Max Waldmeyer war doch etwas nachdenklich gestimmt, als er von der baselstädtischen Volksinitiative hörte, welche „Grundrechte für Primaten“ anstrebt.
Nun sollen also alle Primaten – eben auch die nicht-menschlichen Affen – ein in der Kantonsverfassung verbrieftes „Recht auf Leben“ sowie ein „Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit“ erhalten.
So viel zur Abstimmung von Anfang nächstem Jahre in Basel.
Waldmeyer wusste noch vom Biologieunterricht, dass auch Menschen „Primaten“ sind – eine für ihn eher groteske Vorstellung. Aber Affen können durchaus emotionale Ähnlichkeiten mit unserem Homo Sapiens aufweisen – das wusste Waldmeyer wiederum von den Daktari-Filmen. Was er allerdings ebenso wusste: Extremen Tierschützern geht es nur vordergründig darum, einen Schimpansen zu einem Rechtssubjekt zu machen. Hintergründig streben sie Grundrechte für die ganze Tierwelt an. Grundrechte also, letztlich, auch für die Vorstufe des Rib-Eye-Steaks oder der Lachsschnitte. Waldmeyer könnte in der Folge seine Grillabende in Meisterschwanden vielleicht vergessen. Und hier hörte der Spass auf.
Ob Menschenaffen künftig auch einen Fahrausweis beantragen können? Ja, vermutete Waldmeyer, zumindest in der Stadt Basel. Denn würden die Behörden dies einem unbescholtenen Gorilla verwehren, würde die Stadt wohl mit einer Sammelklage der Affen eingedeckt. Ausserdem beschäftigte Waldmeyer der Gedanke, dass es vielleicht zu einer Massen-Migration von Affen nach Basel kommen könnte; das Strassenbild der schönen Stadt am Rhein könnte sich nachhaltig verändern.
Ein positiver Ausgang der Abstimmung könnte jedoch auch Vorteile bringen: „Charlotte, ich könnte einen Affen als Fahrer einstellen. Ich würde ihn dann Covid nennen.“
„Dann kriege ich einmal in die Woche eine Schimpansin zum Bügeln, eine Covida“, entgegnete Charlotte sofort.
Waldmeyer stellte sich vor, dass er dann nur ein kurzes “Covid, hol schon mal den Wagen“ murmeln müsste. So, wie Derrick zu seinem Assistenten Harry. Er würde sich hinten ins weiche Leder seines Porsche Cayenne (schwarz, innen auch) fläzen und tun, was wichtige Leute tun bei solchem Nichtstun: die Landschaft geniessen, Zeitung lesen, einen Tisch im Lieblingsrestaurant reservieren. Covid würde, bewehrt mit einer schönen Chauffeurs-Mütze, den schweren Wagen souverän durch die Strassen gleiten lassen.
„Max, du brauchst doch gar keinen Chauffeur“, unterbrach Charlotte Waldmeyers wichtige Reflexionen. Stimmt, aber die Vorstellung war dennoch belustigend. Covid würde vor dem Restaurant (Tre Fratelli) den Schlag aufreissen und ein „Enjoy your lunch, Sir!“ hinlegen. In einem etwas gutturalen Englisch, so wie in der Originalversion von Planet of the Apes. Allerdings hätte, in Planet of the Apes, Waldmeyer den Fahrer für Covid spielen müssen, nicht umgekehrt. Denn die Filmregie sah vor, dass Affen dort die Menschen beherrschen. So betrachtet, gehen die Basler Initianten also viel weiter, ihnen geht es um die echte Gleichberechtigung von Affen und Menschen. Das wäre selbstredend ein Quantensprung, vergleichbar fast mit der Einführung des Frauenstimmrechts, nach 50 Jahren. Ein delikater Gedanke, den Waldmeyer auf keinen Fall mit Charlotte teilen wollte.
Das Erbgut von Schimpansen stimmt zu fast 99% mit dem des Menschen überein. Dieser Tatbestand und die möglichen neuen Rechte für die Affenmenschen brachten Waldmeyer auf einen weiteren Gedanken; diesen wiederum wollte er Charlotte nicht vorenthalten: „Meinst du, es wird künftig auch Mischehen geben zwischen Affen und Menschen?“ Charlotte antwortete nicht.
Roland V. Weber (*1957) verbrachte einige Zeit seines Lebens mit ausgedehnten Reisen. Aufgewachsen in der Schweiz, studierte er Betriebswirtschaft in St. Gallen und bekleidete erst verschiedene Führungspositionen, bevor er unabhängiger Unternehmensberater und Unternehmer wurde. Er lebt in den Emiraten, in Spanien und in der Schweiz. Seit Jahren beobachtet er alle Länder der Welt, deren Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Er bezeichnet sich selbst als «sesshafter digitaler Nomade», als News Junkie, Rankaholic und als Hobby-Profiler.
Roland Weber schreibt übrigens nur, was er auch gerne selbst lesen würde – insbesondere, wenn Sachverhalte messerscharf zerlegt und sarkastisch oder ironisch auf den Punkt gebracht werden.
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