren könnte. Es tut richtig gut, mit zwei neuen Büchern im Gepäck unterwegs zu sein und wieder vermehrt für Lesungen eingeladen zu werden.

Wo hapert es bei den meisten Leuten im Hinblick auf das richtige Storytelling?

Alle reden heute über ihre «Story», da man gehört hat, dass Stories überzeugen. Aber nicht selten gibt es keine Story zu sehen! Deshalb der Titel meines Buchs – über den «Hype» des Schlagworts hinaus mit Stories zu arbeiten beginnen. Endlich vom WARUM hin zum WAS und WIE. Viele Leute zögern, wirkliche Geschichten bewusst einzusetzen, denn sie wollen «seriös» rüberkommen. Dabei muss man die Geschichte ja nicht ankündigen – erzähl einfach die Story und staune über die Wirkung. Weitere Schwierigkeiten sind, die richtige Story am richtigen Zeitpunkt einzusetzen. Deshalb spreche ich von verschiedenen «Typen» und «Grössen» von Geschichte, die man in unterschiedlichen Situationen anwenden kann. Sobald man sich bewusst ist, was man erreichen will und mit welcher Story-Struktur das am besten geht, ist die halbe Arbeit erledigt.

Die Rezensionen über Ihr neues Buch sind sehr positiv. Lesen Sie die jeweils?

Doch, einige. Ich möchte ja wissen, was ankommt oder nicht. Wobei man damit emotional umgehen lernen muss. Als «Business Storytelling from Hype to Hack» ein 1-Sterne-Rezension auf Amazon bekam und das fast perfekte Durchschnitts-Rating vermieste, warf es mich zuerst aus der Bahn. Dann fiel mir auf: Diese Rezension ist so einseitig schlecht geschrieben, das muss schon fast von einem Konkurrenten stammen. Und plötzlich musste ich schadenfreudig lachen. Wobei: Eigentlich arbeite ich lieber mit Menschen zusammen, ich glaube nicht an Konkurrenz. Man kann den Kuchen fast immer grösser machen.

Sie kommen ursprünglich aus der Ostschweiz. Sind Sie noch oft hier anzutreffen?

Ja, denn ich wohne mit meiner Frau in Weinfelden und habe zum Glück nicht nur Kunden in New York, sondern auch im Raum St.Gallen.

Worin bestand die Herausforderung bei der Umsetzung des Buchs?

Es war schwierig, ein Zielpublikum zu definieren. Storytelling hat nämlich viele Nutzen für viele Stufen und jegliche Branchen. Das führte dazu, dass ich einfach mal darauf losschrieb, um meine Gedanken zu Papier zu bringen. Als ich mich dann für den Titel entschied, «Business Storytelling from Hype to Hack», passte dieser nicht mehr mit dem Manuskript überein. Ich musste tun, was ich predigte und diesen Kommunikations-Hack auch knackig rüberbringen. Das suggerierte ein kurzes Büchlein. Also habe ich das Manuskript von 400 Seiten auf etwa 120 Seiten gekürzt. Die Vermittlung des Kommunikations-Hacks war gehackt!

Was dürfen die Leser vom Buch erwarten?

Anhand von Erkenntnissen aus der Neurowissenschaft und lebendige persönliche und geschäftliche Anekdoten lernt man, wie man am schnellsten besser kommunizieren kann. Wo findet man Geschichten und wie erzielt man mit ihnen die gewünschte Wirkung? Konkret gehe ich auf sieben Bereiche ein: Meetings und Smalltalk, Kundengespräche, Strategievermittlung, Pitches, Verkauf, sein eigenes Leben. Und schliesslich, wie man das Storytelling selbst hackt. Nach jedem kurzen Kapitel gibt es Übungen. Wenn man diese macht, ist das so wertvoll wie einige Coaching-Sitzungen. Vor allem aber ist das Buch leicht und unterhaltsam zu lesen. Es ist für Macher, nicht für Akademiker. Leser werden ermutigt und fühlen sich hoffentlich befähigt, das zu tun, wozu der Mensch geboren wurde: Geschichten zu erzählen und zu leben.

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Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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