Am 17. August haben die Olma Messen St.Gallen die geplante Umwandlung von einer Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft angekündigt. Wie sieht die Messe-Branche in Zukunft aus? Christine Bolt, Direktorin der Olma Messen, im Interview.
Christine Bolt, seit Sie Direktorin der Olma Messen sind, sehen Sie sich mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Hand aufs Herz: Haben Sie auch Erfolgserlebnisse?
Auf jeden Fall! Aktuell ist eine allgemeine Aufbruchstimmung zu spüren. Wir dürfen in allen Geschäftsbereichen einen erfreulichen Geschäftsgang beobachten. Das ist für unsere Mitarbeitenden, die sich mit Herzblut für die Olma Messen einsetzen, eine unglaubliche Motivation. Die OBA im September ist ausgebucht, der Buchungsstand der Olma im Oktober ist erfreulich und es sind schon fast alle Standplätze für die Tier&Technik 2023 vergeben.
Bereits vor der Pandemie war die Messe-Branche in Bewegung. Ist dieses Format überhaupt noch zeitgemäss?
Wir stellen bei Publikums- und Fachmessen unterschiedliche Trends fest. Bei den Publikumsmessen ist seit einigen Jahren europaweit eine Konsolidierung zu beobachten. Auch in der Schweiz sind mit der Züspa oder Muba grosse Publikumsmessen verschwunden. Die Gründe sind vielfältig. Zusammenfassend und vereinfacht kann man vielleicht sagen, dass einige Veranstalter den Zeitpunkt verpasst hatten, die Formate kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Nicht so in St.Gallen: Mit der Olma und der Offa haben wir zwei nach wie vor starke Publikumsmessen im Portfolio. Und übrigens: Basel hat auf den kommenden Frühling eine Neulancierung der Muba angekündigt.
Bei den Fachmessen ist seit der Pandemie vieles in Bewegung, und es präsentiert sich ein anderes Bild als bei den Publikumsmessen: Hier beobachten wir eine Regionalisierung von grossen internationalen und nationalen Messen. Ebenfalls auffallend ist der Trend zur Fokussierung auf einzelne Themen. Darin sehen wir für uns und den Standort St.Gallen sehr viel Potenzial.
Was heisst das konkret für die Olma Messen St.Gallen und die Weiterentwicklung des Portfolios?
Den Trend der Fachmessen verfolgen wir schon länger, er ist als Schwerpunkt in unsere neue Strategie eingeflossen. Wir konzentrieren uns in der Neuentwicklung von Messen auf Fachmessen. Bereits nächsten Frühling lancieren wir mit der «Gastia» ein erstes neues Produkt. Die Fach- und Erlebnismesse für Gastfreundschaft hat zum Ziel, die Ostschweizer Hospitality-Branche stärker zu vernetzen. Fachleute aus Hotellerie, Gastronomie und Catering dürfen sich nebst der Fachausstellung auf hochstehende Forumbeiträge und attraktive Networking-Plattformen freuen.
Planen Sie weitere Publikumsmessen?
Nein, bei den Publikumsmessen stärken wir unsere bestehenden Messen Olma und Offa. Insbesondere werden wir die Olma weiterentwickeln. Wir bleiben nahe bei den Wurzeln und gleichzeitig halten wir stets die Nase in den Wind. Gerade bei den Themen «Ernährung» und «Landwirtschaft» ist vieles in Bewegung. Da wollen wir thematisch ganz vorne dabei sein.
Wie sieht es mit Buchungen für Kongresse und Events aus?
Sehr gut – im Bereich der Kongresse und Veranstaltungen nehmen wir aktuell so viele Anfragen wie noch nie entgegen. Unsere Strategie sieht nämlich vor, im Event-Bereich intensiv in die Produktentwicklung zu investieren. Mit unserem Full Service rund um Events erschliessen wir Einnahmequellen ausserhalb der bisherigen Geschäftsfelder. Ein Beispiel dafür ist die neue Halle 1: Unsere Konzeptentwicklung für das Namenssponsoring ist bereits weit fortgeschritten.
Welche Bedeutung haben die Olma Messen St.Gallen für die Ostschweiz?
Genau diese Frage war Gegenstand einer Ende November 2021 veröffentlichten Studie des Instituts für Systemisches Management und Public Governance der Universität St.Gallen (IMP-HSG). Diese belegt, dass wir mit unseren Aktivitäten sowie den Ausgaben von Ausstellenden, Veranstalter:innen und Besucher:innen erhebliche regionalwirtschaftliche Effekte erzielen. Mit unseren Aktivitäten ziehen wir jährlich gegen 800'000 Menschen an. Unsere Messen und Veranstaltungen haben 2019 Gesamtumsätze in Höhe von 294 Millionen Franken generiert – davon 177 Millionen in der Ostschweiz (AI, AR, SG, TG). Damit sind Beschäftigungseffekte von rund 1350 Vollzeitstellen verbunden. Die Zukunft der Olma Messen ist für unsere Region von grösster Bedeutung – emotional wie auch finanziell.
Was versprechen Sie sich davon, wenn mit der angestrebten Umwandlung in eine Aktiengesellschaft auch Privatpersonen einen Teil der Olma Messen besitzen können?
Fakt ist, dass wir aufgrund der schwierigen Jahre frisches Kapital für die langfristige Entwicklung der Olma Messen benötigen. Die pandemiebedingten Verluste belasten unser Eigenkapital mit voller Wucht. Also gestalten wir unsere Zukunft aktiv – und das wollen wir möglichst breit abgestützt tun. Mit der angestrebten Umwandlung der Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft sowie der Stärkung der Kapitalbasis bauen wir ein finanziell sicheres Fundament, können die Strategie umsetzen, weiterhin in der ganzen Region attraktive Arbeitsplätze ermöglichen und unsere Besucher:innen mit Messen und Events begeistern.
Wie ist die Idee der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft entstanden und wer war im Lösungsprozess involviert?
Im Januar 2021 bildeten wir eine Arbeitsgruppe mit Stadt, Kanton, Banken, PwC und natürlich uns, den Olma Messen. Im Lead war die Stadt als grösste Genossenschafterin. Gemeinsam haben wir die Massnahmen für die Sicherung der finanziellen Zukunft erarbeitet, darunter auch die Umwandlung von einer Genossenschaft in eine AG. Eine Aktiengesellschaft bietet ein sicherer gesetzlicher Rahmen, klare Strukturen und weitere Vorteile, die sich in der Praxis bewährt haben.
Die Ausgabe der Aktien erfolgt erst nach der angestrebten Anpassung der Rechtsform durch die Genossenschafterversammlung im April 2023. Warum soll man sich schon heute registrieren?
Es ist nie zu früh, sich ein Stück Ostschweizer Identität und Begeisterung zu sichern! Interessierte können sich ab sofort unverbindlich für die künftige Zeichnung von Aktien registrieren. Es ist ein Commitment in den belebten Messe- und Eventstandort St.Gallen. (pd)
«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.