Da wird eine junge Frau, welche sich in einer Männerdomäne kompetent behauptet, ins Scheinwerferlicht gestellt – und dann ist es auch wieder nicht recht.
So jüngst geschehen, als Bundesrätin Viola Amherd für die Lancierung des Abstimmungskampfes zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge nicht etwa einen unserer Piloten, sondern die aktuell noch einzige Kampfjetpilotin der Staffel an ihre Seite geholt hat. Ich verstehe nicht, was daran falsch oder verwerflich sein soll. Im Gegenteil: Ich habe mich persönlich sehr darüber gefreut, dass diese junge Frau, Berufsoffizierin im Range eines Oberleutnants, damit für die breite Öffentlichkeit sichtbar wurde – toll!
Weibliche Vorbilder sind gefragt - so funktioniert (unter anderem) effektive Frauenförderung. Ausgerechnet von linker Seite wurde in der Folge kolportiert, besagte Fanny Chollet sei nur zum Einsatz gekommen, weil sie eine Frau sei. Wie bitte? Angesichts des Anliegens, dass Frauen auch in traditionell typischen Männerberufen Fuss fassen sollen (und umgekehrt) ist dies im besten Fall widersprüchlich und im schlechteren schlicht unangemessen, arrogant und abwertend gegenüber der Betroffenen.
Es sollte doch eigentlich unabhängig davon, wie man inhaltlich zur Abstimmungsvorlage steht, einfach nur Freude machen, dass auch im ausgesprochen männerlastigen Militärbetrieb Frauen immer mehr ihre Frau stehen. Zur Erinnerung: Damit Pilotinnen in der Schweizer Armee überhaupt in einem Cockpit einer F/A-18 sitzen dürfen, war sogar eine Gesetzesänderung nötig. Vor 2004 war es Frauen nicht möglich, Kampfjetpilotin in der Luftwaffe zu werden.
Oder die Offiziersgesellschaft des Kantons St. Gallen: Sie wird zum ersten Mal in ihrer Geschichte von einer Frau geführt, von Maj Elisabeth Stadelmann-Meier. Das hat Strahlkraft.
Soviel zum Geplänkel um den Start des Abstimmungskampfes. In der Sache selbst befürworte ich die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge vollumfänglich. Wenn es uns ernst ist mit dem selbstständigen und auch wirkungsvollen Schutz unseres Luftraums, so ist am 27.9.2020 ein JA zur Vorlage zwingend.
Der eine Teil unserer Kampfflugzeugflotte, die F-5E Tiger, sind seit 1978 im Einsatz und damit schlicht veraltet. Was wie ein schlechter Witz tönt, ist Tatsache: Sie können nur noch bei schönem Wetter eingesetzt werden. Die F/A 18 Hornets aus dem Jahr 1996 werden im Jahr 2030 ans Ende ihrer Nutzungsdauer gelangen. Da ein geordneter Beschaffungsprozess mehrere Jahre andauert, wäre es unverantwortlich, weiter zuzuwarten.
Zugegeben: Es ist viel Geld (maximal sechs Milliarden), welches für die Beschaffung nötig ist. Dazu ist aber wichtig zu wissen: Diese Beschaffung und auch die folgenden Betriebskosten werden ausschliesslich aus dem Armeebudget bezahlt. Es wird kein Geld aus anderen Bereichen, z.B. aus dem Gesundheitswesen, «abgezogen» oder dort fehlen.
Zudem ist der Luftpolizeidienst ein Teil einer ganzen Sicherheitskette: Ambulanz, Polizei, Feuerwehr und Armee (mit Sicherheitsreserve auf dem Boden und Flugzeuge zum Schutz in der Luft). Wenn wir einen Bestandteil dieser Kette schwächen oder gar entfernen, so trifft dies den ganzen Sicherheitsverbund. Dieser ist aber ein wichtiger Bestandteil für die gesunde gesellschaftliche und wirtschaftliche Weiterentwicklung unseres Landes.
Und wenn wir eines gelernt haben sollten aus der Coronakrise, dann sicherlich dies: Es gilt, auf Gefahren vorbereitet zu sein – und nicht erst an ihre Bekämpfung zu denken, wenn sie bereits da sind.
Susanne Vincenz-Stauffacher (*1967) ist Rechtsanwältin und wohnt in Abtwil. Die FDP-Politikerin ist seit Dezember 2019 Mitglied des Nationalrats.
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