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Freitags-Glosse

Waldmeyer möchte in die G20

Die wichtigsten Industrieländer der Welt bilden diesen Club der G20. Nur die Schweiz ist nicht dabei. Auch nicht demnächst auf Bali, nicht mal als Gaststaat (Kambodscha schon, auch Ruanda). Das ist ungerecht, findet Waldmeyer. Aber er findet einen Ausweg.

Roland V. Weber am 11. November 2022

Zum Club der G20 gehören die wichtigsten Industrieländer der Welt. Ihre Bedeutung misst sich an ihrem gewichtigen BIP. Die USA liegen hier ziemlich weit vorne, gefolgt von China. Aber auch Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Italien gehören zu dieser exquisiten Gruppe.

Die Schweiz, obwohl einer der wichtigsten Finanzplätze der Welt, ist leider nicht vertreten. Entweder wurden wir nie angefragt, oder wir haben uns nie um eine Mitgliedschaft bemüht. Waldmeyer vermutet letzteres. Manchmal dürfen wir als Gast zu einer Sitzung kommen; Voraussetzung ist jeweils eine Einladung durch einen befreundeten Staat. Saudi-Arabien hatte sich kürzlich Helvetiens erbarmt und nahm das vergessene kleine Land zum Gipfel nach Riad mit. Das war sehr grosszügig. Nach Bali darf die Schweiz nun aber nicht.

Es ist nun einmal das Schicksal des kleinen Landes, dass wir uns eher als vorsichtiger blinder Passagier in der Geopolitik sehen als gestalterisch mitzuwirken. Also fühlte sich Simonetta Sommaruga anlässlich des Gipfels, damals in Riad, als einfacher Gast – und nicht als Mitglied - vermutlich ganz wohl.

„Immerhin dürfen wir jetzt im UN-Sicherheitsrat ein bisschen mitmachen“, vermerkte Charlotte. „Stimmt, aber G20 wäre wichtiger“, entgegnete Waldmeyer.

Was Waldmeyer wundert: Warum sind andere Länder Clubmitglieder, welche ein tieferes BIP aufweisen? Tatsächlich haben vier Länder der G20 ein kleineres Bruttoinlandprodukt, immer in USD gemessen, als die Schweiz. Argentinien, Saudi-Arabien, Südafrika und neu auch die Türkei weisen ein bescheideneres BIP als die Schweiz auf und sind trotzdem vollwertige Mitglieder der G20. Eigentlich wären wir auf Rang 16 der G20 - und damit dabei.

Noch etwas hat Waldmeyer entdeckt: Auch Malta ist mit von der Partie (als EU-Staat nämlich), dabei produziert dieser Zwergstaat nur einen Wirtschafts-Output in der Grösse des Kantons Graubünden. Ob die Bündner Regierung sich dessen bewusst ist?

Malta hat also immerhin eine indirekte Mitgliedschaft. Die EU belegt nämlich einen eigenen Sitz in der G20. Waldmeyer zählte nach: Tatsächlich hat die G20 nur 19 Mitglieder (plus die EU eben), womit Deutschland, Frankreich und Italien eigentlich doppelt vertreten sind. Auch das ist ungerecht, stellt Waldmeyer fest. Und weil Malta, Luxemburg, Zypern, die baltischen und andere Kleinstaaten in der EU sind, konnten sich diese auch in die G20 reinschleichen. Ausser die Schweiz natürlich. Malta weist übrigens ein BIP auf, welches 50-mal kleiner ist als jenes der Schweiz.

Dass die EU einen eigenen Platz belegt, ist völlig unnötig, findet Waldmeyer. Auch der IMF, die Weltbank und ähnliche Gremien haben so etwas wie eine ständige Clubmitgliedschaft, ohne mitgezählt zu werden. Die EU bräuchte keinen eigenen Sitz, und damit wäre der 20. Platz wieder frei!

Aber vielleicht will unser Bundesrat das gar nicht. Sitze in solchen Gremien führen immer zu einer gewissen Exponierung, und eine Exponierung ist immer uneidgenössisch. In solchen Clubs muss abgestimmt werden, Positionen werden bezogen. Solche Handlungen könnten delikat sein; vermutlich würden sich unsere Vertreter bei Abstimmungen am liebsten enthalten. Das mag wohl der Grund sein, warum wir diese Clubmitgliedschaft lieber gar nicht erst beantragen.

Waldmeyer sieht jedoch einen Ausweg: Wir könnten die Region Zürich schicken! Allein der Kanton Zürich weist ein stolzes BIP von rund 170 Mia USD auf, die Grossregion über 300 Mia. Das würde für den 20. Platz locker reichen. Vielleicht sogar für den 19. Platz, da wir eventuell Südafrika verdrängen könnten (301 Mia USD). Wir könnten so das 20-fache BIP Maltas in die Waagschale werfen. Waldmeyer überlegt sich, wie er seine brillante Idee einbringen könnte.

Aber er wurde jäh gestoppt in seinem Vorhaben: Charlotte erinnerte ihn daran, dass Iran noch vorher drankäme. Iran hat nämlich ein BIP, das fast doppelt so hoch ist wie jenes der Schweiz. Iran wurde offenbar glatt vergessen bei der Formierung der G-20 – oder bewusst aussen vorgelassen. „Diese irren Gotteskrieger?“, meinte der verblüffte Waldmeyer, „das geht ja gar nicht!“. Seine Argumentation in Sachen Schweizer Mitgliedschaft scheint sich somit, leider, in Luft aufgelöst zu haben.

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Autor/in
Roland V. Weber

Roland V. Weber (*1957) verbrachte einige Zeit seines Lebens mit ausgedehnten Reisen. Aufgewachsen in der Schweiz, studierte er Betriebswirtschaft in St. Gallen und bekleidete erst verschiedene Führungspositionen, bevor er unabhängiger Unternehmensberater und Unternehmer wurde. Er lebt in den Emiraten, in Spanien und in der Schweiz. Seit Jahren beobachtet er alle Länder der Welt, deren Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Er bezeichnet sich selbst als «sesshafter digitaler Nomade», als News Junkie, Rankaholic und als Hobby-Profiler.

Roland Weber schreibt übrigens nur, was er auch gerne selbst lesen würde – insbesondere, wenn Sachverhalte messerscharf zerlegt und sarkastisch oder ironisch auf den Punkt gebracht werden.

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