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Verheerende Folgen

Thurgauer Jäger fürchten um ihre Jagdkultur

Wenn die Jagschiessanlage in Weinfelden im nächsten Jahr stillgelegt wird, muss der Kanton eine neue Anlage bauen oder das Jagdgesetz ändern.

Die Ostschweiz am 25. März 2024

Die über 90 Jahre alte Jagdschiessanlage in Weinfelden muss Ende 2025 aufgrund der immer strengeren Vorgaben zurückgebaut werden. Weil Schrot in die angrenzende Thur gelangt ist, wurde das Tontaubenschiessen auf der Anlage bereits vor drei Jahren verboten. Da der Kanton durch das Thurgauer Jagdgesetz verpflichtet ist, die Infrastruktur für die jagdliche Schiessausbildung, Weiterbildung, Jagdprüfung, sowie die periodischen Treffsicherheitsnachweise sicherzustellen, sollte in Müllheim-Wigoltingen eine neue Anlage gebaut werden.

Das Parlament hat jedoch den als zu hoch erachteten Objektkredit von 9,06 Millionen zurückgewiesen. Die Kreditvorlage sollte überarbeitet und dabei auch die Möglichkeit einer Auslagerung des Thurgauer Jagdschiesswesens geprüft werden.

Ergänzung im Jagdgesetz würde markante Veränderung ermöglichen

Fünf Grossräte haben eine Parlamentarische Initiative eingereicht, in der gefordert wird, dass das Thurgauer Jagdgesetz so ergänzt wird, dass der Kanton anstelle einer eigenen Anlage auch eine Beteiligung oder den Abschluss einer Leistungsvereinbarung mit anderen, auch ausserkantonalen Anlagen tätigen kann. Mögliche Alternativen wären die Jagdschiessanlagen «Erlenholz» in Wittenbach (SG) und «Widstud» in Bülach (ZH). «Das wäre ein Armutszeugnis für den Kanton, wenn er schon die Prüfungshoheit hat, soll er auch die Verantwortung tragen», sagte Ignaz Held, Jagdaufseher aus Diessenhofen, im Gespräch mit «Die Ostschweiz»» und bemerkte, dass eine kantonseigene Jagdschiessanlage insbesondere für den Nachwuchs enorm wichtig sei.

«Der Jäger ist mit der Heimat verbunden», betonte Helg. Philipp Ramsauer, Präsident der Jagdaufsicht Thurgau betonte bei der letzten Generalversammlung, dass der Regierungsrat nie für eine neue Jagdschiessanlage stimmen wird, wenn der geforderte Zusatz ins Jagdgesetz kommt.

Es gäbe vielleicht auch andere Alternativen

Weil für manche Jäger der Aufwand zu gross wäre, bis 20 Schiessübungen im Jahr in Bülach oder Wittenbach durchzuführen, befürchten die Thurgauer Jagdaufseher einen Rückgang der Jägerschaft und somit den Verlust eines traditionellen, gesellschaftlichen Kulturguts. Werner Umbricht, Obmann der Jagdgesellschaft Eschenz, bemerkte gegenüber «Die Ostschweiz», dass die Thurgauer Jäger jedes Jahr über 600´000 Franken Jagdpacht bezahlen, der zum grossen Teil der Allgemeinheit zugutekommt.

Jäger 3

Ende nächsten Jahres ist Schluss auf der Jagdschiessanlage in Weinfelden. Aufgrund den Vorgaben bezüglich Naturschutz und Lärmemissionen wird sie stillgelegt. Von links die Thurgauer Jagdaufseher Martin Sabatini, Max Zuberbühler, Werner Schlatter und Philipp Ramsauer.

Mit diesem Geld könnte man langfristig eine Jagdschiessanlage finanzieren. «Es gäbe sicher auch günstigere Standorte wie in Müllheim», sagte Umbricht, für den der Waffenplatz in Frauenfeld eine Alternative sein könnte. Der Thurgauer Regierungsrat ist nun in der Pflicht dem Parlament in den nächsten zwei Monaten einen neuen Vorschlag zu unterbreiten.

Thurgauer Jäger sind bei «Hubertus» willkommen

«Die Ostschweiz» hat bei Peter Weigelt, dem bisherigen Präsidenten des St. Gallischen Jägervereins Hubertus nachgefragt.

Peter Weigelt, kann der St. Gallische Jägerverein Hubertus die Thurgauer Jäger auf der Jagdschiessanlage im Erlenholz aufnehmen?

Von den rund 700 Thurgauer Jäger legen bereits etwa 200 bei uns den jährlichen Treffsicherheitsnachweis ab, viele davon sind auch Vereinsmitglieder. Die periodischen Treffsicherheitsnachweise der restlichen Jäger können wir im laufenden Betrieb auffangen. Wenn aber auch die Jungjägerausbildung und die Jagdprüfungen ins Erlenholz verlegt werden sollen, dann müssen wir bauliche Veränderungen vornehmen.

Was müsste gemacht werden?

Nach der Anfrage aus dem Thurgau haben wir mit unserem Architekten Peter Jörg die Machbarkeit geprüft. Im Zentrum steht dabei die teilweise Umstellung auf einen Indoor-Betrieb, der mehr Flexibilität und Kapazität bringen würde. Wir müssten dafür zwei 100 Meter Bahnen, den Schrotschiessstand und den Laufenden Keiler schallschutzmässig vollständig einhausen. Nach den Vorgaben dürfen wir 200 Stunden im Jahr schiessen. Mit der Thurgauer Jagdausbildung kämen wir damit aber nicht mehr durch.

Welche Auswirkungen hätte das auf den Kanton Thurgau?

Für den Umbau müsste zuerst eine Machbarkeitsstudie gemacht werden, die auch eine Kostenschätzung ermöglicht. Die Kosten für einen Einkauf des Kantons Thurgau wären natürlich weit weg von den neun Millionen, die für eine neue Jagdschiessanlage im Thurgau investiert werden sollen.

Welche Auswirkungen würden sich für den Kanton St. Gallen ergeben?

Wenn die Schallschutzmassnahmen realisiert würden, könnten künftig auch ein wesentlicher Teil der St. Gallischen Jungjägerausbildung und -prüfung schallisoliert und zeitlich flexibler durchgeführt werden.

Was glauben Sie, wird sich der Kanton Thurgau für eine eigene Schiessanlage entscheiden?

Als ehemaliger Kantons- und Nationalrat kenne ich die parlamentarischen Prozesse sehr gut und kann mir nicht vorstellen, dass ein Neubau politisch eine Chance hat, wenn die Parlamentarische Initiative wie vorliegend überwiesen wird. Dies aus Kostensicht, aber auch mit Bezug auf die Verfahrensdauer und den sehr personalaufwendigen Betrieb einer Jagdschiessanlage, der nur ehrenamtlich gestemmt werden kann. In Bülach hat das Planungs- und Bewilligungsverfahren über zehn Jahre gedauert. Wenn es im Thurgau vielleicht auch schneller gehen könnte, würde eine neue Jagdschiessanlage wohl erst deutlich nach 2030 in Betrieb gehen.

(Hauptbild oben: Die Thurgauer Jagdaufseher sehen sich von der Politik bezüglich der Zukunft der kantonseigenen Jagdschiessanlage im Regen stehen gelassen. Von links: Philipp Ramsauer, Werner Schlatter, Martin Sabatini und Max Zuberbühler.)

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Die Thurgauer Jagdaufseher Max Zuberbühler, Werner Schlatter, Martin Sabatini und Philipp Ramsauer (von links) wollen sich gegen die Ergänzung des Thurgauer Jagdgesetzes wehren.

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Philipp Ramsauer lehnt als Präsident der Jagdaufsicht Thurgau die Ausweitung des Thurgauer Jagdgesetzes vehement ab.

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Peter Weigelt war bis zur letzten Generalversammlung am 2. März in Degersheim elf Jahre Präsident des St. Gallischen Jägervereins Hubertus.

Text und Bilder: Thomas Güntert

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