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Glosse

Von unverdienten Löhnen und anderen schönen Dingen

Für Leute, die ihr Geld mit einer Tätigkeit verdienen, die für Normalsterbliche nicht nachvollziehbar ist, hatte der Volksmund schon immer eine treffende Definition: «Sie verdieneds nöd. Sie chömeds nu über.» Gottlieb F. Höpli über das Beamtentum.

Gottlieb F. Höpli am 01. März 2024

Der Zürcher Stadtrat versichert, bei den kürzlich an seine Beamten ausbezahlten 175 Millionen Franken gehe es keinesfalls um eine Entschädigung für den zusätzlichen Arbeitstag, der durch das Schaltjahr 2024 entstanden sei. Vielmehr handle es sich um einen Irrtum der Bank. Um den enormen Arbeitsaufwand zu bewältigen, diese Rückzahlungen abzuwickeln, reicht aber der 29. Februar garantiert nicht aus. Gut möglich deshalb, dass die Stadt Zürich dafür weitere Beamte einstellen muss.

Hingegen zieht der Zürcher Stadtrat nicht in Betracht, die normalen Februar-Löhne von jenen Beamten zurückzufordern, die ihr Gehalt gar nicht verdienen, weil sie eigentlich völlig überflüssig sind. Zum Beispiel jene soziokulturellen Quartier-Animatorinnen, von denen die Quartiervereine schon lange behaupten, sie seien nicht nötig. Weil sie nur täten, was die ehrenamtlichen Vereine schon lange tun.

Für Leute, die ihr Geld mit einer Tätigkeit verdienen, die für Normalsterbliche nicht nachvollziehbar ist, hatte der Volksmund schon immer eine treffende Definition: «Sie verdieneds nöd. Sie chömeds nu über.» Gilt zumindest ausserhalb der Zürcher Stadtgrenze. Das sollte nun aber beileibe keine Anspielung sein auf jene Rentner, die eigentlich keine 13. AHV-Rente brauchen, sie aber trotzdem gerne nehmen, wenn sie von den Gewerkschaften schon so freigiebig angeboten wird. Und erst noch ohne Rechnung.

Jedenfalls sind diese Woche die Gewinnchancen beim Ausfüllen des Stimmzettels unvergleichlich viel höher als beim Ankreuzen der Zahlen auf dem Lottoschein. Eine 13. Rente ist dank der vielen Senioren, die sich ein solches sozialpolitisches Zückerli gönnen, ohne es nötig zu haben, in Griffnähe. Währenddem der Jackpot von Swisslos soeben auf 65 Millionen angewachsen ist. Die Chance, ihn zu knacken, ist nicht grösser geworden: Sie liegt bei einem Einsatz eines Fünflibers bei gerade mal 1:31'474'716 oder 0,0000064 Prozent, wie der Tages-Anzeiger für uns errechnet hat.

Ein Angestellter im Berner VBS macht für 1565,5 geleistete Überstunden rückwirkend einen Lohn von 106790 Franken geltend. Diese Überstunden will er im Zeitraum von 2015-2020 geleistet haben. Neben seiner normalen Arbeitszeit als Berufsmilitär, versteht sich. Sollte es in diesen schwierigen Zeiten – was Gott verhüten möge – je zu einem Krieg kommen, könnte unser pflichtbewusster Landesverteidiger den militärischen Gegner demnach auf geleistete Überstunden verklagen, falls dieser sich nicht an die Bürozeiten im VBS hält. Wladimir Putin wird sich hüten, jemals die Schweiz anzugreifen!

A propos «Es nicht verdienen, aber trotzdem bekommen»: Im «Spiegel» war kürzlich zu lesen, dass deutsche Beamte im Jahr 2022 durchschnittlich 21 Tage lang krank waren (zu deutsch auch: krank feierten). Das macht viert ganze Arbeitswochen, während denen sie ihr Gehalt bezogen, ohne etwas dafür zu leisten. Spötter mögen einwenden, das sei während ihrer regulär abgesessenen Arbeitszeit auch nicht anders. Und libertär angehauchte Zeitgenossen werden finden, es wäre am besten, wenn Beamte 52 Wochen im Jahr krank feierten. Weil sie dann die Bürger in Ruhe liessen und keine bürokratische Schikanen produzierten. – Am längsten krank waren übrigens die Beamten in der Behörde der Kultur-Staatssekretärin Claudia Roth: durchschnittlich 29,4 Tage im Jahr. Schliesslich, so werden sie denken, wusste schon Hippokrates, der von Medizin viel verstand: Vita brevis, ars longa. Zu deutsch etwa: Mein Leben ist kurz, die Kunst gibt’s ja noch lange.

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Autor/in
Gottlieb F. Höpli

Gottlieb F. Höpli (* 1943) wuchs auf einem Bauernhof in Wängi (TG) auf. A-Matur an der Kantonssschule Frauenfeld. Studien der Germanistik, Publizistik und Sozialwissenschaften in Zürich und Berlin, Liz.arbeit über den Theaterkritiker Alfred Kerr.

1968-78 journalistische Lehr- und Wanderjahre für Schweizer und deutsche Blätter (u.a. Thurgauer Zeitung, St.Galler Tagblatt) und das Schweizer Fernsehen. 1978-1994 Inlandredaktor NZZ; 1994-2009 Chefredaktor St.Galler Tagblatt. Bücher u.a.: Heute kein Fussball … und andere Tagblatt-Texte gegen den Strom; wohnt in Teufen AR.

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