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Steinwüste?

Verbreiterung des Thurbetts: Nötiger Hochwasserschutz oder Vernichtung von Kulturland?

Gegen die Thursanierung Wattwil haben die Umweltverbände Einsprache erhoben. Gefordert wird eine Verbreiterung des Thurbetts. Dies wiederum ist der IG VH Thur ein Dorn im Auge, sagt stellvertretend Wendelin Brand.

Manuela Bruhin am 15. Mai 2023

Die Renaturierung ist in der Schweiz immer weiter verbreitet. Umweltverbände fordern eine Verbreiterung des bestehenden Thurbetts. Was stört Sie an dieser Forderung?

Die erste Etappe der Thursanierung umfasst eine Strecke von rund 400 Metern. Um das Thurbett zu verbreitern, sollen die Anstösser allein für dieses kurze Teilstück dem Kanton dauerhaft rund 5‘000 Quadratmeter Land abgeben - grösstenteils allerbestes Kulturland. Mittels Einsprache und basierend auf einem willkürlich festgelegten «natürlichen Gewässerraum» fordern die Umweltverbände jedoch ein noch breiteres Thurbett und damit die Vernichtung von noch mehr Kulturland, welches zum Teil auch als Fruchtfolgefläche deklariert ist. Dies hätte eine Schwächung der Ernährungssicherheit und für die Steuerzahler Zusatzkosten in mehrfacher Millionenhöhe zur Folge.

Sie bringen auch den Klimawandel aufs Parkett. Weil die Thur immer weniger Wasser führt, verwandle sich das verbreiterte Flussbett in eine Steinwüste. An welche Folgen denken Sie?

Oberhalb der Waisenhausstrasse (1. Etappe) sowie später im Rickenhof und in der Hinteren Schomatten soll das Thurbett bis auf 40 Meter verbreitert werden. Wegen der längeren Hitze- und Trockenperioden wird die Thur inskünftig bei normalem Wasserstand jedoch weniger Wasser führen. Damit würde das im Vergleich zu heute doppelt so breite Flussbett zu einer hässlichen Steinwüste. Zudem sollen im Zuge der gesamten Thursanierung auch die meisten der rund 450 prächtigen Alleebäume gefällt werden, obwohl das Abholzen der Baumallee keinerlei besseren Schutz vor Hochwasser bewirkt. Danach wird es viele Jahrzehnte dauern, bis die als Ersatz vorgesehenen Jungbäume wieder in vollem Umfang Schatten spenden.

Generell höhere Temperaturen, längere Hitzeperioden, wärmeres und spärlicher fliessendes Flusswasser sowie eine öde Steinwüste und fehlender Schatten führen absehbar zu Tümpelbildung mit Mückenplagen, regelmässigen Notabfischungen sowie - als wohl schädlichste Folge – zu einer enormen Hitzeabstrahlung. Somit sind nach Überzeugung der IG die beabsichtigte massive Verbreiterung des Thurbetts sowie der Kahlschlag der Alleebäume ökologische Sündenfälle, weil sie die Klimaerwärmung fördern statt eindämmen.

Gibt es Beispiele in den umliegenden Gemeinden oder Kantone, die nach einer Renaturierung nicht zufriedenstellend sind?

Der IG sind keine bereits realisierten Renaturierungen bekannt, welche sich bezüglich Konstellation, Dimension und Umfang mit der Thursanierung Wattwil vergleichen lassen. Zudem haben in den letzten Monaten einige Themenkreise stark an Bedeutung gewonnen, die beim Erlass der aktuellen Gewässergesetze noch wenig Berücksichtigung fanden; so beispielsweise die Ernährungssicherheit oder die Klimaerwärmung. Eine klare Haltung vertrat das Volk unlängst bei der Abstimmung über Wil-West: Es will einen sorgsameren Umgang mit dem Kulturland. Nach Ansicht der IG müssen Politik, Verwaltung und auch die Ökologie deshalb hinterfragen, ob nach heutigem Wissensstand und in der aktuellen «Grosswetterlage» grosszügige Renaturierungen wirklich eine gute oder nur noch eine gut gemeinte Lösung sind.

Welche Anliegen verfolgen Sie statt dessen?

Nach Ansicht der IG ist der geplante Umfang der Thursanierung stark überdimensioniert, weil für einen nachhaltig wirksamen Hochwasserschutz ein wesentlich geringerer Gewässerraum als die willkürlich festgesetzten 75 Meter ausreichen würde. Die Überdimensionierung würde auch mehrere Dutzend Millionen Steuerfranken verschlingen.

Hinsichtlich des Projekts «Thursanierung Wattwil» verfolgt die IG folgende Anliegen: einen wirksamen und nachhaltigen Hochwasserschutz in Wattwil, den Erhalt des besten Kulturlandes und der vielen prächtigen Alleebäume, die Bekämpfung des immensen Landverbrauchs, den Schutz des Privateigentums der betroffenen Anstösser sowie keine dauerhafte Verbreiterung der Thurwege.

Welche Vertreter gehören der IG an?

Die IG setzt sich zusammen aus privaten Thur-Anstössern sowie Unterzeichnenden der Thursanierungs-Petition aus dem Jahr 2017 und Vertretern der Landwirtschaft.

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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