Seit Monaten setzt sich Daniel Stricker aus Tobel auf seinem Youtubekanal gegen die Schutzmassnahmen gegen das Coronavirus ein. «Stricker TV» hat ein schnell wachsendes Publikum. Dieses schaut jetzt allerdings für eine Woche in die Röhre: Stricker wurde gesperrt.
Häufige Nutzer haben es bereits festgestellt: Die Videoplattform Youtube geht auf ganz eigene Weise mit der Coronasituation um. Sie fungiert inzwischen als eine Art verlängerter Arm der WHO. Wer die Weltgesundheitsorganisation kritisiert oder dazu aufruft, bestimmte ihrer Vorgaben nicht zu befolgen, ist sehr schnell weg vom Fenster. Die Konsequenzen sind unterschiedlich. Zum Teil gibt es zeitlich begrenzte Sperrungen für neuen Inhalt, doch es gibt selbst «lebenslange Sperrungen». Besonders bitter sind solche Massnahmen für Youtuber, die sich mühsam ein grosses Publikum aufgebaut haben.
«Stricker TV» auf Youtube wurde bisher von rund 11'000 Leuten abonniert. Die Zahl der Zuschauer ist allerdings je nach Clip weit höher. Gestiegen ist sie, seit sein Macher Daniel Stricker sich auf das Thema Corona festgelegt hat. Stricker ist dezidiert der Meinung, das Virus werde überhöht, seine Folgen seien längst nicht so gravierend wie behauptet - und entsprechend seien die vom Bundesrat und den Kantonen ergriffenen Massnahmen unverhältnismässig. In täglichen Clips und Livestreams legt er Zahlenmaterial vor, diskutiert Fakten mit Talkgästen und zieht dabei auch gerne heftig vom Leder.
Allerdings immer im legalen Rahmen. Seit einigen Wochen argwöhnte Stricker, wie er in mehreren Sendungen sagte, dass er aufgrund seiner kritischen Haltung von Youtube gesperrt werden könnte. Deshalb achtete er peinlich genau darauf, keine der Richtlinien zu verletzen und «zensierte» sich immer mal wieder selbst, bevor er einen Gedanken zu Ende sprach.
Nun ist es doch geschehen. «Wegen diesem Video wurde ich bei Youtube 1 Woche gesperrt», schreibt er auf dem Messengerdienst Telegram. Zu sehen ist seine bisherige Arbeit weiterhin, er kann aber keine neuen Inhalte hochladen oder «live» gehen. Stricker verweist deshalb vorerst auf Telegram und Facebook, wo seine «echte Tagesschau», wie das Format heisst, weiterhin zu sehen ist.
Dieser Clip hier war Stein des Anstosses:
Doch was genau hat zur Sperrung geführt? Im kurzen Clip spricht Stricker vor atmosphärischen Bildern von der aktuellen Lage, von einem «stillen Krieg», der im Gang sei, von vielen «denkfaulen» Menschen, davon, wie sich das «Land von Wilhelm Tell» entwickelt habe. Und er sagt, es brauche «Widerstand». Allerdings spricht er bewusst von Widerstand in legalem Rahmen, der friedlich verlaufen soll.
Das war offenbar bereits zu viel für Youtube.
Das Unternehmen, das Google gehört, hatte bereits im Frühjahr angekündigt, man werde «zahlreiche vermeintlich medizinische Inhalte zum Coronavirus löschen.» Dabei gehe es um «Fehlinformationen über die Verbreitung und Behandlung von Covid-19, die den offiziellen Angaben der Weltgesundheitsorganisation widersprechen.» So wolle man «falsche Informationen unterbinden». Kurz zuvor hatte es bereits geheissen, auch «Verschwörungstheorien in Bezug auf das Coronavirus» würden gelöscht. Die entsprechenden Richtlinien hat Youtube angepasst.
Am Beispiel des Thurgauers Daniel Stricker sieht man, wie grosszügig diese Richtlinien ausgelegt werden - grosszügig für Youtube, nicht für die Nutzer. Im bewussten Clip hat er weder die Existenz des Virus abgestritten noch die Tatsache, dass Menschen daran erkranken. Medizinische Aussagen sind keine enthalten. Offenbar läuft «Stricker TV» für Youtube also unter «Verschwörungstheorien», weil es die eingeleiteten Massnahmen für falsch hält.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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