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Tricks in Coronazeiten

Telefonieren vor der Ladentür: Die Schildbürger in Aktion

Nur noch die Grundversorger dürfen derzeit geöffnet haben, das aber mit eingeschränktem Sortiment. Ein Gebot der Fairness gegenüber den Läden, die geschlossen haben. Allerdings kann die Übung bequem unterlaufen werden. Das Ergebnis sind absurde Ereignisse im Alltag.

Stefan Millius am 28. Januar 2021

Eine gewisse Christine Fritz berichtet auf Facebook von ihrem nicht ganz alltäglichen Erlebnis. Der Bericht macht dort schnell die Runde. Er steht stellvertretend für sehr viele ähnliche Geschichten, die gerade kursieren.

Die Dame war in einer Landi-Filiale und wollte einen Schmutzteppich kaufen, im Winter ja durchaus nützlich. Sie wurde sogar beraten, aber als sie kaufwillig war, wurde ihr beschieden, dass es daraus leider nichts wird. Denn der erwähnte Schmutzteppich war im Bereich der derzeit unverkäuflichen Produkte.

Es gab aber eine Lösung. Die Verkäuferin erwähnte, dass man das Produkt zwar nicht im Laden kaufen könne, aber auf Bestellung. Also verliess Christine Fritz die Landi, stellte sich draussen vor die Tür, rief in der zwei Meter entfernten Filiale an, bestellte den Schmutzteppich, ging wieder rein, bezahlte ihn und ging.

So geht das aktuell tagein, tagaus. Sportausrüster, die nur noch Services ausführen dürfen, scheuchen die bewusste Kundschaft zuerst weg, nehmen in Echtzeit vor der Tür telefonische Bestellungen entgegen und händigen dem Kunden 15 Sekunden später das Gewünschte aus. Problem gelöst.

Es gibt Comedians, die noch vor kurzer Zeit dankbar gewesen wären für ein solches Szenario auf der Bühne. Aber es geschieht derzeit ganz real quer durchs Land.

Das ist das Ergebnis einer schlecht durchdachten Handlungskette. Dass Migros und Coop derzeit beispielsweise kein Spielzeug verkaufen dürfen, macht durchaus Sinn mit Blick auf Spielzeugläden, die geschlossen bleiben müssen. Es wäre höchst unfair, wenn ein Grundversorger, der Ausnahmestatus geniesst, auch in diesem Bereich aus dem Vollen schöpfen könnte. Für die betroffenen, oft kleineren Läden wäre das ein Affront und ein Wettbewerbsnachteil.

Nur ist es aber natürlich so, dass das bewusste Spielzeug jederzeit elektronisch geordert werden kann bei unzähligen Anbietern im In- und Ausland, direkt vor die Haustür. Die Fairness wird also ohnehin ausgehebelt. Stationär ist im Nachteil, digital boomt. Man kriegt alles, wenn man es haben will, und zwar legal, schnell und einfach. Dagegen lässt sich nichts tun. Es sei denn natürlich, man blockiert auch den Onlinehandel. Das wird kaum geschehen. Erstens, weil es technisch so gut wie unmöglich ist. Zweitens, weil die Leute Amok laufen würden, wenn man den Riegel vollständig schiebt. Und drittens, weil Regierungen und Behörden den Onlinehandel lieben, weil man für ihn das Haus nicht verlassen muss.

Fazit: Man kann einen Lockdown von Ladengeschäften gar nicht gerecht abfedern im Jahr 2021. Was bleibt, sind absurde Alltagssituationen wie die geschilderte. Der erwähnte Versuch, die Spiesse möglichst gleich lang zu machen, ist theoretisch lobenswert. Aber es geht gar nicht. Darunter leidet der gesunde Menschenverstand. Spätestens dann, wenn man vor der Tür stehend Artikel ordern kann, die man eine Minute zuvor im Laden nicht erhalten hat.

Massnahmen, das ist ein alter Hut, werden dann befolgt, wenn sie von der Vernunft erfasst werden können, wenn man einen Sinn darin sieht. Das ist hier definitiv nicht der Fall. Die einzige Lösung liegt in der Öffnung des gesamten stationären Handels. Auch das garantiert das Überleben kleiner Läden nicht. Aber immerhin sind sie nicht handlungsunfähig.

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Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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