Seit 2016 bietet Adi Leutenegger mit seiner Firma sailingpassion.ch by skad GmbH mit Sitz in Islikon Segelferien in diversen Ländern an. Er selbst benötigte eine Auszeit, bis er sich in ein neues Abenteuer stürzte.
Adi Leutenegger, wie kommt man auf die Idee, von der Schweiz aus Segelferien anzubieten bzw. zu organisieren?
Segeln gehört zu meinem Leben. Das Segelhandwerk lernte ich bereits von klein auf im Verein und in den Familienferien auf dem Segelschiff. Ich war fasziniert vom Zusammenspiel mit der Natur und den schönen Fleckchen Erde, die man auf dem Seeweg entdecken kann. Diese Leidenschaft motivierte mich auch, das Amt als Segeltrainer zu übernehmen und im Verband tätig zu sein. Nachdem meine Frau und ich uns nach beruflich intensiven Jahren eine Auszeit auf dem Meer nahmen und viel Zeit damit verbrachten, mit baumelnden Beinen und hängenden Köpfen die Vergangenheit zu reflektieren, beschloss ich meinen Job zu künden und mit sailingpassion.ch einen Neufang zu wagen.
Wie happig war die Anfangsphase? Was war entscheidend, um das Angebot attraktiv zu machen und im Markt zu positionieren?
Der Freundebonus erleichterte mir den Einstieg in die Tourismusbranche enorm. Es war zu Beginn recht einfach, Leute aus der Bekanntschaft zu motivieren, mit mir Segelferien zu machen. Deshalb war die erste Saison rasch ausgebucht. Irgendwann haben dann aber die meisten deiner Freunde schon mal Segelurlaub gemacht, ich brauchte einen neuen Plan. Ein Treffen mit Freunden aus der jungen Wirtschaftskammer, bei dem wir gegenseitig unsere Geschäfte durchleuchteten, half mir, einen passenden Leitsatz für mein Unternehmen zu bestimmen: «Wir definieren uns nicht über den Preis, sondern über die Dienstleistung, aber diese muss jederzeit stimmen.» Wir optimierten unsere Prozesse und setzen seither alles daran, unsere Dienstleistung konsequent hochzuhalten. Das spricht unsere Zielgruppe an und führt dazu, dass die Crews der einzelnen Törns sehr gut harmonieren, was wiederkehrende Buchungen begünstigt.
Wie entscheidend sind die Partner vor Ort? Was braucht es, um eine attraktive Reise zusammenzustellen?
Da wir ausschliesslich Charteryachten im Angebot haben, ist es besonders wichtig, das Augenmerk auf den Zustand der Schiffe zu richten. Wir achten darauf, dass wir möglichst neue Schiffe bekommen und von attraktiven Orten aus starten können. Der richtige Partner vor Ort spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle. Wir setzen all unsere Törns mit Schweizer Skippern um und sind deshalb darauf angewiesen, dass dieser nach seiner Ankunft an der Destination innert Kürze und ohne übermässigen Aufwand die Yacht übernehmen kann. Über die Jahre hin haben wir ein stabiles Netzwerk von Partnern in verschiedenen Destinationen aufbauen können. Damit in den Ferien für den Kunden alles reibungslos läuft, ist eine gute Vorbereitung das A und O. In unserem Business müssen zahlreiche kleine Zahnräder perfekt aufeinander abgestimmt werden. Hierbei unterstützen uns dieses Netzwerk, die besten Mitarbeiter in unserem Ostschweizer Büro und unsere Erfahrung.
Und heute: Wie viele Trips organisieren Sie jährlich? Was beinhaltet das Angebot alles?
Wir sind der vielfältigste Anbieter für Segelferien auf dem Meer und führen unsere Törns mit Schweizer Skippern in über 20 Destinationen durch. Üblicherweise reist der Gast individuell zur Destination an, ist aber ein komplettes Angebot inklusive Flug und vielleicht Verlängerungswoche im Hotel gewünscht, setzen wir zusammen mit etablierten Reisebüros das Gesamtangebot um. Unsere jährlich rund 100 Törns unterteilen wir in vier Geschäftsfelder.
– Die Hochseeausbildung bestehend aus Theoriekurs zum Hochseeschein und verschiedenen Ausbildungstörns.
– Den Kojencharter, bei denen der Gast seine Koje auf dem Schiff bucht.
– Den privaten Charter für Gruppen (Freunde, Familien etc.), die ein ganzes Schiff mit Skipper an ihrer Wunschdestinationen buchen.
– Den Yachtcharter für Segler, welche im Besitz des Hochseescheins sind, denen wir qualitativ gute Yachten vermitteln.
Welche Reisen sind besonders beliebt?
In Europa sind Griechenland, Kroatien und Italien mit Toskana/Elba, Sizilien und Sardinien die drei klaren Favoriten unserer Kunden.
Gibt es bestimmte Destinationen, die Sie gerne noch ins Angebot mit aufnehmen würden?
Wir haben bemerkt, dass sich viele Kunden an den grossen Destinationen orientieren. Ganz vorne dabei ist beispielsweise Kroatien. Wir freuen uns aber über eine hohe Wiederbucherrate und deshalb ist es wichtig, immer wieder neue und aussergewöhnliche Destinationen anzubieten. So haben wir schon früh Montenegro als eher exotisches Segelgebiet in unser Angebot aufgenommen. Mit den Azoren, Schweden und Dänemark haben wir in Europa weitere spannende Destinationen, die wir unseren Kunden anbieten. Ich werde dieses Jahr Estland erkunden, damit wir unsere nördlichen Destinationen noch weiter ausbauen können. Ausserhalb Europas haben wir nebst den Klassikern Seychellen, Karibik und British Virgin Islands weniger bekannte Segeldestinationen wie Mexiko, Costa Rica oder Panama im Programm.
Was gilt es hierbei jeweils vorgängig zu klären?
Neben den Anreisemöglichkeiten werden die Infrastruktur vor Ort und die Auswahl an Vercharterern und deren Schiffen geprüft. Auch die nautischen, sprachlichen, politischen und kulturellen Gegebenheiten nehmen wir unter die Lupe. Dank dieser Abklärungen gelingt es uns, rasch herauszufinden, wie die Resonanz unserer Kunden ausfällt. Ist sie positiv, spricht nichts mehr dagegen, die neue Destination in unser Programm aufzunehmen.
Was stellt bei der Zusammenstellung eines Angebots jeweils die grösste Hürde dar?
Wir bieten verschiedene Thementörns an, die oft nur einmal im Jahr stattfinden. Die Törns stossen jeweils auf grosses Interesse, schwierig ist aber immer, dass die fixierte Woche und die Ferien unserer Gäste übereinstimmen.
Wie hart ist der Markt bzw. wie stark die Konkurrenz?
Der Markt mit Segelferien ist sehr schwierig zu beurteilen. Es gibt Seglerinnen und Segler mit Schweizer Hochseeschein, die mit Freunden auf Törn gehen. Dabei teilen Sie sich die Schiffskosten und kommen so sehr günstig zum Segeln. Solche Skipper können auch eine Homepage machen und nebst ihrer beruflichen Tätigkeit zwei bis drei Wochen gewerblich Segelferien anbieten.
Mussten Sie gerade in Corona-Zeiten harte Abstriche machen?
Die Corona-Zeit war für uns sehr hart. Die kurzfristigen Restriktionen unserer Destinationen waren noch einigermassen händelbar. Die meisten unserer Gäste liessen sich von dem in den Medien vermittelten Bild bezüglich der Reisemöglichkeit und Aufrufen wie «bleiben sie zu Hause» beeinflussen und schätzten das Risiko als zu hoch ein. So war der Markt der «Reise- willigen» extrem klein. Mit viel Flexibilität und Kreativität setzten wir alles daran, dass die verbliebenen Gäste auf ihre Segelkosten kamen. So wurde beispielsweise die jeweilige Destination erst am Montag vor Törnbeginn bei einem virtuellen Crewcall festgelegt. Dies liess zwar unseren Beratungsaufwand exorbitant ansteigen, bewirkte jedoch, dass wir trotz allem während der ganzen Corona-Zeit unterwegs sein konnten. Trotzdem war es für mich persönlich die schlimmste Zeit in meinem Berufsleben. Denn auch wenn unser Aufwand sehr geschätzt wurde, ist das Vertrauen in den Staat ebenso schwierig wieder herzustellen, wie die eingefahrenen Verluste je kompensiert werden können.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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