Am 13. Februar muss das Stimmvolk darüber entscheiden, ob die Schweizer Medien mit Subventionen weiter an den Staat gebunden werden sollen. Als Begründung führen die «Beschenkten» den Kampf gegen Google, Facebook und Co. an, die den Schweizer Medien angeblich die Werbegelder streitig machen.
Die Fakten stellen sich aber ganz anders dar. Die wirklichen Nutzniesser der Digitalisierung und zugleich Totengräber der regionalen und lokalen Medien sind die Zürcher Medienkonzerne TX Group (Tagesanzeiger-Gruppe) und Ringier. Denn diese ziehen vor allem regionale Inserate auf ihre Online-Plattformen, machen damit das grosse Geschäft und bluten gleichzeitig ihre eigenen regionalen Titel sowie die kleinen Verlage aus.
Ende August 2021 haben Ringier und TX Group angekündigt, dass sie ihre bekannten Online-Marktplätze wie Homegate, Ricardo, tutti oder Scout24 in ein neues, gemeinsames Digitalunternehmen einbringen. Der Wert des neuen Unternehmens wird von den involvierten Parteien mit 2.7 Mrd. Franken angegeben. Die Perspektiven für dieses Geschäft sind so gut, dass der Aktienkurs der TX Group nach der Ankündigung innert 10 Tage um über 80% in die Höhe schnellte, obwohl die JobCloud AG der TX Group (Online-Marktplatz für Stelleninserate) darin noch nicht einmal enthalten ist. Mit einem Aktienanteil von 69% profitierte allein die Besitzerfamilie Supino/Coninx mit einen steuerfreien Vermögenszuwachs von über 500 Millionen Franken in 2 Wochen.
Die eigenen Zeitungen gezielt ausbluten
Eigentlich muss man vor diesem Hintergrund nicht von TX Group oder Ringier, sondern von deren Medientiteln wie Tagesanzeiger oder Blick sprechen. Denn über Jahrzehnte waren die Einnahmen aus Stelleninseraten, Kleinanzeigen, Immobilien- und Wohnungsinseraten oder aus dem Automarkt wichtige Ertragsbringer für die Tageszeitungen.
Die finanzgetriebenen Zürcher Medienkonzerne lagerten diese Erträge nun aber in eigenständige Firmen aus, die sogenannten Online-Marktplätze. Damit fehlen den gedruckten Zeitungen heute diese Einnahmen auf der Ertragsseite, womit die Zeitungen in die roten Zahlen rutschten. Während mit den Online-Portalen das ganz grosse Geld gemacht wird, klagen deren Besitzer als Verleger nun über nicht mehr rentierende Zeitungen.
Dass sie mit diesem Falschspieler-Trick Bundesrätin Sommaruga und das Parlament über den Tisch ziehen konnten und mit staatlichen Subventionen ihre zuvor ausgebluteten Zeitungen wieder auf Vordermann bringen wollen, ist schlicht unglaublich. Ein Trauerspiel zulasten der Steuerzahler, zum Schaden der regionalen Medien und vor allem unserer Demokratie. Wenn die Schlagzeile «Gewinne privatisieren – Schulden sozialisieren» einmal ihre Berechtigung hat, dann hier und jetzt.
Die wirklichen Verlierer - die regionalen Medien
Mit den erfolgreichen Online-Marktplätzen der Zürcher Medienkonzerne, deren Wert auf gegen drei Milliarden Franken geschätzt wird, graben TX Group und Ringier den Regionalmedien das Wasser ab. Denn ob Stellen-, Wohnungs-, Auto- oder Kleininserate, all diese Anzeigen sind nicht auf Google oder Facebook abgewandert, sondern in die Online-Marktplätze von TX Group und Ringier. Damit füllen sich die Kassen der Zürcher Medienkonzerne zu Lasten der mittleren und kleinen Verlage in den Regionen.
Dass der Besitzer der TX Group und Präsident des Verlegerverbandes Pietro Supino in Interviews gleichzeitig von Solidarität gegenüber den Kleinverlagen spricht, ist unglaublicher Hohn. So sagte Supino in einem Interview im St.Galler Tagblatt vom Oktober 2021: «Wir unterstützen das Medienpaket, weil es ausgewogen ist – und auch aus Solidarität zur Branche und zu den kleineren Verlagen, für die das Gesetz am wichtigsten ist.»
Peinliche und unehrliche Argumentation
Richtig ist vielmehr, dass von den 178 Mio. Franken, die jährlich als Subventionen an die Verlage gehen sollen, über 70% in die Taschen der vier grössten Mitglieder des Verlegerverbandes fliessen, dem immerhin über 100 Unternehmen angehören.
Allein die TX Group kassiert über 20% oder jährlich rund CHF 35 Mio. aus dem neuen Subventionstopf. Wenn vor diesem Hintergrund Pietro Supino, der mit seinen eigenen Online-Plattformen gezielt den regionalen Inseratemarkt aussaugt, von Solidarität mit den Kleinen spricht, dann wird aus Schönfärberei blanker Zynismus. Besonders tragisch ist, dass sich nach Bundesrätin Sommaruga und dem Parlament nun auch die kleinen Verlage vor den Wagen der Zürcher Medienkonzerne spannen lassen und für ein «JA» werben.
Einmal mehr zeigt sich, über welche Macht die grossen Medienkonzerne in unserem Land verfügen und wie verhängnisvoll es ist, wenn diese Macht mit Steuergeldern weiter zementiert und ausgebaut wird.
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alt Nationalrat Peter Weigelt, St.Gallen, ist Verwaltungsratspräsident der Ostschweizer Medien AG (Herausgeberin von «Die Ostschweiz») und Präsident des Referendumskomitees.
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(Bildlegende: Pietro Supino, Präsident Verband Schweizer Medien VSM, Verleger und Präsident von TX Group, links, und Marc Walder, CEO Ringier, stehen gemeinsam auf die Buehne der Dreikönigstagung des VSM. Bild: KEYSTONE/Gaetan Bally)
Peter Weigelt (*1956) ist Unternehmer. Er war für die FDP zwischen 1995 und 2006 Mitglied des Nationalrats. Weigelt ist Verwaltungsratspräsident der Ostschweizer Medien AG und lebt in St.Gallen.
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