Sechs Monate nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine stellt sich Gastautor Jörg Caluori die Frage, wie es überhaupt so weit kommen konnte und wer vom Krieg tatsächlich profitiert.
Der unsägliche Krieg in der Ukraine dauert nun schon seit sechs Monaten, glaubt man den Berichten unserer Politik wie auch denjenigen unserer Mainstream-Medien.
Im Donbas startete der Krieg vor über neun Jahren. Westlichen Politkern und unseren Medienschaffenden war dies jeweils höchstens eine Randnotiz wert. Dabei wurde die russischsprachige Bevölkerung systematisch drangsaliert und terrorisiert, die russische Sprache unterdrückt, russischsprachige Bücher gar verboten. Eine analoge Vorgehensweise wie in den 1930er Jahren im Nazideutschland gegen die jüdische Mitbevölkerung. Im Donbas verloren in den vergangenen neun Jahren beinahe 15‘000 Menschen, auch viele Frauen und Kinder, ihr Leben.
Wenn wir uns nun die Berichterstattungen vom «bösen» Russen Putin und dem «lieben» Ukrainer Selenskyj vor Augen halten, sollten wir das Versagen unserer westlichen Politik nicht vergessen: Wir haben in der Ukraine ein äusserst korruptes Regime unterstützt. Die Ukraine war weder demokratisch noch menschenfreundlich. Im Gegenteil.
All dies ist zwar keine Legitimation für den Einmarsch der russischen Armee, aber sollte doch jedem und jeder zu denken geben.
Fragen wie: Weshalb werden Kriege immer weit weg von der Weltmacht (-Polizist) USA angezettelt? In Vietnam, in Afghanistan, im Irak, in Libyen, in der Ukraine und alsbald wohl in Taiwan? Steckt da ein Plan dahinter?
Wenn sich ein vernünftiger Mensch diese Gedanken macht, kommt er kaum umhin festzustellen, dass bei all dem (wie immer) jemand profitiert. Eine Antwort zu finden fällt demnach leicht: Die sehr mächtige US-Rüstungsindustrie mit allen ihren Zulieferern sind die Gewinner, und US-Politiker aller Couleur «zündeln» gerne. Sie schlagen insofern Kapital daraus, von der inneren Zerrissenheit, von der Spaltung der US-Zivilgesellschaft in diesem einstmals «Demokratie-Vorzeigemodell» abzulenken.
Die Zivilbevölkerung in so einem Krieg humanitär zu unterstützen, ist absolut notwendig und ist reine Menschlichkeit. Aber wir sollten dann im Nachgang nicht vergessen, die unmenschlichen Drahtzieher beziehungsweise Profiteure im Hintergrund zur Kasse bitten. Leider bleibt dies wohl Wunschdenken.
Jörg Caluori (*1953) ist freischaffend und wohnt in Niederbüren und Kapstadt.
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