(Grafik: zVg.)
Im Artikel werfen wir einen kritischen Blick auf verschiedene Schlüsselindikatoren, die auf ein wachsendes Risiko einer Rezession hindeuten könnten. Die im Artikel behandelten Schlüsselindikatoren sind die Zusammenhänge zwischen Zinsstrukturkurven, Aktienmarktentwicklungen und Rohstoffpreisen.
Was ist eine Zinsstrukturkurve?
Die Zinsstrukturkurve ist ein wichtiges Werkzeug, welches zeigt, wie sich die Renditen von Staatsanleihen über verschiedene Laufzeiten verteilen. Man stelle sich diese Kurve als ein Thermometer vor, das die wirtschaftlichen Erwartungen misst: Bei einer normalen Kurve sind die Zinsen für langfristige Anlagen höher als für kurzfristige. Dies ist damit zu erklären, dass Anleger für das längere Binden ihres Kapitals eine höhere Belohnung erwarten. Diese Kurve ist also wie ein Fingerabdruck der wirtschaftlichen Stimmung und zeigt, was Investoren über die zukünftige Entwicklung der Wirtschaft denken.
Was uns die Zinskurve über eine mögliche Rezession sagt
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Die Analyse der Zinsstruktur Kurve, speziell die Betrachtung der Differenz zwischen den Renditen zehnjähriger und zweijähriger US-Staatsanleihen, hat sich als zuverlässiger Indikator für die Vorhersage wirtschaftlicher Abschwünge erwiesen. Historische Muster zeigen, dass ein Einbruch unter die Nulllinie, gefolgt von einem späteren Anstieg, typischerweise einer Rezession vorausgeht. Dieses Phänomen wurde zuletzt in der Finanzkrise (2008) und der Tech-Blase (2001) beobachtet. Basierend auf dem, was wir aus der Vergangenheit wissen, kann man schlussfolgern, dass die momentane extreme Inversion ein mögliches Signal für wirtschaftliche Turbulenzen sein könnte.
Zinssenkungen - Ein schlechtes Omen?
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In der Wirtschaftspolitik werden Zinssenkungen oft als Rettungsanker in stürmischen Zeiten eingesetzt. Indem das Ausleihen und Ausgeben von Geld verbilligt wird, versuchen Zentralbanken wie die US-Notenbank (Fed), die Wirtschaft anzukurbeln. Doch diese Massnahme kann auch ein Warnsignal sein. Der Plan der Fed, im Jahr 2024 drei Zinssenkungen durchzuführen, wirft Fragen auf. Ist dies ein vorausschauendes Handeln oder ein Hinweis darauf, dass die wirtschaftliche Lage fragiler ist, als es die Aktienmärkte vermuten lassen? Diese proaktive Strategie könnte darauf hindeuten, dass die Fed eine Abkühlung der Wirtschaft erwartet und versucht, dieser frühzeitig entgegenzuwirken – besonders angesichts einer Inflationsrate, die noch immer über dem gewünschten Niveau von 2% liegt.
Paradoxes Marktumfeld
Traditionell wird angenommen, dass die Aktienmärkte ein Spiegelbild der Wirtschaft sind. Wenn Unternehmen florieren, steigen ihre Aktienkurse. Wenn die Wirtschaft leidet, reflektieren dies die Aktienmärkte ebenfalls. In der aktuellen Wirtschaftslage zeichnet sich aber ein paradoxes Phänomen ab: Während die globale Wirtschaft unter dem Druck hoher Zinsen und unsicherer Marktbedingungen leidet, zeigen die Aktienmärkte eine erstaunliche Resilienz, bzw. sogar Aufwärtstrends.
Ein Teil der Erklärung liegt in der Reaktion der Anleger auf die Wirtschaftsdaten. Überraschenderweise haben sich schlechte Wirtschaftsdaten als Anlass für Optimismus an den Börsen erwiesen, da es die Zentralbanken davon abhält, die Zinsen weiter zu erhöhen. Es stellt sich die Frage, wann und inwiefern sich diese Diskrepanz wieder auflöst.
Signale von den Rohstoffmärkten
In der aktuellen Wirtschaftslage beobachten wir eine bemerkenswerte Dynamik: Die Preise für Gas und Öl sinken. Diese gelten als Indikator für industrielle Aktivität und wirtschaftliche Gesundheit und weisen demnach auf eine Verringerung der industriellen Nachfrage hin. Gleichzeitig steigt der Goldpreis, was auf Unsicherheiten im Markt hinweist. Die Rohstoff Märkte werden oft genutzt zur Vorhersage von Rezessionen. Das aktuelle Bild weist dabei auf einen wirtschaftlichen Abschwung hin.
Wir sind skeptisch
Auch wenn die Mehrheit der Meinung ist, dass wir die wirtschaftlich unruhigen Zeiten hinter uns gelassen haben, sind wir der Meinung, dass ein wachsendes Risiko einer bevorstehenden Rezession besteht. Die im Artikel behandelten Punkte sind natürlich nur ein Teil vom Gesamtbild. Trotzdem sehen wir dem aktuell hohen Optimismus skeptisch entgegen und rechnen mit einem Abschwung bis hin zum Beginn einer Rezession im ersten oder zweiten Quartal von 2024.
*Alle in diesem Artikel veröffentlichten Informationen dienen ausschliesslich Informationszwecken und stellen keine Anlageberatung oder Empfehlung dar. Die enthaltenen Informationen wurden von der Raebel & Latzke GmbH mit grösstmöglicher Sorgfalt zusammengestellt.
Ramon Raebel ist CIO bei Raebel & Latzke mit Sitz in St.Gallen.
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