Max Waldmeyer war schon immer von der Idee fasziniert, einen zweiten Lebensmittelpunkt zu errichten (2.LMP). Nun hatte er plötzlich eine Eingebung, wie man sich einen solchen zweiten Wohnort gratis sichern könnte.
Waldmeyer interessierte sich immer schon für die Idee des BGE (des bedingungslosen Grundeinkommens) – zumal z.B. in gewissen Kantonsparlamenten diesbezüglich immer wieder heftig diskutiert wird. Auch auf Bundesebene wurde in dieser Sache bereits abgestimmt. Und pointiert links regierte Länder haben es auch schon eingeführt.
Gleichzeitig studierte Waldmeyer Optionen, um sich einen zweiten Lebensmittelpunkt zuzulegen, ein «Second Home». Waldmeyer überlegte nun, ob sich die beiden Themen, das heisst BGE und 2.LMP, eventuell elegant verbinden liessen: Könnte man den Ort eines Second Homes vielleicht so wählen, dass dieser ihm gleichzeitig ein bedingungsloses Grundeinkommen sichern würde…? Die Lösung dieser Frage sah nach einer typischen Management-Aufgabe aus.
Waldmeyer hatte Charlotte versprochen, das mit der Suche nach einem Second Home nun systematisch an die Hand zu nehmen. Schon seit einiger Zeit spielten sie mit dem Gedanken, die Ferienwohnung im Tessin gegen ein richtiges zweites Zuhause – wo auch immer auf der Welt – einzutauschen. Allenfalls sogar mit einer Verlegung des formellen Wohnsitzes. Warum nicht nur in Meisterschwanden, sondern auch auf den Bahamas oder auf Malta wohnen? Ja, was kostet denn die Welt! Die Suche war jedoch anspruchsvoll, denn Waldmeyer plante, die ganze Übung kostenneutral zu gestalten.
Charlotte war gleichzeitig froh, Waldmeyer dergestalt beschäftigt zu wissen. Denn seit seinem Ausstieg aus der Firma neigte er zuweilen etwas zur Unterbeschäftigung. Die Bedenken Charlottes waren indessen umsonst. Waldmeyer war äusserst absorbiert mit allerlei Analysen. Die grosse finanzielle Bandbreite der Lebenshaltungs- und Steuerkosten in den verschiedenen Ländern führte Waldmeyer nämlich zu einer zusätzlichen Idee: Sollte der zweite Lebensmittelpunkt in einem kostengünstig attraktiven Land definiert werden, so entstünde eine Ersparnis an Lebenshaltungskosten (ein „Agio“ sozusagen), welches im Kopf als plötzlich erlangtes Grundeinkommen definiert werden könnte. Natürlich als „persönliches bedingungsloses Grundeinkommen“, da selbstfinanziert. Immer mehr Leute kokettieren ja damit, von diesem bedingungslosen Grundeinkommen zu leben – das ihnen selbstredend der Staat verschafft. Waldmeyer ging hingegen einen Schritt weiter, indem er sich dieses selbst erschaffen wollte.
Ja, so könnte ein Second Home sozusagen zu einem „Arbitrage-Ort“ werden. Es ergab sich also dieser neue Aspekt, dass die am kostengünstigen neuen Ort mittels Ersparnissen virtuell „verdienten“ neuen Mittel mit den Mehrkosten für den doppelten Wohnsitz gegengerechnet werden könnten. Allfällige Steuerersparnisse aufgrund des neuen, klug gewählten Domizils könnten in der Folge wieder subtrahiert werden. Und falls in der neuen Heimat nur einigermassen intelligent und langfristig in eine Immobilie investiert würde, könnte mit dem so gewonnenen Mehrwert die Bilanz nochmals zusätzlich aufgebessert werden. Alles klar?
Quintessenz: Ein zweiter Wohnsitz könnte durchaus gratis sein! Oder Waldmeyer könnte, anders ausgedrückt, mit einiger Raffinesse sein PBGE (persönliches bedingungsloses Grundeinkommen) erzielen, ganz individuell, ohne staatliche Beihilfe, indem er einen klugen zweiten Wohnsitz wählt. Und dies an der Sonne, in einem sicheren, schönen Land.
„Charlotte, wir sollten uns ein bedingungsloses Grundeinkommen schaffen!“, rief Waldmeyer ins Gym rüber.
„Max, konzentrier dich jetzt bitte auf die Länderanalysen, ja“, entgegnete Charlotte. „Wir kommen so nicht weiter!“
Waldmeyer erkannte sofort, dass er mit seinen Erklärungen nochmals ausholen müsste. Wie es wohl seinen Lesern ergehen musste, wenn ihn nicht einmal Charlotte verstand …?
Roland V. Weber (*1957) verbrachte einige Zeit seines Lebens mit ausgedehnten Reisen. Aufgewachsen in der Schweiz, studierte er Betriebswirtschaft in St. Gallen und bekleidete erst verschiedene Führungspositionen, bevor er unabhängiger Unternehmensberater und Unternehmer wurde. Er lebt in den Emiraten, in Spanien und in der Schweiz. Seit Jahren beobachtet er alle Länder der Welt, deren Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Er bezeichnet sich selbst als «sesshafter digitaler Nomade», als News Junkie, Rankaholic und als Hobby-Profiler.
Roland Weber schreibt übrigens nur, was er auch gerne selbst lesen würde – insbesondere, wenn Sachverhalte messerscharf zerlegt und sarkastisch oder ironisch auf den Punkt gebracht werden.
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